Der Nationale Aktionsplans Kupierverzicht verpflichtet Tierhalter, die weiterhin kupieren bzw. kupierte Schweine halten, zu einer Risikoanalyse im eigenen Betrieb. Einer der Punkte dieser Risikoanalyse ist die Beurteilung der Struktur sowie der Sauberkeit der Bucht.
Gerade in Bezug auf die „Infrastruktur“ der Bucht gibt es viele Optimierungsmöglichkeiten. Wenn möglich teilen Schweine ihre Haltungsumwelt (z. B. Bucht) entsprechend ihrer Verhaltensweisen ein (Ruhen, Aktivität/Erkunden, Fressen und Trinken, Koten und Harnen). Dafür braucht es ausreichend Platz. Mangelnde Sauberkeit der Bucht und der Tiere können ein Zeichen dafür sein, dass die Tiere ihre Umgebung nicht ihren Bedürfnissen entsprechend gestalten können. Die Folge daraus ist, dass die komplette Bucht als Toilette fungiert. Neben einem ausreichenden Platzangebot kommt aber auch der sinnvollen Anordnung der verschiedenen Funktionsbereiche in der Bucht eine bedeutende Rolle zu.
Struktur und Sauberkeit der Bucht
Im Folgenden wird der Punkt „Struktur und Sauberkeit der Bucht“ der Risikoanalyse anhand eines Beispielbetriebes genauer erläutert. Der vorgestellte Teil der Risikoanalyse bezieht sich auf Tiere, die am Anfang der Aufzucht (A1) stehen.
Beim Beispielbetrieb handelt es sich um einen Ferkelaufzüchter. Da eine wurfweise Aufstallung nicht umsetzbar ist, stallt der Landwirt die Gruppen aus möglichst wenigen Herkunftswürfen gemischtgeschlechtlich mit einem Alter von vier Wochen in Flatdecks auf. Ein Abteil besteht aus insgesamt vier Buchten, mit jeweils zwei Buchten die aneinander angrenzen. In jeder Bucht werden bis zu 25 Aufzuchtferkel aufgestallt (Buchtenmaße 4 x 3 m).
Die Buchten haben einen Kunststoffspaltenboden, wobei der Ruhebereich mit Modulen ausgestattet ist, die einen geringeren Perforationsanteil aufweisen. Am Anfang der Aufzucht werden die Tiere noch tagesrationiert gefüttert, um Verdauungsproblemen vorzubeugen. Nach Abschluss der Eingewöhnung wird Futter zur freien Aufnahme gegeben. Die Fütterung erfolgt über einen Rundtrog, der in der Mitte der Bucht platziert ist. Über Nippeltränken werden die Tiere mit Wasser versorgt. Als Beschäftigungsmaterial bietet der Landwirt Naturseile an. Diese werden am Geländer der gangseitigen Buchtenwand befestigt. Weiterhin ist eine hängende Strohraufe in der Bucht installiert.

Der Ruhebereich (geringerer Perforationsgrad) befindet sich längsseitig entlang der Wand. Die Buchtentrennwand zwischen zwei Buchten besteht aus einer Gittertrennwand, lediglich das untere Drittel aus einer undurchsichtigen Kunststofftrennwand. Dadurch ist über die gesamte Länge ein Sichtkontakt zur angrenzenden Nachbarbucht gegeben (siehe schematische Darstellung der Buchten). Die Beobachtungen werden beim Ausfüllen der Risikoanalyse unter Punkt 2.6 „Struktur und Sauberkeit der Bucht“ vermerkt (Abb. 1).

Abb.1
Die Bucht repräsentiert in diesem Beispiel das komplette Abteil. Dies gilt auch für die folgenden Fragen. Die Lokalisation des Ruhebereichs (wandseitig) ist günstig gewählt, da aktive Tiere diesen Bereich nicht passieren müssen um an die Ressourcen Futter/Wasser/Beschäftigung zu gelangen. Allerdings stellt der Landwirt bei der Beobachtung seiner Tiere fest, dass der Liegebereich angrenzend zur Trennwand nicht zum Ruhen genutzt wird. An dieser Stelle besteht durch den stetigen Sichtkontakt zwischen „fremden“ Tieren Unruhe. Weiterhin wird dieser Bereich vermehrt durch das Absetzen von Kot und Harn verschmutzt.
Außerhalb des Ruhebereichs ist der Sichtkontakt zu den Buchtennachbarn dagegen von Vorteil, da die Tiere hier ihren Kotbereich anlegen (Festlegen der Reviergrenze). Die Strohraufe ist durch ihre hängende Position von allen Seiten zugänglich und wird von den Tieren gut angenommen. Die Anbringung der Stricke an der gangseitigen Buchtentrennwand gibt den Tieren die Möglichkeit, diesen Bereich differenziert von den anderen Funktionsbereichen für ihr Erkundungsverhalten nutzen zu können. So werden weiterhin fressende und kotende Tiere nicht durch aktive Tiere gestört. Die zentrale Platzierung des Rundtrogs ermöglicht den Tieren von allen Seiten Zugang zum Futter. Konkurrenzsituationen werden reduziert.
Als nächstes wird nach besonderen Strukturelementen gefragt. Dies können z. B. senkrecht zum Boden angebrachte Trennwände sein, die durch die räumliche Trennung der Haltungsumwelt weitere Struktur verleihen. Auch erhöhte Ebenen, die per Rampe erreichbar sind, können installiert werden. In der Beispielbucht befinden sich keine zusätzlichen Strukturelemente (Abb. 2).

Abb. 2
Als nächster Schritt in der Beurteilung wird nach der Sauberkeit der Bucht und der Tiere darin gefragt. Zusätzlich muss eine Einschätzung zu den Liegepositionen der Tiere getroffen werden (Abb 3).
Der Ruhebereich angrenzend zur Trennwand ist durch Kot und Harn verschmutzt. Die Tiere sind jedoch überwiegend sauber. Weiterhin beobachtet der Landwirt, dass die Tiere im Ruhebereich teilweise in Haufenlage liegen. Dementsprechend werden keine komfortablen Liegepositionen eingenommen (Seitenlage). Das Bilden einer Haufenlage kann zudem ein Zeichen für eine zu niedrige Temperatur im Abteil sein. Aus diesem Grund überprüft der Landwirt umgehend die Raumtemperatur und stellt fest, dass er diese anpassen muss.
Als Sofortmaßnahme schließt er die oberen zwei Drittel der Trennwand im Ruhebereich, um so den Sichtkontakt zur Nachbarbucht zu unterbinden. Neben der Anpassung der Raumtemperatur beschließt der Landwirt weiterhin beim nächsten Durchgang eine Abdeckung über dem gesamten Ruhebereich anzubringen. Dadurch schafft er zusätzlich zu einer weiteren räumlichen Strukturierung auch eine Mikroklimazone, die zudem geringer beleuchtet ist. Diese Maßnahmen fördern die Attraktivität des Ruhebereichs.

Abb. 3 und Abb. 4
Betriebliche Verbesserungen
Durch die Strukturierung der Flatdeckbuchten und durch ein erhöhtes Platzangebot konnten die Tiere Funktionsbereiche anlegen. Der Landwirt hat dies durch folgende Maßnahmen erreicht:
- Er hat eine funktionsbezogene Raumstruktur geschaffen. Durch den geringen Längenunterschied zwischen den Buchtenseiten (4 x 3 m) minimiert sich das Risiko, dass „Engpässe“ entstehen. So können die Funktionsbereiche von allen Tieren ungehindert genutzt werden.
- Der Ruhebereich ist durch das Schließen der Trennwand nun von drei Seiten geschlossen. Mit einer Länge von vier Metern ist es allen Tieren möglich, gleichzeitig eine entspannte Liegeposition einzunehmen. Zudem ist durch diesen breiten Zugang gewährleistet, dass auch rangniedere Tiere den Ruhebereich aufsuchen können, ohne in Konflikt mit ranghöheren Tieren zu geraten.
- Auch die Positionierung des Ruhebereichs an der Wandseite ist günstig gewählt, da keines der Tiere durch diesen Bereich laufen muss, um zu den Tränken, zum Trog oder zu den Beschäftigungsmöglichkeiten zu gelangen. Zudem haben die Ferkel aus dieser Position einen guten Überblick über die restliche Bucht. Wichtig ist jedoch, dass diese schwer einsehbaren Bereiche regelmäßig vom Personal überprüft werden. Denn gerade für kranke und schwache Tiere fungieren diese Orte als Rückzugsmöglichkeit.
- Der Kotbereich ist im Beispiel an der Grenze zur benachbarten Bucht angelegt worden. Durch den Sichtkontakt zur Nachbarbucht entlang der Trennwand sollte das Revierverhalten der Tiere verstärkt und genutzt werden. Es wäre auch denkbar, über dieser Zone zusätzlich eine Mikrodusche anzubringen. Das Befeuchten des Bodens kann zum einen die Attraktivität des Kotbereichs steigern und zum anderen kann die Dusche an heißen Sommertagen als Abkühlung für die Tiere dienen. Eine weitere mögliche Strukturierungsmaßnahme wäre die Installation einer Trennwand zur Schaffung einer „Kotecke“.
- Der Standort der Beschäftigungsmaterialien (Aktivitätsbereich) ist außerhalb der restlichen Funktionsbereiche gewählt. Somit können die Tiere ihrem Erkundungsverhalten nachkommen ohne damit andere Tiere zu stören die gerade koten, fressen oder ruhen.