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Einstreu

Allergien bei Pferden: Wie sich Atemwegserkrankungen vermeiden lassen

So bitte nicht: Beim Ausmisten, Einstreuen, Futter verteilen oder Kehren sollten sich, um Lungenschäden zu vermeiden, keine Pferde in der Box oder im Stall befinden.
Andrea Tölle
Andrea Tölle
am Montag, 16.01.2023 - 10:22

Immer mehr Pferde leiden unter Allergien und den damit meist verbundenen Atemwegserkrankungen. Wie man die Haltung so optimieren kann, dass die Lungen wenig gereizt werden, war das Thema eines Online-Seminars.

"Ich komme jedes Jahr auf 100 bis 150 Betriebe und bin immer wieder erschüttert darüber, was ich da zum Teil vorfinde“, meinte Georg W. Fink beim Online-Seminar „Einstreu und Einstreuqualität“ des hessischen Pferdesportverbandes. Der Agraringenieur ist zwar grundsätzlich ein Fan der Haltung von Pferden in Offenställen. Allerdings wies er darauf hin, dass man einige Regeln beachten sollte. So sollten sich Pferdebesitzer einen Stallwechsel immer gut überlegen, weil dies für die Tiere mit viel Stress verbunden ist.

Pferdehalter Georg W. Fink betreibt ein Büro für Stallbau und ist Sachverständiger für Reitanlagen und Stallbau.

Fink erklärte, dass die Tiere in einer nicht integrierten Gruppe viel zu wenig schlafen, weil der Stress zu groß ist. Doch nicht nur die Planung von bestehenden Gruppen ist in der Offenstallhaltung wichtig. Das ganze Konzept eines Offenstalls muss auf das Pferdeverhalten ausgerichtet sein. So müsse man bei der Stallplanung berücksichtigen, dass Pferde am liebsten an übersichtlichen Stellen schlafen, von wo aus sie ihre Umgebung beobachten können.

Der Stallbauplaner ging auch auf Boxenställe ein. Hier sei oftmals das Klima schlecht. Die Schadgase befinden sich vor allem am Boden, also da, wo die Pferde sie einatmen, wenn sie liegen. Je schlechter die Luft ist, desto schlechter schlafen die Pferde. Zudem riet Fink von Betonböden in Stallungen ab. Diese würden schnell glatt. Um Stürze zu vermeiden, müsste man sie regelmäßig aufrauen, was mit einem großen Aufwand verbunden und sehr staubig ist. Besser sind Asphaltböden oder Beton mit Gummiauflagen.

Das Einstreumanagement wird oft vernachlässigt

Nach den Erfahrungen des öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen für Reitanlagen und Stallbau wird das Einstreu- und Boxenmanagement oft vernachlässigt. „Pferdebesitzer, also die Kunden, sind erst zufrieden, wenn es den Tieren gut geht“, betonte Fink. Dabei werde es nach seinen Erfahrungen immer wichtiger, auf die Arbeitszeit zu achten. Der Experte bedauerte, dass Entmistungsanlagen in Pensionsställen immer noch sehr selten sind.

Heu bedampfen: Durch den heißen Dampf wird nicht nur Staub gebunden. Auch Keime im Futter werden zuverlässig abgetötet.

Georg W. Fink wies auf ein zunehmendes Problem in der Pferdehaltung hin: Immer mehr Tiere leiden unter Allergien. Der Betreiber des Ingenieurbüros „Fink Planung“ in Aufkirchen, Lks. Erding, riet:

  • Staub vermeiden: z. B. statt Langstroh oder Sägespäne besser Pellets oder Waldboden jeweils angefeuchtet, wobei die Bezeichnung Waldboden irreführend ist. Er stammt nicht aus dem Wald, sondern wird aus Grünkompost gemischt mit Laub, Rinde, etc. erzeugt;
  • naturbelassene Baustoffe verwenden;
  • für viel frische Luft im Stall sorgen;
  • viele Bewegungsanreize geben, um die Lungenfunktion zu aktivieren;
  • ausgewähltes Allergikerfutter verwenden;
  • Pferde nie im Stallbereich putzen;
  • Ausmisten, Einstreuen, Futter verteilen, etc. nur, wenn die Pferde nicht im Stall sind;
  • Heubefeuchtung;
  • Auslaufberegnung;
  • Luftverneblung.

Um Atemwegserkrankungen vorzubeugen, empfahl der Fachmann folgende Maßnahmen:

 

  • bedampftes Heu,
  • angefeuchtetes Kraftfutter,
  • staubfreie Einstreu durch Befeuchtungsanlagen oder manuell per Schlauch oder Gießkanne,
  • kein Stroh von Getreidearten mit Grannen einsetzen (Gerste, Roggen),
  • Ausläufe beregnen,
  • Distanz der Boxen zu anderen Stallbereichen, damit keine allergieauslösenden Stoffe verwirbelt werden,
  • Sole-Kammer,
  • Inhalations-Apparate usw.

Als Auslöser für Atemwegs- und sonstige Erkrankungen von Pferden führte Fink auf:

 

  • Infektiös: Bakterien, Parasiten;
  • Umwelt: Schimmelpilze, Pollen, Milben, Staub;
  • 42 % aller Pferde leiden an COPD;
  • 22 % aller Pferde haben Lungenveränderungen;
  • 6 % haben Lungenentzündung;
  • 52 % reagieren auf Heu;
  • nur 28 % sind frei von Lungenbefunden.

Außerdem ging Georg W. Fink darauf ein, dass man auch in der Pferdehaltung auf Umweltschutz achten sollte. Er riet:

 

  • nachwachsende Rohstoffe zu verwenden,
  • ökologische Baustoffe einzusetzen,
  • auf die Wiederverwertbarkeit der Materialien zu achten,
  • abgasarme oder besser abgasfreie Technologien in Stallgebäuden einzusetzen,
  • wenig bis kein Verpackungsmaterial zu verwenden,
  • Bauen und Lagern in die Höhe, damit weniger Fläche versiegelt wird.

Von seinem Betrieb berichtete Johann Stöckl vom Weberhof in Brixen in Tirol. Auf dem Betrieb wurde früher Langstroh eingesetzt, aber damit war Stöckl nicht zufrieden. Wichtige Anliegen sind dem Landwirt:

 

  • Mitarbeitergesundheit,
  • Tiergesundheit,
  • Überschaubare Arbeitsabläufe,
  • ausreichender, aber sparsamer Umgang mit der Einstreu,
  • wenn möglich, regionale Bezugsquellen,
  • bestmögliches Ausgangsmaterial,
  • alle Maßnahmen müssen die Arbeit erleichtern,
  • alle Maßnahmen müssen zur Kosteneinsparung führen.
Heu wässern: Je nach Qualität kann das Heu kurz nass oder aber gewaschen werden, um Staub los zu werden.

Hinsichtlich der Feuchte- und Geruchsbindung habe das kurz gehäckselte Stroh laut Stöckl Vorteile hinsichtlich Feuchte- und Geruchsbindung gegenüber Landstroh. Deshalb werde die Stallhygiene verbessert.

Die Befürchtung, dass Pferde das kurz gehäckselte Stroh fressen, kann der Biolandwirt nicht teilen. Seine acht Pferde nutzen das Stroh ausschließlich zum Liegen und Wälzen. Durch das kurze Stroh braucht Stöckl auf der Mistplatte weniger Lagerkapazität.

In der Pferdehaltung spart der Landwirt viel Stroh ein. In seinem Betrieb wurde der Strohverbrauch um 35 % reduziert. „Für zwei Boxen wird nur noch eine Schubkarre pro Tag benötigt, das bedeutet weniger Material und weniger Arbeit“, berichtete Stöckl.

Stöckl rät davon ab, kurz gehäckseltes Stroh zu kaufen, weil das manchmal sehr staubt und man dann viel Plastikmüll hat. „Wird kurzes Stroh auf dem Feld gepresst, kommt es manchmal beim Öffnen des Ballens zu extremer Staubentwicklung. Manchmal wird dieses Stroh auch zu fest gepresst, es kommen einem dann zum Teil richtige Platten entgegen“, hat Stöckl die Erfahrung gemacht. Zuerst hat der Biolandwirt mit einer Häcksellänge von 6 cm begonnen, mittlerweile ist er bei 1,5 bis 2 cm. Die eigene Strohmühle hat er im Handel für 3000 € erworben. Bis sie auf dem Hof stand, hat es 4500 € gekostet. Allerdings weist sie keinen Strohballenauflöser auf. Doch bei seinem kleinen Betrieb mit nur acht Pferden funktioniere das trotzdem.

Der Staub wird bereits in der Strohmühle gebunden

Auch im Winter raus: Viel frische Luft und Bewegung sind zu jeder Jahreszeit das Beste für Pferdelungen.

Stöckl arbeitet mit EM (Effektive Mikroorganismen). Diese setzt er bei der Heu- und Strohgabe ein, was zu einer besseren Hufqualität führt, ca. 1x/Monat sprüht er Fenster und Wände mit EM ein, gegen Fliegen streut er etwas Zeolith und Lavagesteinsmehl an die Fenster. Außerdem streut er vor dem Einstreuen Zeolith und Lavagesteinsmehl speziell an die Wände, wo sich sonst Larven ansammeln. Zeolith entzieht Feuchtigkeit. Die EM kosten 50 bis 60 € für das 25 l Gebinde. „Bei unserer Strohmühle wird der Staub mit einer nebelartigen Befeuchtung gebunden, dabei werden auch die EMs zugegeben“, berichtete Stöckl.

Der Landwirt betonte, dass eine Strohmühle nur sinnvoll sei, wenn auch eine Befeuchtung des Strohs erfolgt. Die Wasserzuführung muss so sein, dass der Auswurf nicht verschlammt. Außerdem müsse die Anlage an einem frostfreien Ort stehen. Auf dem Weberhof werden die Strohhäcksel von der Strohmühle in Laubsäcke gefüllt und damit in die Boxen gebracht.

Da dem Biolandwirt Humusaufbau wichtig ist, kompostiert er seinen Mist. Die Erwärmung auf 84,7 °C hat den Vorteil, dass Parasiten wie z.B. Würmer absterben und nicht auf die Weide gelangen. „Dadurch kann ich den Mist im Frühjahr auf den Weiden und Wiesen ausbringen, wenn die Pflanzen Dünger brauchen“, betont Stöckl.