Traktoren verursachen in vielen Betrieben den größten Teil der Maschinenfixkosten und sollten daher auch möglichst häufig und vielseitig eingesetzt werden können. Hohe Auslastungen sind aber nur dann möglich, wenn Traktoren technisch so flexibel sind, dass sie für möglichst alle Anwendungen eines Betriebs verwendet werden können. Genau das war das Ziel von Lindner bei der Entwicklung der Vierradlenkung für den Lintrac: die Leistung eines Standardtraktors mit der Hangtauglichkeit eines Zweiachsmähers und der Wendigkeit eines Hoftrac oder Radladers zu kombinieren.

Die Innovation Farm hat untersucht, welcher Nutzen sich daraus ergibt. Die Hinterachse des Lintrac kann um bis zu 20° mitgelenkt werden. Ob und wie sie das tut, hängt davon ab, welcher der vier möglichen Fahrmodi gewählt wird:
- Automatisches, zur Vorderachse gegenläufiges Einschlagen reduziert im Programm „Vierradlenkung“ den Wendekreis beim Lintrac 130 von rund 9 bis 10 m auf ca. 7 bis 8,5 m, abhängig von der Bereifung. Bei einer Fahrgeschwindigkeit von mehr als 20 km/h kommt es zu einer automatischen Reduzierung des Lenkeinschlags der Hinterachse. Ab 30 km/h ist die Hinterachslenkung gesperrt, um eine sichere und stabile Fahrt zu gewährleisten.
- Im „Mähmodus“ lenkt die Hinterachse erst ab 15° Lenkwinkel der Vorderachse mit, um eine spurtreue Geradeausfahrt zu erleichtern und ein sauberes Arbeitsbild zu garantieren. Somit ist die gewohnte Fahrstrategie nicht zu ändern und man wird trotzdem bei engen Wendevorgängen am Vorgewende unterstützt.
- Im „Hundegangmodus“ lenken die Hinterräder gleichläufig mit den Vorderrädern, somit wird der Boden nur einmal pro Spur überfahren. Vorteilhaft soll das vor allem bei schwierigen Bodenverhältnissen am Hang sein.
- Die manuelle Einstellung der Hinterachse kann besonders bei Arbeiten am Hang von Vorteil sein. Mit dem Einschlag der Hinterräder lässt sich die durch die Hangabdrift der Hinterachse entstehende Schrägstellung der Hinterräder kompensieren. Das verringert das Risiko für Grasnarbenschäden.
Lindner Traktoren: Was bringt eine Vierradlenkung?
Die Lenkung der Hinterachse kann auch manuell gesperrt und der Lintrac wie ein herkömmlicher Traktor mit Vorderachslenkung eingesetzt werden.
Die Vermessung des Wendekreises bei einem Lintrac 130 mit Standardlenkung und der größtmöglichen Bereifung von 480/65 R24 vorne und 600/65 R34 hinten ergab einen Wert von 9,9 m. Mit Vierradlenkung konnte der Wendekreisdurchmesser auf 8,4 m reduziert werden. Dieser kleinere Wendekreis reduziert den zurückgelegten Weg bei einer 180°-Wende um 2,2 m. Bei 4 km/h Fahrgeschwindigkeit bedeutet das eine theoretische Zeiteinsparung pro Wendevorgang von 2 Sekunden.
Kürzere Wendezeit
Bei den praktischen Versuchen, dem Mähen der Grünlandflächen, wurde mit der Vierradlenkung die Wendezeit von 21 auf 18 Sekunden, also um 3 Sekunden beziehungsweise 15 %, verkürzt. Hierbei ist aber zu berücksichtigen, dass mit der Vierradlenkung mit der gleichen Fahrgeschwindigkeit gewendet wurde wie mit der Standardlenkung, um eine bessere Vergleichbarkeit der beiden Varianten zu haben. Es ist davon auszugehen, dass unter günstigen Bedingungen beim Wenden mit der Vierradlenkung geringfügig höhere Geschwindigkeiten möglich sind. Hinzu kommt, dass die Wendevorgänge in beiden Varianten bei optimalen Flächenbedingungen durchgeführt wurden. Bei engen, unförmigen und steilen Flächen ist davon auszugehen, dass durch die Vierradlenkung noch mehr Zeit gespart werden kann.
Unter der Annahme von 6 m Arbeitsbreite einer Front-Heck-Kombination ergeben sich, je nach Form der Fläche, 16 Wendevorgänge pro Hektar. Ein durchschnittlicher österreichischer Grünlandbetrieb mit 20 ha Grünland spart demnach mit der Vierradlenkung rund 15 Minuten pro Schnitt. Bei einer Flächenleistung von 4 ha/h ist daher eine Steigerung um gut 6 % auf 4,25 ha/h möglich. Eine Effizienzsteigerung in diesem Ausmaß nur durch den Einsatz einer einzelnen Maßnahme ist bei dem heutigen Stand der Technik sehr beachtlich. Neben der Zeiteinsparung senkt das auch den Dieselverbrauch und damit den CO2-Ausstoß um 6 %.
Schmäleres Vorgewende
Ähnlich deutlich waren auch die Unterschiede bei der Breite des Vorgewendes. Im Mähmodus konnte diese durchschnittlich um 4 m verringert werden.
Durch den deutlich geringeren Weg am Vorgewende ließen sich schnellere Wendevorgänge durchführen. Gemessen wurden die Vorgewendebreiten bei der Fahrstrategie Spur-an-Spur-Fahrt, um repräsentative und vergleichbare Daten in beiden Varianten zu erhalten.
Schonung der Grasnarbe

Grasnarben zu schonen ist das A und O in der Grünlandbewirtschaftung, um Futterverschmutzung beziehungsweise das Auftreten von offenem Boden zu vermeiden.
Dieser offene Boden bietet dem stumpfblättrigen Ampfer guten Nährboden. Um den Ampfer zu unterdrücken, ist es wichtig, die Dichte und Unversehrtheit der Grünland- und Feldfutterbestände zu gewährleisten.
Zur Messung der Grasnarbenbeschädigungen wurden bei den Versuchsvarianten mit und ohne Vierradlenkung im Durchschnitt rund 150 Aufnahmen erstellt und die Bilder digital ausgewertet. Dabei konnten bei den Wendevorgängen annähernd die gleichen Grasnarbenbeschädigungen detektiert werden.
Bei der Interpretation der Ergebnisse ist allerdings zu berücksichtigen, dass sie eine Beurteilung der Grasnarbe in den jeweiligen Spuren beim Wenden sind. Wenn beim Wenden mit Standardlenkung aufgrund der schlechteren Wendigkeit zusätzliches Reversieren notwendig ist und dadurch zusätzliche Spuren entstehen, ist davon auszugehen, dass in diesen Fällen die Grasnarbenbeschädigung deutlich über derjenigen der Vierradlenkung liegt.
Die potenzielle Stärke kann die Vierradlenkung im Hundegangmodus oder durch die manuelle Einstellung des Lenkeinschlages bei Schichtenlinienfahrt im Hang ausspielen. Dabei wird die Grasnarbe geschont, da der Boden nur einmal pro Spur überfahren wird und die Schrägstellung der Hinterachse kompensiert werden kann.
Frontladerarbeiten
Die durch die Vierradlenkung erhöhte Wendigkeit ist bei Frontladerarbeiten und engen Hofverhältnissen besonders vorteilhaft. Nochmaliges Zurückfahren ist deutlich seltener notwendig und gezieltes Fahren wesentlich einfacher. Gerade an langen Arbeitstagen führt das zu einer spürbaren Fahrerentlastung. Durch die Einstellung der Lenkübersetzung im Smart-Menü können Lenkbewegungen gespart werden.
Befragung der Fahrer
Im Anschluss an die Versuche haben die Fahrer die Vierradlenkung anhand eines Fragebogens bewertet. Aus der subjektiven Wahrnehmung der Fahrer zeigt sich, dass der größte Nutzen bei Frontladerarbeiten gesehen wird. Positiv bewertet werden aber auch die höhere Effizienz, ein Mehrwert bei der Grünlandbewirtschaftung und dass die Arbeit mit der Vierradlenkung Spaß macht.