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Tierarztgebühren

Gutachten: Hausbesuchsgebühr bei Pferden dürfte nicht erhoben werden

Die neue Gebühr, die für den Hausbesuch bei Pferden (GOT Ziffer 40) abgerechnet wird, enthalte keine tierärztliche Leistung und sei deshalb  nicht zulässig, heißt es unter anderem in einem Gutachten, das ein Rechtsanwalt im Auftrag des Dachverbands Deutscher Galopp e.V. erstellt hat.
Ariane Haubner, Rinderzucht
Ariane Haubner
am Dienstag, 14.03.2023 - 14:22

Der Verband „Deutscher Galopp“ in Köln übt Kritik an der Hausbesuchsgebühr bei Pferden und hat ein Gutachten bei einem Rechtsanwalt in Auftrag gegeben. Das Ergebnis liegt nun vor.

GOT Ziffer 40: Hausbesuch außer bei landwirtschaftlichen Nutztieren, so nennt sich der zusätzliche Posten auf der Tierarztrechnung, der seit Einführung der neuen Gebührenordnung im letzten Herbst, viele Pferdebesitzer verärgert. Auch bei den Mitgliedern des Verbandes für Vollblutzucht und Rennen mit Sitz in Köln – Deutscher Galopp e.V. – sorgt diese Gebühr, die als tierärztliche Leistung abgerechnet wird, für Unmut, weshalb sich der Verband einschaltete.

In einem Schreiben, das dem Bayerischen Landwirtschaftlichen Wochenblatt vorliegt, informierte der Verband kürzliche seine Mitglieder zum aktuellen Stand. Es wird angeführt, dass der Dachverband Deutscher Galopp, wie andere Pferde-Verbände, bei der Ausarbeitung der Reform nicht gehört wurde. In einen Brief des Präsidenten Dr. Michael Vesper an den Landwirtschaftsminister Cem Özdemir sei bereits darauf hingewiesen und zudem darum gebeten worden, auf die Gebühr zu verzichten.

Überprüfung angekündigt

Die parlamentarische Staatssekretärin, Dr. Ophelia Nick, antworte Ende Februar mit einem Schreiben, in dem sie einerseits Verständnis für die Kritik an der fehlenden Beteiligung der Verbände bei der Novellierung der GOT äußerte und außerdem eine Überprüfung der Hausbesuchsgebühr angekündigt haben soll.

In einem weiteren Schritt hat Deutscher Galopp bei einem Rechtsanwalt ein Gutachten über die Hausbesuchsgebühr, in Auftrag gegeben. Das Gutachten liegt inzwischen vor, wurde aber nicht zur allgemeinen Veröffentlichung freigeben.

In dem Schreiben an die Verbandsmitglieder werden einige Punkte des Gutachtens zusammengefasst und zitiert: Demnach sei die „jetzt geschaffene Hausbesuchsgebühr… gar keine tiermedizinische Leistung“; die Tierärzteschaft habe die Allgemeinuntersuchungen, die bis 1999 Bestandteil der damals geltenden Hausbesuchsgebühr waren, gesondert abzurechnen. Die in der GOT unter Ziffer 40 geregelte Gebühr „Hausbesuch außer bei landwirtschaftlichen Nutztieren“ sei als Gebühr inhaltsleer und folglich rechtswidrig. Eine Gebühr könne laut dem Gutachter nur dann erhoben werden, wenn sie die „Gegenleistung für die Inanspruchnahme einer bestimmten berufsspezifischen Dienstleistung“, in diesem Fall einer tierärztlichen Leistung ist. Das sei hier nicht der Fall. Eine Gebühr ohne tierärztliche Gegenleistung ist nicht zulässig. Vielmehr könnte ein bloßer Besuchsaufwand allenfalls in der Entschädigungsvorschrift des § 10 GOT geregelt werden.

Gebühr ohne Leistung

Darüber hinaus kommt, der Gutachter zu dem Schluss, dass die Hausbesuchsgebühr- selbst wenn sie nicht rechtswidrig wäre – nicht für Pferde erhoben werden dürfe, weil für sie der Ausnahmetatbestand gelte: „außer bei landwirtschaftlichen Nutztieren“. Aus dem Gutachten wird wörtlich zitiert: „Insoweit handelt es sich um einen tierartbezogenen Tatbestand, der sich in zahlreichen rechtlichen Vorschriften wiederfindet. Allen voran ist seit jeher das Tierzuchtgesetz (TierZG) die für die Zucht bestimmter landwirtschaftlicher Nutztierarten maßgebliche Quelle des deutschen Rechts. Gem. § 1 Abs. 1 Ziff. 1 e) TierZG gehört zu diesen landwirtschaftlichen Nutztierarten auch das Hauspferd.“ Angeführt werden weitere gesetzliche Bestimmungen, in denen Pferde ausdrücklich als „landwirtschaftliche Nutztiere“ gewertet werden. Der Gutachter kommt zu dem Schluss: „Da der Tatbestand der Hausbesuchsgebühr aber tierartbezogen und nicht verwendungsabhängig geregelt ist, kann diese Gebühr selbst dann, wenn sie nicht per se rechtswidrig wäre, beim Besuch von Hauspferden nicht entstehen.“

Eindeutig kein Hausbesuch

Das Gutachten enthalte noch weitere interessante Punkte, so Deutscher Galopp: Demnach sei der Besuch in einem Gestüt oder Rennstall nach geltender Rechtslage eindeutig kein Hausbesuch. Das Gutachten wurde sowohl an das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft und die Bundestierärztekammer (BTK) einschließlich ihrer Arbeitsgruppe GOT weitergeleitet. Der Dachverband hofft, dass es angesichts der „durchschlagenden rechtlichen und sachlichen Bedenken“ bald zu einer Klärung bezüglich der Hausbesuchsgebühr kommen wird.

BTK nennt Ausnahmen

Derzeit sind laut Bundestierärztekammer und der Arbeitsgruppe GOT alle Praxen, die Hausbesuche machen, auch mobile Praxen – Niedergelassene wie auch Ketten – verpflichtet, diese Gebühr zu berechnen. Die Ausnahme von dieser Regel sieht der Gesetzgeber lediglich bei landwirtschaftlichen Nutztieren vor. Demnach müssen landwirtschaftlich genutzte Tiere der Erwerbstätigkeit des Halters dienen.

Als Beispiele nennt die BTK, die Stutenhaltung zur Milchgewinnung, Pferdehaltung zur Fleischgewinnung (ist nicht identisch mit Eintragung als LM-Tier im Equidenpass, Zuchtstuten im landwirtschaftlichen Betrieb und Pferde, die zum Erwerbseinkommen eines landwirtschaftlichen Betriebs beitragen.

Mit Material von Mit Material von Deutscher Galopp e.V.