Der April 2022 lag sowohl bei den Temperaturen als auch bei den Niederschlägen im langjährigen bayerischen Mittel. In manchen fränkischen Stationen summierten sich Regen und Schnee bis auf 100 mm oder knapp darüber. Gleiches traf auch für das westliche Schwaben zu. In weiten Teilen Oberbayerns, vor allem aber in der südlichen Oberpfalz und in Niederbayern blieb es bei 30 bis 50 mm deutlich trockener. Doch auch hier brachte das wechselhafte Wetter der ersten Maiwoche weitere Entspannung – bei weiterhin nur moderaten Temperaturen.
Mit der Feuchte steigt nun die Infektionsgefahr in den Getreidebeständen. Auch wenn es für manche Schadpilze noch zu kühl ist, sollten Ackerbauern ihre Bestände konsequent kontrollieren. Insbesondere mit Blick auf die vielen, nach wie vor sehr gesunden Weizenbestände, kann dies entscheidend dazu beitragen, zu frühe und damit unnötige Behandlungen zu vermeiden.
Abschlussbehandlung in der Wintergerste
Bei den meisten Wintergersten spitzte zu Wochenbeginn das Fahnenblatt (BBCH 37) oder war bereits vollständig geschoben (BBCH 39), spätestens bis zum Wochenende werden dort die Grannen zu sehen sein (BBCH 49). Der Zeitraum von BBCH 39 bis Beginn/Mitte Ährenschieben (BBCH 51/55) eignet sich für die Abschlussbehandlung.
Zwar zeigen sich die Mehrzahl der Gersten weiterhin sehr gesund, Befall über den Bekämpfungsschwellen trat in der Vorwoche lediglich bei acht der insgesamt 58 Monitoringschläge auf – und zwar für Rhynchosporium, Netzflecken und Zwergrost. Bei den ersten Proben vom Montag ist aber ein leichter Anstieg bei allen Krankheiten im Vergleich zur Vorwoche zu sehen.
Der Fokus der Abschlussbehandlung in der Gerste richtet sich vor allem auf die Ramularia-Sprenkelkrankheit, die auf den grünen Blättern aktuell noch gar nicht zu finden ist. Die ersten Vorboten, feine braune Sprenkelungen auf den oberen, sonnenexponierten Blattabschnitten, treten meist erst nach der Blüte auf – Regen- und Hochstrahlungsphasen im Wechsel erhöhen die Schadwirkung. Feuchte fördert den Pilz selbst, die Strahlung aktiviert einen Giftstoff, den der Pilz produziert, um das Blattgewebe abzutöten und sich so besser auszubreiten. Ohne vorbeugende Maßnahmen wie Fruchtfolge oder Saattermin sowie ohne ausreichend resistente Sorten bleibt weiterhin nur der Einsatz wirksamer Fungizide zu Kontrolle der Ramularia. Die Versuche der letzten Jahre belegen dies deutlich.
Ramularia: Welche Wirkstoffe geeignet sind
Eine abschließende Maßnahme sollte nicht länger hinausgezögert werden. Dies gilt insbesondere in den wenigen Fällen, wo heuer weitere Krankheiten nahe oder über den Bekämpfungsschwellen auftreten. Gleiches trifft auch für Bestände zu, wo in Ausnahmefällen bereits eine Erstbehandlung nötig war. Hier endet der Fungizidschutz nach etwa 14 Tagen.
Basis der Ramularia-Kontrolle sind die beiden Azol-Wirkstoffe Mefentrifluconazol (in Balaya und Revytrex) oder Prothioconazol. Eine wichtige Ergänzung bringt der Kontaktwirkstoff Folpet, der über eine Notfallzulassung der Produkte Folpan 500 SC und Amistar Max in der Gerste verfügbar ist. Etwas schwächer und unsicherer als Folpan war Schwefel in seiner Zusatzwirkung gegen Ramularia. Das belegen unsere Versuche. Dennoch könnten zum Beispiel (je ha) 4,0 l Thiopron oder 2,5 bis 4,0 kg S über sonstige Schwefelpräparate eine Alternative sein, sollte kein Folpet verfügbar sein.
SDHI-Wirkstoffe in der Mischung verbreitern die Wirkung gegen andere Krankheiten, das Strobilurin Pyraclostrobin (in Balaya, Comet und Priaxor) verbessert die Wirkung besonders bei starkem Netzfleckenbefall.
Zu (je ha) 1,5 l Folpan 500 SC oder 1,5 l Amistar Max eignen sich daher zum Beispiel 1,2 l Ascra Xpro, 1,5 l Balaya, 1,0 l Elatus Era, 1,0 l Gigant, 1,5 l Jordi oder 1,5 l Revytrex. Kostengünstiger bei etwas reduzierter Wirkung können auch 175 bis 200 g Prothioconazol zugemischt werden, zum Beispiel über 0,7 bis 0,8 l Abran, Aurelia oder Traciafin. Selbst bei späten Behandlungen auf die Ähre sollten die breitwirksamen Partner allenfalls moderat reduziert werden, nicht jedoch die Kontaktmittel.
Weizen – kaum Septoria, aber auf Gelbrost achten
Weizen entwickelt sich weiterhin nur sehr verhalten. Zu Wochenbeginn war meist, aber noch nicht überall, das Ein-Knotenstadium (BBCH 31) erreicht. Lediglich bei früherem Saattermin und in wärmeren Lagen hat sich teils auch schon der zweite Knoten um mehr als zwei Zentimeter vom ersten abgehoben (BBCH 32). Die ersten Proben vom Montag zeigen nahezu krankheitsfreie Bestände.
An nur zwei Standorten wurde erster Mehltau gefunden. Im Landkreis Bayreuth wurde bei der Sorte Patras zusätzlich auch geringfügig Septoria tritici gefunden – jedoch jeweils noch weit entfernt von den Bekämpfungsschwellen.
Bei Mehltau ist die Schwelle erreicht, sobald sechs von zehn Pflanzen erste Mehltaupusteln zeigen. Bei Septoria ist die Schwelle erreicht, wenn vier von zehn Pflanzen Befall auf F-4 aufweisen – das ist das aktuell zweite, ab BBCH 32 das dritte, voll entwickelten Blatt von oben. Septoria ist leicht mit bloßem Auge zu erkennen, nämlich an den Blattflecken mit den kleinen schwarzen Fruchtkörpern im abgestorbenen Gewebe, die gerade bei Feuchte sehr gut hervortreten. Damit lassen sich diese Symptome eindeutig von nekrotischen, teils auch rötlich-violetten, Blattflecken, -rändern und -spitzen unterscheiden – sie sind meist nur sichtbare Folgen der Frostnächte im April. Hier gilt es, genau hinzuschauen, um nicht vorschnell zu reagieren.
Die Regenfälle seit Ende April begünstigen zwar die langjährig wichtigste Krankheit im Weizen, die Septoria-Blattdürre. Das gilt zumindest dort, wo Regen und Taub die Blätter für etwa 36 Stunden befeuchteten. Das zeigt auch das Prognosemodell SEPTRI unter www.isip.de. Aber ohne ausreichenden Ausgangsbefall auf den alten Blättern, kann sich auch keine rasche Epidemie aufbauen.
Hier muss sich neuer Befall, teils auch über andere Sporenformen des Erregers von Ernterückständen oder weiter entfernten Beständen neu aufbauen. Bei einer Generationsdauer von gut drei Wochen bei den aktuellen Temperaturen wäre allenfalls noch mit Spätbefall zu rechnen. Das deutet sich heuer wohl für eine große Zahl von Weizenbeständen an. Ausnahmen könnten allerdings früh, bis Anfang Oktober, gesäte Bestände sein.
Deutlich rascher kann sich Befall bei Mehltau und Rostpilzen aufbauen, die über gut flugfähige Sporen auch von weit entfernten, befallenen Beständen eingetragen werden können. Ohne die kalten Nächte steigt das Mehltaurisiko etwa für Güllebetriebe sowie bei Anbau von anfälligeren Sorten wie Elixer oder Kerubino.
Auf Gelbrost, für Braunrost ist es noch zu kalt, sollten Ackerbauern unabhängig von der Sorte achten, weil mit neuen Pilzrassen manch frühere Bewertung überholt sein kann. So wird etwa aus anderen Regionen Deutschlands erster Befall bei der Sorte RGT Reform gemeldet, vereinzelt auch bei Asory oder Campesino. Unter den ersten Weizenproben aus Bayern trat dagegen bislang noch kein Gelbrost auf.
Welche Wirkstoffe für Weizen und Triticale?
Aus Mittelfranken wurde in Triticale ein Befall bei der Sorte Lombardo gemeldet. Kontrollieren Sie Weizen wie Triticale weiter aufmerksam. Rein vorsorgliche Behandlung sind nicht nötig. Mit kurativ wirksamen und kostengünstigen Tebuconazol-Produkten wie Ampera, Fezan, Folicur, Tebucur 250 EW oder Orius lässt sich erster Gelbrost sehr effektiv stoppen. Tritt zugleich stärker Mehltau mit auf, sind Kantik oder Pronto Plus in der frühen Schossphase erste Wahl. Nicht alle Mittel sind auch in Triticale zugelassen. In der Mehrzahl der Weizenbestände genügen derzeit Kontrollen.
Ab der kommenden Woche liegen auch die ersten Halmbruch-Färbetests aus den Labors vor. Zusammen mit den Daten des Prognosemodells SIMCERC unter www.isip.de erlauben sie die Einschätzung des Halmbruchrisikos in diesem Jahr.