Auf einen Blick
- 66,3 Mio. t CO2-Äquivalente emittiert die deutsche Landwirtschaft. Sie verteilen sich zu etwa gleichen Teilen auf Tierhaltung und Wirtschaftsdünger einerseits und auf Mineraldüngung und Bodennutzung andererseits.
- Lachgas ist 296mal stärker klimaschädigend als CO2. Daher ist ein N-Verlust von wenigen Kilogramm Stickstoff pro Hektar in Form von Lachgas bereits klimarelevant.
- Hohe Investitionen in Katalysatoren sorgen in Europa für eine Minderung der THG-Emissionen der Düngerherstellung um bis zu 90 %.
- Künftig könnte die Wasserstoff-Elektrolyse die N-Düngerproduktion klimafreundlicher machen.
Landwirtschaft bindet CO2

Landwirte verweisen in der Klimaschutzdebatte wohl zurecht darauf, dass kein anderer Wirtschaftszweig auch nur annähernd so viel CO2 aus der Atmosphäre bindet wie die Land- und Forstwirtschaft. Speziell in Europa werden zudem klimaschädliche Landnutzungsänderungen (Umbruch von Wald und Grünland zu Acker) vermieden – die aber weltweit ganz erheblich zum Klimawandel beitragen.
Und tatsächlich gehört der deutsche und der europäische Pflanzenbau schon heute zu den effizientesten der ganzen Welt. Gleichzeitig ortet die Wissenschaft aber noch beträchtliches Verbesserungspotenzial. Und damit stellen sich folgende Fragen:
Regionale Nutzung ist gut für die weltweite Bilanz
Ein Blick in wissenschaftliche Arbeiten vermittelt einen optimistisch stimmenden Grundkonsens mit der Praxis: Die optimale Nutzung von Agrarflächen vor Ort verringert den Druck auf Landnutzungsänderungen in weit entfernten Teilen der Welt. Die europäischen Gunstlagen für hohe Hektarerträge zu nutzen, ist also ganzheitlich sinnvoll – gleichzeitig weisen ein verminderter und optimierter Einsatz von Bodenbearbeitung und Betriebsmitteln die zukünftige Richtung im weiteren Streben nach Verbesserungen. Eine starke Extensivierung hingegen hätte keine positiven Effekte auf das Klima.
Auf die Tierhaltung soll in diesem Artikel nicht näher eingegangen werden – angesichts der hohen Bedeutung der Methanemissionen sei jedoch auf Folgendes hingewiesen: In Studien und Großversuchen konnte nachgewiesen werden, dass nach Zugabe von 1 bis 3 kg Kalkstickstoff pro Kubikmeter Gülle die Ausgasung über eine mehrmonatige Lagerdauer nahezu vollständig unterbunden wird. Gasmessungen haben gezeigt, dass sich damit die Methan- als auch CO2-Emissionen um mehr als 90 % reduzieren lassen.
Zurück zum Acker: In den Emissionszahlen der Landwirtschaft wird das aktive Speichern und Binden von CO2 derzeit nicht „gutgeschrieben“. Deutschlandweit sind in den land- und forstwirtschaftlichen Nutzflächen enorme Mengen an CO2 gebunden – und diese sollen tunlichst nicht freigesetzt werden. Außerdem interessant: Das Cluster Forst & Holz kompensiert rund 14 % des jährlichen CO2-Ausstoßes der Bundesrepublik – und damit mehr als der Landwirtschaft an THG zur Last gelegt wird.
Der wissenschaftliche Beirat im Bundeslandwirtschaftsministerium hat die hohe Bedeutung der Land- und Forstwirtschaft als CO2-Senke beschrieben und weitere Potenziale zur Emissionsminderung mengenmäßig erfasst; für die Landwirtschaft sind das demnach 23 bis 44 Mio. Tonnen.
Pflanzenbau klimafreundlicher gestalten
Aber wie genau lässt sich der Pflanzenbau klimafreundlicher gestalten? Grundsätzlich sollte die Klimarelevanz im Pflanzenbau auf die Produktionseinheit – also beispielsweise eine Tonne Weizen – bezogen und bewertet werden. Je höher der Ertrag, desto geringer der CO2-Fußabdruck je Tonne Weizen – auch weil damit ein verminderter Druck zu Landnutzungsänderungen einhergeht. An welchen Stellschrauben kann der einzelne Landwirt drehen?
- Fossiler Energiebedarf: Die deutsche Landwirtschaft verwendet rund 100 Liter Diesel pro Hektar. Reduzierte, schonende Bodenbearbeitung vermindert THG und Humusabbau.
- Humusmehrende Fruchtfolgen samt rasch wüchsiger, produktiver Zwischenfrüchte sowie alle Maßnahmen, die Struktur und Lufthaushalt des Ackerbodens fördern (Kalk, Phosphat), speichern CO2 und vermindern THG-Emissionen.
- Hohe Stickstoffeffizienz und niedrige Rest-Nmin-Gehalte nach der Ernte durch moderne, sensorgestützte Bedarfsermittlung inklusive elektronischer Bodenkarten und mehrjähriger Ertragskartierung. Geteilte, bedarfsgerechte, am besten teilflächenspezifische Düngergaben. Modellrechnungen zur Wetterprognose. Exakte, GPS-gestützte Düngerapplikationstechnik. Nitratbasierte, effiziente Stickstoffdünger.
- Die direkten Lachgas-Emissionen werden von der Wissenschaft zu etwa gleichen Teilen der mineralischen und organischen Düngung sowie den eingearbeiteten Pflanzenresten zugeschrieben. Lachgas ist 296mal stärker klimaschädigend als CO2. Daher ist ein N-Verlust von wenigen Kilogramm Stickstoff pro Hektar in Form von Lachgas bereits klimarelevant.
- Oberflächig verschlämmte und (zeitweise) wassergesättigte Ackerböden neigen dazu elementaren Stickstoff (Luftstickstoff) und Lachgas (N2O) zu emittieren. Gute Bodenstruktur, wenig Rest-Nmin nach der Ernte und hohe Regenverdaulichkeit wirken dem entgegen. Gänzlich vermeiden lassen sich Lachgasemissionen jedoch nicht.
- Der Weltklimarat (IPCC) quantifiziert die N2O-Freisetzung aus der mineralischen N-Düngung pauschal mit 1 % der ausgebrachten N-Menge; unter günstigen Voraussetzungen – wie oben beschrieben – können diese Emissionen auch auf 0,3% reduziert werden.
- Nitrifikationsinhibitoren können zur weiteren Reduktion dieser Emissionen beitragen, sowohl bei flüssigen Wirtschaftsdüngern, wie auch bei Mineraldüngern.
90 % weniger THG bei der Nitratproduktion
Politische Ziele
Im Pariser Klimaabkommen von 2015 wurden ambitionierte Ziele zur Begrenzung des globalen Klimawandels und zur Reduzierung der Treibhausgas(THG)-Emissionen vereinbart. Nahezu gleichzeitig wurden von den Mitgliedern der Vereinten Nationen die 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung verabschiedet – hier spielt die Ernährungssicherung eine herausragende (2. Ziel) Rolle, aber auch Klimaschutz (13. Ziel) und der Schutz von Landökosystemen (15. Ziel) haben eine große Bedeutung.
Auf der Klimakonferenz in Bonn im Herbst 2017 haben bereits über 60 Staaten ihre Absicht bekundet, auch im Bereich Landwirtschaft Maßnahmen zur Reduktion der THG-Freisetzung zu ergreifen, darunter Deutschland.