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Klimawandel

Biene: Von Trockenheit und Tracht

Weide
Dr. Christoph Otten, DLR Westerwald-Osteifel
am Dienstag, 11.08.2020 - 11:48

In Deutschland wird es künftig wärmer und trockener. Bedeutet das auch, dass die Pflanzen künftig weniger Nektar produzieren – und die Honigerträge zurückgehen? Oder werden sie gar steigen, weil die Bienen mehr fliegen können?

Bienen_Honigbienen_Blüte_Maucher (22)

In Deutschland wird es immer wärmer. Dadurch verschieben sich die Blühphasen der einzelnen Pflanzen seit einigen Jahrzehnten nach vorne. Auch der Trachtbeginn (der tiefste Punkt der Gewichtskurve des Stocks, wenn die Bienen mehr einzutragen beginnen, als sie verbrauchen) folgt nach den Daten des Trachtnet diesem Trend. Die zunehmende Trockenheit wird sich aber nicht nur auf die Zusammensetzung der Vegetation auswirken, sondern möglicherweise auch auf die Fähigkeit der Pflanzen, Nektar zu produzieren.

Nektar ist eines der Lockmittel, das die Pflanzen den Insekten anbieten, damit sie die Blüten besuchen und bestäuben. Er besteht neben verschiedenen Aroma- und Duftstoffen vor allem aus Zucker – Fruktose, Glukose, Saccharose – und Wasser. Der Wassergehalt im Nektar kann sehr stark schwanken, je nach Art und klimatischen Verhältnissen zwischen rund 40 und rund 80 %.

Sinkt die Nektarsekretion?

Tracht

Die verschiedenen Zucker für den Nektar produziert die Pflanze mittels Photosynthese selbst. Die eigentliche Nektarsekretion geschieht dann in den Nektarien, auch Nektar- oder Honigdrüsen genannt. Diese sitzen meist innerhalb der Blüten, bei manchen Arten auch außerhalb.

Ist nun der Boden aufgrund mangelnder Niederschläge trocken, stellt sich die Frage, ob dann die Nektarsekretion sinkt. In diesem Frühjahr konnte man auch bei sonnigem, warmem Wetter teilweise gar keine oder nur wenige Honigbienen auf blühenden Rapsflächen wahrnehmen. So haben Imker aus höheren Lagen im Schwarzwald heuer berichtet, dass die Löwenzahntracht nahezu völlig ausgefallen ist. Auch in früheren trockenen Jahren berichteten Imker von gleichen Symptomen, insbesondere für krautige Pflanzen.

Aber auch von Linden weiß man, dass sie nur dann gut honigen, wenn ihre Wurzeln „im Wasser stehen“. Naheliegend ist, dass die Pflanzen aufgrund trockener Böden kaum noch Nektar produzieren können. Was genau in den Pflanzen dabei vor sich geht, ist noch weitgehend ungeklärt. Stimmt also der Zusammenhang Trockenheit = weniger Nektar = weniger Honig?

Bienen können sich einstellen

Ganz so einfach ist es (zum Glück) doch nicht. Denn Honigbienenvölker sind sehr intelligente Lebenseinheiten, die sich auf unterschiedlich attraktive Nahrungsangebote einstellen und innerhalb kürzester Zeit von einer Trachtquelle zur anderen wechseln können. Sie konzentrieren sich selten auf eine einzige Trachtquelle, sondern die Völker senden ihre Sammlerinnen in unterschiedliche Richtungen und Entfernungen aus.

Das Bienenvolk kennt damit das „Tagesangebot“ im Flugradius und kann über die Schwänzeltanz-Kommunikation die besten Angebote effektiv nutzen. Beim Versiegen einer Trachtquelle – sei es durch Abblühen oder durch Trockenheit – kann sehr schnell eine Umorientierung zu anderen Trachtquellen stattfinden. Damit ist bis zu einem gewissen Grad eine Anpassung an sich ändernde Bedingungen möglich, vorausgesetzt, das Volk lebt nicht in einer verarmten Landschaft.
Ein gutes Beispiel liefert das trockene Frühjahr 2020 in Deutschland. Nach Meldungen des Deutschen Wetterdienstes lagen die Niederschlagswerte im März etwa 10 % und im April sogar mehr als 60 % unter dem langjährigen Mittel. Obwohl dann auch vielerorts in Deutschland trockene Böden gemeldet wurden, war der Trachtverlauf bis Ende April, erfasst an mehr als 440 Waagenstandorten in Deutschland, sehr positiv und lag über den Werten der meisten Vorjahre. Die Bienen konnten einfach jeden Tag sammeln, was in einem verregneten Frühjahr eben nicht möglich ist.

Wärmephasen fördern die Sammelaktivität

Auch sonst unterliegen die Nektar- und Honigtauproduktion der Pflanzen und das Sammeln der Bienen zahlreichen Einflussfaktoren. Feuchte Schlechtwetterperioden erleichtern es zwar den Pflanzen, Nektar zu produzieren, machen es aber für die Bienen schwerer, auszufliegen und zu sammeln, sodass die Bienen von ihren Vorräten zehren müssen. Wärmephasen hingegen fördern die Flug- und Sammelaktivität der Bienen – und bei noch ausreichender Bodenfeuchte auch die Nektarsekretion der Pflanzen. Bei Honigtautrachten sind anhaltende Schönwetterphasen meist eine Voraussetzung für hohe Honigerträge.
Diese fördernden und hemmenden Einflüsse sind so vielfältig, dass eindeutige Aussagen zum Einfluss von ausfallenden Niederschlägen und Bodentrockenheit nur bedingt möglich sind. Aber man kann zumindest ein Gefühl durch Betrachtung konkreter Situationen und Beispiele entwickeln. Wichtige Informationen wird zukünftig verstärkt das imkerliche Blühphasenmonitoring liefern, in dem Imker aus ganz Deutschland den Blühbeginn von wichtigen Trachtpflanzen melden und helfen, längerfristige Trends zu erfassen.