Auf einen Blick
- Drei Varianten der Drahtwurmbekämpfung zeigen Ansätze, um dem Schädling beizukommen und die Kartoffeln möglichst schadfrei zu halten.
- Auch schwarzfleckige Knollen waren ein Qualitätsproblem der Ernte 2020. Mehrere Faktoren spielen dabei eine Rolle.
- Lagerproblem: Vorzeitig abgereifte Kartoffelpflanzen lieferten pysiologisch ältere Knollen und verfrühte Druckstellen.
Negativer Dreiklang durch Corona, Erntenmenge und Qualität

Für viele Kartoffelanbauer war die Ernte 2020 keine gute – das hat mehrere Gründe: Zum einen funktionieren durch Corona nur die Hälfte der Märkte. Zum anderen war die Ernte mengenmäßig hoch genug, um die Preise zu drücken. Und dann kommt für die Speisekartoffelanbauer noch der Faktor Qualität hinzu – 2020 war leider kein gutes Qualitätsjahr. Drahtwurmlöcher, Dry Core, Schneckenfraß und sehr viele leichte mechanische Beschädigungen, die bei der Ernte passiert sind, spielen die Hauptrolle. Hinzu kommt, dass viele Partien nach dem Aufbereiten und Waschen unter der Schale schwarzfleckig werden.
Was ebenfalls vielen zu schaffen machte, ist, dass die Kartoffeln aus der LEH-Sortierung herausgewachsen sind. Hier spielen zwar sicherlich auch die guten Wachstumsbedingungen in den Monaten Juni und Juli mit – aber auch die Sikkation. Es hat sich gezeigt, dass die Anbauer eine Woche früher mit der Reifeförderung beginnen müssen. Denn die Mittel, die nach dem Wegfall von Reglone noch zur Verfügung stehen, lassen einen wesentlichen höheren Zuwachs bis zum Absterben der Pflanze zu als das bei der Sikkation mit Reglone der Fall war.
Ebenfalls problematisch ist der steigende Druck im Kartoffelanbau durch tierische Schädlinge. Hier spielt besonders der Drahtwurm eine Rolle. Und auch wenn es keine Patentlösung gegen den Drahtwurm gibt, so gibt es zumindest Ansätze – sie müssen aber auch von den Anbauern gelebt werden. Einen Speisekartoffelanbau zu wagen, ohne Maßnahmen gegen Drahtwurm zu ergreifen, beurteilt das Kartoffel Center München Nord (KCM) nicht mehr als sinnvoll. Wer nichts gegen den Schädling tut, kann genauso gut Lotto spielen gehen.
Was kann man gegen den Drahtwurm tun?
Aber was genau gegen den Drahtwurm tun? Aus KCM-Sicht gibt es dazu verschiedene Ansätze:
1. Kalkstickstoff vor dem Pflanzen streuen:
- Selen in die Grunddüngung mit einbauen (75 – 100 kg CalciKorn GS + Se)
- Einsatz von 4 – 5 l Soil Tonic je nach Sorte und Reifegrad Mitte bis Ende Juli (grüner Bestand voll aufnahmefähig)
- Schnelle und zeitige Ernte sobald die Kartoffeln schalenfest sind und die Rodebedingungen passen.
2. Ohne Kalkstickstoff – wegen den parasitären Pilzkulturen in SteriClean Soil:
- Selen in die Grunddüngung mit einbauen (75 – 100 kg CalciKorn GS + Se)
- SteriClean ausbringen, am besten als Furchenbeizung in Kombination mit einer Biobeize wie Solanova oder Rhizovital 42
- Soil Tonic 6 – 8 Wochen vor Ernte sprich Mitte bis Ende Juli je nach Sorte mit einem Aufwand von 4 – 5 l flächig ausbringen bei einer Fungizidmaßnahme (mischbar mit allen zugelassenen Produkten)
- schnelle Ernte sobald die Kartoffeln schalenfest sind und die Rodebedingungen passen.
3. Variante mit Trika Expert (neues, aber noch nicht zugelassenes Produkt):
- Selen in die Grunddüngung mit einbauen (75 – 100 kg CalciKorn GS + Se)
- Trika Expert in die Pflanzenfurche ausbringen! Aufwand liegt bei 15 kg/ha, Kosten sind noch nicht genau definiert, wahrscheinlich 80 – 100 €/ha. Achtung: Produkt wartet noch auf eine Zulassung (siehe Artikel S. 37).
- Soil Tonic 6 – 8 Wochen vor Ernte sprich Mitte bis Ende Juli je nach Sorte mit einem Aufwand von 4 – 5 l flächig ausbringen bei einer Fungizidmaßnahme (mischbar mit allen zugelassenen Produkten)
- schnelle Ernte sobald die Kartoffeln schalenfest sind und die Rodebedingungen passen.
Ursachen für schwarz-fleckige Kartoffeln
Ein weiteres Problem sind die bei der Ernte 2020 verursachten mechanischen Beschädigungen. Zudem werden nach dem Aufbereiten und Waschen viele Partien schwarzfleckig. Die Qualitätsprobleme sind zum einen mit den trocken Erntebedingungen Mitte September zu begründen. Sicherlich wurde hier viel beschädigt, aber auch zum Teil aus Angst, die Erdäpfel zu lange im Boden zu lassen und die Partien dem Drahtwurm zu überlassen. Dies allein verursachte aber nicht das Problem mit den schwarzfleckigen Kartoffeln. Dabei spielen auch folgende Punkte eine Rolle:
- Im letzten Anbaujahr gab es zum Teil eine Stickstoffnachlieferung in den Böden durch den Stickstoff der in den Jahren 2018 und 2019 aufgrund der Trockenheit von den Kulturen nicht verbraucht und aufgenommen wurde.
- Zudem waren die Kartoffeln sehr schnell in ihrem Wachstum an sich: Im Juni und Juli hatten die Knollen genug Wasser. Sie konnten aber in ihrem zügigen Wachstum teilweise nicht alle Nährstoffe so schnell aufnehmen.
- Zum anderen ist ein Ungleichgewicht aus dem Verhältnis N zu K entstanden. Der Stickstoff wurde in den Böden mobilisiert, während Kali teilweise durch die vielen Niederschläge ausgewaschen wurde. Mancherorts war das Stickstoffangebot phasenweise einfach zu hoch.
Wo also mit einer hohen N-Nachlieferung zu rechnen ist, aber auch in den Roten Gebieten, rücken Sorten wie Larissa, die auch als Low Input-Sorten bezeichnet werden, in den Fokus. Sie kommen mit 120 kg N/ha (inkl. Nmin) aus. Anbauer sollten sich die folgende Frage genau beantworten: Was helfen Erträge jenseits der 700 dt, wenn die Qualität nicht stimmt?
Unterstützend sollten Anbauer überlegen, in ihre Düngung Selen mit einzubauen, um die Zellwandstabilität zu verbessern und mechanische Beschädigungen vorzubeugen.
Vorzeitige Abreife sorgt für frühe Druckstellen
Ein weiterer qualitätsbeeinflussender Punkt war 2020, dass durch das schnelle Wachstum viele Bestände irgendwann von alleine in die Abreife gingen. Durch die guten Wachstumsbedingungen und die Wasserversorgung machten die Kartoffelpflanzen ihren Ertrag und gingen dann von alleine in die Abreife. Dadurch sind manche Partien jetzt auch pysiologisch einfach älter und man sieht früher Druckstellen in den Lägern als gewohnt.
Natürlich weiß jeder Kartoffelanbauer, dass mengenmäßig gute Erntejahre wie 2020 leider keine guten Preise zulassen. Corona hat dies leider nicht leichter gemacht, weder für den Anbauer noch für den Vermarkter. Viele alternative Märkte fallen in der aktuellen Saison einfach weg.
Dennoch rät das KCM , zuversichtlich ins neue Kartoffeljahr zu blicken und sich den Herausforderungen zu stellen. Das gilt auch für das Thema „Wegfall Mancozeb 2022“, um hier bereits heuer Versuche zu fahren und Erfahrungen zu sammeln. Und natürlich hoffen auch die Speisekartoffelanbauer um ein wenig Verständnis beim deutschen Lebensmitteleinzelhandel und den Verbrauchern. Johannes Seemeier
Tipps für die Kartoffelanbauer
Folgende Punkte sollten die Speisekartoffelanbauer für das neue Jahr beachten:
- Mengen sollten mit den Vermarktern abgesprochen werden. Freie Ware kann unter Umständen wieder schwierig zu vermarkten sein.
- Die Düngung sollte abgestimmt werden. Stickstoff eher runter und Kaligabe auch vor dem Pflanzen oder vor dem Reihenschluss planen.
- Pflanztermine nicht zu früh wählen, auch wenn die Bedingungen gut sind. Eine Moncut-Beize wirkt gegen Rhizoctonia solani nur vier Monate.
- Die Pflanzkartoffeln in einen nicht zu kalten Boden legen, gerade bei All in One-Verfahren.
- Tierische Schädlinge, vor allem der Drahtwurm, werden uns weiter Schwierigkeiten bereiten. Hier sollten Maßnahmen ergriffen werden, auch wenn sie Geld kosten.
- Nicht jeder Grenzstandort sollte für die Produktion von Speisekartoffeln in Betracht gezogen werden.
- Lagerung in Flachlägern wegen den Druckstellen nicht zu lange hinausziehen.
- Mit der Sikkation rechtzeitig beginnen, um nicht zu viele Übergrößen zu produzieren. Sortenwahl eventuell noch einmal prüfen.
Corona beeinflusst Kartoffelmarkt
Bei den Kartoffeln funktioniert coronabedingt nur der halbe Vermarktungsbereich: Chipskartoffeln gehen gut und sind gefragt, der Absatz läuft. Pommes frites dagegen leiden unter dem Lockdown, da die Gastronomie geschlossen ist und auch in vielen Kantinen die Friteusen kalt bleiben. Die Stärkefabrik in Bayern nimmt 110 % von ihren Vertragsanbauern ab und hat sehr gut gefüllte Silos.
Die Speisekartoffelverarbeiter kämpfen ebenso mit dem Lockdown. Hier läuft nur Ware Richtung Lebensmitteleinzelhandel in Endverbraucherpackungsgrößen. Auch hier fehlt der Absatz durch die Gastronomie – ob Kloßteig, Kartoffelsalat oder andere Spezialitäten.
Die Fungizide halbieren sich
Mit dem Wegfall des standardmäßigen Kontaktwirkstoffes Mancozeb im Jahr 2022 geht auch rund die Hälfte der derzeitigen Fungizide gegen Kraut- und Knollenfäule verloren. Das erschwert natürlich ein angepasstes Resistenzmanagement. Helfen könnte hier der Wirkstoff Zoxium. Er besitzt eine hohe Affinität zur Kutikula und Epidermis und wird dort in die Blattschicht eingelagert, was eine sehr schnelle Regenfestigkeit ergibt.
Zusätzlich sorgt diese Eigenschaft für eine stetige Nachlieferung von Zoxium an der Blattoberfläche. Der Wirkstoff gehört zur chemischen Gruppe der Benzamide. Er bindet sich an die Wachsschicht und bildet einen oberflächenaktiven Belag, der bereits die Keimung der Pilzsporen verhindert. Bisher sind keine Resistenzen für diesen Wirkstoff bekannt. Die Firma SumiAgro bietet mehrere Fungizide gegen Kraut- und Knollenfäule an, die Zoxium enthalten.
Zoxium wirkt auch gegen Alternaria
Leider verlieren wir durch Mancozeb auch einen starken Wirkstoff gegen Alternaria. Gerade wenn es zu einer sichtbaren Infektion im Bestand gekommen ist, war Mancozeb die einzige Möglichkeit, sporolierende Alternaria in Schach zu halten.
Auch Zoxium besitzt eine gewisse Wirkung gegen Alternaria. Den Wirkstoff hätte bei der Münchner Kartoffelrunde ein Vertreter von SumiAgro vorgestellt – und ebenso ein Produkt aus der Pipeline, das beim KCM als besonders interessant eingeschätzt wird: Trika Expert. Für die Legesaison 2021 ist eine Notfallzulassung beantragt, die reguläre Zulassung soll im 2. Quartal 2021 kommen.
Trika Expert gegen den Drahtwurm
Aber was genau ist dieses Trika Expert? Dabei handelt es sich um ein Mikrogranulat das mit einem Mikrogranulatstreuer in die Pflanzfurche beim Kartoffelpflanzen ausgebracht wird. Das Mikrogranulat enthält neben Stickstoff und 98 % wasserlöslichem Phosphat – auch das Insektizid Lambda-cyhalothrin.
Trika Expert wirkt gegen Drahtwurm, Eulenraupen und Kartoffelkäfer. Die Wirkung gegen den Drahtwurm ist das Interessante am Produkt, da den Kartoffelbauern wenig Möglichkeiten zur Verfügung stehen.
Gerade im Anbaujahr 2020 wurden sehr viele Speisekartoffelpartien wieder wegen zu hohem Drahtwurmbefall verworfen. Diese konnten dann nur noch über den Futtertrog verwertet oder in Biogasanlagen vermarktet werden.