Bei der derzeitigen Situation auf dem Schlachtschweinemarkt dürfte den wenigsten Schweinemästern und -mästerinnen mit konventionellen Ställen der Sinn nach einem Umbau stehen. Nach Schätzungen stehen in Niedersachsen momentan 10 bis 20 % der Mastställe leer – weil sich der Durchgang nicht rechnen würde.
Umbau zu Haltungsform 3
Wer künftig aber weiter oder wieder produzieren will, kommt nicht umhin, sich mit den Haltungsformen des Handels zu befassen. Sie sind umgesetzt in den großen Ketten des Lebensmittelhandels (LEH), dort auf jeder Packung Frischfleisch zu finden. Die Beratung der VzF GmbH, Uelzen, hat sich Gedanken gemacht, wie man ggf. mit relativ geringem Kosten- und Genehmigungsaufwand einen konventionellen Stall für die Haltungsform 3 des LEH umbauen könnte.
Die Haltungsform 3 des LEH ist mit dem Stichwort „Außenklima“ benannt. Dies bedeutet, dass es zwei verschiedene Klimabereiche geben soll. Vorgegeben sind 40 % mehr Platz pro Tier, was mindestens 1,05 m² entspricht. Außerdem muss es Außenklimareize geben in Form von Offenfrontställen oder Ausläufen. In Haltungsform 3 darf kein gentechnisch verändertes Futter eingesetzt werden. Zusätzlich zum Beschäftigungsmaterial ist das Verfüttern von Stroh vorgegeben.
Frischluftzirkulation muss gewährleistet sein
Bekanntlich ist die Haltungsform-Einstufung des Handels eine wirtschaftsgetragene Einstufung, die unabhängig von der geplanten staatlichen Haltungs-Kennzeichnung zu sehen ist. In den Auslegungshinweisen zur Haltungsform 3 des LEH steht, dass bei einem Offenfrontstall eine der beiden Längsseiten des Stalles dauerhaft offen/geöffnet sein muss. Der Anteil der dauerhaft offenen Flächen im Stall muss in Summe (inkl. Dachöffnungen/Traufen) mindestens 30 % der Wandflächen des Stalls betragen. Zudem ist formuliert, dass durch diese Öffnungen eine Frischluftzirkulation gewährleistet sein muss, die vergleichbar mit einer Schwerkraftlüftung ist. Der Liege- oder Bewegungsbereich oder die Buchten aller Tiere sollen direkt an die offene Stallseite grenzen.
Eine Längsseite öffnen
Laut Auslegungshinweisen dürfen die Öffnungen des Stalles zeitweise verschlossen werden, wenn die Witterung ansonsten die Tiergesundheit beeinträchtigen könnten. Für einen solchen temporären Verschluss dürfen Windbrechnetze oder Curtains bzw. bewegliche Schlitzwände verwandt werden. Aus Gründen der Biosicherheit sollte man die Stallöffnungen mit einem Vogelschutznetz versehen. Das ist nach Auslegung des LEH erlaubt.
Wie ließe sich der Umbau eines konventionellen Schweinemaststalles, wie sie in Niedersachsen vorherrschen, nun am einfachsten umsetzen? In der Mehrzahl sind dortigen Schweineställe als Kammställe oder Doppelkammställe, oft mit Quertrogfütterung gebaut. Durch den höheren Platzbedarf je Tier führt die Umstellung auf Haltungsform 3 des LEH in der Regel zu einer Bestandsabstockung, sprich, die Gesamtemissionen reduzieren sich.
Planungsbeispiel mit Abteilen für 96 Tiere
Im Beispiel gehen wir von einem Stall mit Abteilen für jeweils 96 Tiere aus (Skizze siehe PDF). Je Schwein stehen 0,75 m² zur Verfügung. Um die Außenwände bei diesem Stall nicht verändern zu müssen, werden die bestehenden Fenster an einer Stalllängsseite zu bodentiefen Öffnungen vergrößert. Die Notausgangstüren der Futtergänge werden ebenfalls geöffnet. So werden 30 % Öffnungsfläche erreicht. Die vorher je zwei Buchten einer Abteilhälfte werden zu einer Bucht verbunden. Das zur geöffneten Wand liegende Viertel wird mit PVC-Wänden zum Außenklimabereich abgetrennt und mit einer Rüsseltür versehen.
Planungsbeispiel: Stallumbau für Haltungsform 3
Im mittleren Teil der Großbucht werden Futter und Wasserversorgung platziert sowie die Strohfütterung. Im zum Zentralgang zugewandten Viertel des Innenbereichs ist eine Absortierbucht angeordnet, die die Bucht insgesamt strukturiert und auch als Ruhebereich genutzt werden kann, wenn nicht absortiert wird. Das so umgebaute Abteil bietet dann noch Platz für 68 Tiere, denen inkl. Aussenklimabereich 1,06 m² Nettobuchtenfläche zur Verfügung steht.
Lochbleche für die Türen
Im Beispielstall werden die Abteile über den Zentralgang und Lochplattenkanäle mit Frischluft versorgt. Dies wäre nach dem Umbau nicht mehr möglich. Deshalb werden die Abteiltüren zum Zentralgang durch Lochblechtüren ersetzt, eine zweite Lochblechtür wird am Ende des Futtergangs vor dem Außenklimabereich eingebaut. So kann die reduzierte Tierzahl gut mit Frischluft versorgt werden. Die vorhandene Abluftführung kann beibehalten werden.
Damit keine Frischluft von der offenen Stalllängsseite unter den Spalten vom Außenklimabereich hindurch in den geschlossenen Bereich des Abteils gelangt, sprich, hier eine Unterflurlüftung entstehen würde, müssen die Güllekanäle am Übergang zwischen Außenklima- und Innenbereich mit Gummischürzen abgedichtet werden.
Vorher die Statik prüfen
Die Kosten für den Umbau hielten sich mit rund 110 Euro netto pro Platz in Grenzen. Nicht eingerechnet ist das Herstellen der Wandöffnungen und die Demontage der Zuluftkanäle. Da durch die Vergrößerung der Öffnungen in der Außenwand in die Statik des Gebäudes eingegriffen wird, muss hier vor der Maßnahme ein Statiker hinzugezogen werden und eine Abstimmung mit der Baugenehmigungsbehörde erfolgen.
Zu beachten ist, was durch den jüngsten ASP-Fall besondere Aktualität bekommen hat, dass im Zuge eines solchen Umbaus ggf. ein neuer Zaun um den Stall aufgestellt werden müsste. Das Prinzip „Wand = Zaun“ kann bei offenen Wänden nicht mehr gelten. Ebenso wäre nach einem solchen Stallumbau mit einem höheren Aufwand für die Pflege des Außenbereichs mit Schadnagerbekämpfung zu rechnen.
Schutz vor ASP im Blick
Festzuhalten ist: In Niedersachsen gibt es vielfach Schweinemastställe, bei denen ein Anbau von einem Auslauf für die Haltungsform 3 oder sogar 4 des LEH genehmigungstechnisch, aber schon allein auch von den räumlichen Gegebenheiten gar nicht möglich wäre. Dies gilt zum Beispiel in Ortslagen. Der beschriebene Umbau könnte ggf. eine Alternative sein, da der Stall von der Grundfläche her nicht verändert wird.
Augenblicklich ist noch unklar, ob eine Finanzierung von Umbauten für mehr Tierwohl von Seiten des Staates kommen wird und ob es eine Finanzierung der laufenden höheren Produktionskosten geben wird. Ein Umbauen „auf gut Glück“ in der Hoffnung, dass es dann schon einen Abnehmer zu besseren Erlösen geben wird, ist heute nicht anzuraten. Vielmehr sollte man sich einen Vermarktungspartner suchen, der langfristige Verträge anbietet, und dann prüfen, ob die Investition sich rechnet. Die augenblickliche unsichere Situation in der Schweineproduktion sollte jedoch genutzt werden, um die Möglichkeiten eines Umbaus zu prüfen, um dann ggf. schon in den Startlöchern zu stehen.