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Schweiz

Kastration: Sehr viel Blut und Ferkelquieken

Isofluran Narkose
Christa Diekmann-Lenartz
am Donnerstag, 17.10.2019 - 15:37

In der Schweiz wurde vor ein paar Jahren die Diskussion um die betäubungslose Kastration noch viel heftiger geführt als hierzulande. Die Tierschutzorganisationen arbeiteten dabei mit sehr emotionalen Bildern.

In der Schweiz gab es in den Jahren 2006 bis 2009 die gleichen Diskussionen um die betäubungslose Kastration wie derzeit in Deutschland – sie wurden allerdings noch sehr viel heftiger geführt und arteten zum Teil aus. Tierschutzorganisationen starteten damals viele Kampagnen und waren u. a. im Fernsehen sehr präsent. Gezeigt wurde „sehr viel Blut und Ferkelquieken“, so Adrian Schütz, stellvertretender Geschäftsführer des schweizerischen Schweinezucht- und Schweineproduzentenverbandes Suisseporcs.Der LEH reagierte schnell auf die Kritik. Er bezog eine klare Position: kein betäubungsloses Kastrieren mehr, aber auf keinen Fall die Gefahr von Ebergeruch. Über die Immunokastration als Alternative wurde nur kurz gesprochen, der LEH lehnte sie aus Sorge um eine weitere öffentliche Diskussion um „Hormonfleisch“ kategorisch ab – trotz der Bemühungen von Tierärzten und Züchtern.

Aufgrund des großen Drucks von Seiten der Gesellschaft und des LEH entschied man einen schnellen Ausstieg aus der betäubungslosen Kastration. Alternative war die Kastration mit Narkose – ein Verfahren, das bei der Kastration von Katzen und Hunden üblich und daher akzeptiert ist.

Die Entwicklung von Geräten für die Ferkelbetäubung wurde extrem schnell vorangetrieben, verschiedene Gase zur Betäubung wurden getestet. Die Wahl fiel auf Isofluran. Ab 2009 wurde Geld in einem Fonds gesammelt. Es kam von einer Abgabe in Höhe von 5 Schweizer Franken pro Schlachtschwein (Mäster 2 Fr., Handel 1 Fr. Schlachtauftraggeber 2 Fr.). Davon konnten Sauenhalter die Narkosegeräte anschaffen. Ab 2010 wurde die Kastration mit Betäubung flächendeckend umgesetzt. Die öffentlichen Diskussionen waren damit im Prinzip vorbei, sagt Schütz.

Ca. 15 Minuten vor der Kastration muss ein Schmerzmittel gegeben werden. Die Kosten für Schmerzmittel und Isofluran-Narkose belaufen sich auf ca. 5 €/Ferkel. Sauenhalter sind „im Großen und Ganzen“ zufrieden mit der Methode – sie kostet aber zusätzliches Geld und Zeit. Zwischenzeitliche Versuche von Akteuren, Improvac noch einmal in die Diskussion zu bringen, scheiterten an den Vorbehalten des LEH.

Die Schweiz hat einen abgeschotteten Schweinemarkt. Jährlich werden ca. 3 Mio. Ferkel erzeugt, sprich ca. 1,5 Mio. Ferkel müssen kastriert werden. Der Selbstversorgungsgrad bei Schweinefleisch liegt bei 96 %. Dabei sind die Einkäufe im grenznahen Ausland nicht erfasst, da diese in unbekannter Höhe liegen (Schätzungen Schweinefleisch ca. 5 %).

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