Eine Generation lang, also 25 Jahre, haben Maria und Georg Englsperger ihre 17 Milchkühe im alten Anbindestall gemolken. Auch die Nachzucht war dort untergebracht. Inzwischen haben die Altenteiler am Niederangererhof an Sohn Michael und dessen Lebensgefährtin Maria übergeben.
„Wir wollten unbedingt weitermachen mit der Milchviehhaltung. Aber eines war klar: So konnte es nicht weitergehen“, sagt der Juniorbauer. Vor allem die Themen Arbeitsqualität und Tierwohl haben die Hofnachfolger getrieben, etwas Neues auf die Füße zu stellen und den Betrieb so für die Zukunft zu rüsten.
Über einen befreundeten Landwirt sei man erstmals mit dem System des Kompoststalls in Berührung gekommen. „Wir haben dann einen solchen Stall, der auch den Tierwohlpreis 2020 erhalten hat, in der Region angeschaut und waren gleich von der großzügigen Planung, der Bewegungsfreiheit für die Tiere, dem maximalen Kuhkomfort beim Liegen und dem optimalen Stallklima überzeugt“, berichtete Michael Englsperger und räumt ein: „Ich war überhaupt noch nie ein Fan von Betonspaltenböden.“

Im Jahr 2020 erfolgte die Stallplanung, gemeinsam mit den Experten von landplan.bayern, die schon einige Kompostställe verwirklicht hatten, darunter auch den „ausgezeichneten“ Stall der Familie Mayr im Landkreis Erding. Am 19. April 2021 erfolgte der Startschuss für den Bau.
Verwirklicht wurde ein 52 x 32 m großes Stallgebäude mit Wirtschaftsräumen und Außenlaufhof (Wartebereich vor dem Melkstand). Die Bausumme beziffert man auf rund 800 000 € netto mit sehr viel Eigenleistung.
Der Futtertisch ist 6 m breit und mit Selbstfanggitter sowie Trennbügeln für je zwei Fressplätze ausgestattet. „Das bringt Ruhe beim Fressen rein und unterbindet, dass ranghohe Tiere die rangniederen vertreiben“, erklärt Englsperger. Der Laufgang ist planbefestigt und wird von einem Mistschieber gereinigt.
Der Vorteil des Antritts ist, dass der Schieber dahinter vorbeifährt und keine Kuh mit den Hinterfüßen mit der Gülle in Berührung kommt sowie nicht durch den Schieber beim Fressen angestoßen oder gar aufgeschreckt wird. Zudem wirkt sich der Antritt mindernd in Sachen Immission aus, da die Schieberbahn dahinter schmäler als üblich ausgeführt werden kann.
Wichtig, dass „kein Batz entsteht“
Die Kompostliegefläche ist auf 40 x 17 m dimensioniert, wobei der Kompost bzw. das Einstreumaterial rund 70 cm hoch aufgebaut werden kann. Zum Einsatz kommen hier Hobelspäne, Sägemehl und Dinkelspelzen.
„Der Kompost ist eine Philosophie für sich, aber im Endeffekt ist es auch viel Gefühlssache. Am Anfang braucht man mehr Dinkelspelzen, damit die Bakterien im Mist zu arbeiten beginnen und der Kompost richtig warm wird“, schildert der Milchviehhalter. So könnten in der unteren Einstreuschicht durchaus Temperaturen bis zu 50 °C erreicht werden. Wichtig ist es, dass es zu einer gezielten Verrottung kommt und „kein Batz entsteht“, wie es Englsperger auf den Punkt bringt.
Je nach Bedarf und abhängig von Witterung und Luftdruck etc., streut er schließlich meist einmal in der Woche nach. Der Lagerplatz für das Einstreumaterial befindet sich ebenfalls im Stall an einer östlichen Außenwand. Gefräst wird der Kompost zweimal am Tag zu den Melkzeiten bzw. wenn die Tiere im oberen Fressbereich sind. Dadurch ist eine ausreichende Belüftung für den Verrottungsprozess gewährleistet. „Das ist wie Betten machen für die Kühe“, sagt der junge Betriebsleiter und lacht.
Ab einer Außentemperatur von 18 °C sorgen zwei große Deckenventilatoren für Luftaustausch, nicht nur damit der Kompost „nicht sauer wird“, wie der Landwirt sagt, sondern auch als gezielte Maßnahme gegen Hitzestress und somit für mehr Wohlbefinden bei den Fleckviehdamen. „Überhaupt ist das Stallklima jetzt viel besser und entgegen allen landläufigen Bedenken gegen Kompostställe – es stinkt überhaupt nicht, beziehungsweise der Stallgeruch ist passé“, sind sich die Junglandwirte und die Austragsbauern einig.
43 Kühe bilden derzeit die Milchviehherde der Familie Englsperger. Diese werden in einem 2 x 6-Fischgrätenmelkstand gemolken. Die durchschnittliche Herdenleistung liegt derzeit bei rund 9500 kg Milch und ging etwas zurück im Vergleich zum Anbindestall, wo man die 10 000-Liter-Marke bereits geknackt hatte.
Der Umzug im November 2021 lief reibungslos. „In der Früh haben wir noch im alten Stall gemolken und hatten sogar noch Milchmessen, dann wurden die Tiere in kleinen Gruppen über den Hof zum neuen Stall getrieben. Die meisten haben sich sofort zurechtgefunden und es war eine wahre Freude, ihnen zuzusehen, als sie gemerkt haben, wie viel Platz sie jetzt haben“, sagt Senior-Chefin Maria begeistert und freut sich wie gescheit ihre Kühe sind. Auch Heidi, eine der ältesten Kühe im Stall, mit ihren fünf Abkalbungen und die noch Hörner hat, hatte kaum Umstellungsschwierigkeiten. Englspergers mussten im Rahmen des Umzugs keines ihrer Tiere ausmustern. Langfristig will man die Herde nun auf 50 Milchkühe aufstocken, großteils aus eigener Nachzucht. Die Aufstallung für die Kälber und das Jungvieh im Altgebäude soll noch modifiziert werden.
„Mir gefällt es besonders gut, wenn sich die Kühe an ihren Lieblingsplätzen – schließlich herrscht freie Platzwahl – in der tiefen Einstreu niederlassen und sich so richtig wohlfühlen. Der Kompost scheint wirklich wie ein Himmelbett für Kühe zu sein. Manche nehmen sogar so eine gestreckte und entspannte Liegeposition ein, dass man auf den ersten Blick meinen könnte, sie leben nicht mehr“, schildert Michael Englsperger und lacht.
Etwa 20 cm sinken die Tiere beim Laufen im Kompost ein. Zweimal im Jahr wird entmistet. „Das Kompost- oder Festmistsystem bietet für uns einige weitere Vorteile, denn damit sind wir einfach flexibler. Mit Sperrfristen und Lagerung von Gülle hätten wir bei uns am Betrieb wirklich Probleme“, erklärt er. Nun werde der Festmist etwa ein halbes Jahr gelagert, nachdem er aus dem Stall geschafft wurde, und auch die Ausbringungszeiten dafür sind länger.

Das am First 9 m hohe Stallgebäude in freundlich heller Holzbauweise mit Leimbindern und Dachdämmblech mit Lichtfirst kann nach Süden hin über Curtains geöffnet werden. An der Decke sind spezielle LED-Strahler angebracht, die von 5 Uhr am Morgen bis 21 Uhr am Abend zugeschaltet sind. Eine vollautomatische Lichtsteuerung schaltet die Beleuchtung dann entsprechend der Außenhelligkeit zu und ab. Morgens und abends dimmt das Licht langsam ein und aus, um so einen natürlichen Sonnenaufgang bzw. -untergang nachzuspielen.
Spät abends schaltet die Steuerung dann auf Nachtbeleuchtung mit Orientierungs-Nachtlicht um. „Auch das Lichtprogramm trägt zum Wohlbefinden der Tiere bei“, ist sich Englsperger sicher und sieht vor allem in den dunklen Wintermonaten einen klaren Vorteil der LED-Beleuchtung, die auch im Melkstand zum Einsatz kommt. Und im perfekten Licht kann man genau erkennen, wie sauber und zufrieden die Kühe der Englspergers auf ihrem Kompost sind.