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Wettbewerb

Mit Künstlicher Intelligenz weniger Chemie

R-Vivent-Sensor-Detail
Helmut Süß
Helmut Süß
am Montag, 13.06.2022 - 09:38

Ein Europaweiter Wettbewerb zeichnet Startups mit Preisen aus. Drei Finalisten standen bereits fest. Jetzt gibt es den Gewinner.

Der Green Deal der EU legt fest, dass die Landwirtschaft nachhaltiger werden soll und die Digitalisierung dabei ein wichtiger Baustein ist. Auch wenn zahlreiche Innovationen in den Startlöchern stehen, so ist die Kernfrage, welchen praktischen Nutzen sie für die Landwirte bieten, damit diese sie auch einsetzen. Dabei ist es zentral, dass die Potenziale digitaler Technologien für weniger chemisch-synthetischen Pflanzenschutz ausgeschöpft und vor allem auf dem Feld weiterentwickelt werden. Die enge Zusammenarbeit zwischen Theorie und Praxis ist hier also entscheidend. Nur so können die Ziele des Green Deal im Bereich Landwirtschaft auch zeitnah erreicht werden.

Wettbewerb sucht innovativen Lösungen

R-Dahlia

Die von den Projektleiterinnen Marie Ammann (EIT Food) und Olivia Spykman (LfL) betreute Jury musste entscheiden, welches Team die innovativste Lösung und somit auch den größten Nutzen für die Landwirte mitbringt, unter Angesicht der Rahmenbedingungen des EU Green Deal.

Die Entscheidung der Jury fiel nach langer und intensiver Beratung am späten Abend nach dem LfL-Hacktag bei der Abschlussveranstaltung in der Halle 1 im Technopark Ruhstorf zum europaweiten Startup-Wettbewerb „Digitale Landwirtschaft für nachhaltige Ernährungssysteme – eine EIT Food, LfL und Siemens Challenge“.

„Wir haben es uns nicht leicht gemacht, denn die drei Finalisten bieten allesamt hervorragende und innovative Lösungen zur Reduzierung von Pestiziden auf dem Feld. Aber Vivent hat einen einzigartigen Innovationsgrad präsentiert, mit dem wir über Sensoren nun die Pflanzen direkt verstehen können“, erklärte Christina Toigo, Gründerin von Christina Toigo Consulting für die siebenköpfige Jury aus Expertinnen und Experten der Landwirtschaft. Und ihr Jury-Kollege Thomas Murr, Gründer von geo-konzept, ergänzte: „Wir können so auf dem Feld viel schneller und auch effizienter reagieren, also in der Folge viele Pestizide deutlich verringern!“

Drei Teams in der Finalisten-Runde

Drei Teams konnten als Finalisten ab Februar dieses Jahres an der knapp viermonatige Pilotphase im Siemens Technopark Ruhstorf teilnehmen. Die Finalisten waren Dahlia aus Bayern, Vivent aus der Schweiz und PAAWR aus der Ukraine. Sie reisten allesamt nach Ruhstorf an, um hier weiter zu forschen. Den Gründern standen für diese Zeit kostenlose Arbeitsplätze zur Verfügung. Zudem stellte die LfL Testflächen und EIT Food, als Europas größtes Innovation-Hub, ermöglichte den Zugang zu Agritech-Experten aus Industrie und Forschung in Deutschland und darüber hinaus. Hier eine Kurzbeschreibung der drei Finalisten mit dem Gewinner Vivent:

  • PAAWR (Ukraine): PAAWR bietet eine autonome Innovation auf der Grundlage Künstlicher Intelligenz. Mithilfe von Ultraschallwellen reguliert das Werkzeug des Forschungsprojekts Unkräuter in einem frühen Stadium ihres Wachstums. Dadurch soll der Einsatz von Herbiziden signifikant reduziert werden. Langfristig soll so ein an Traktoren und Robotern montierbares Gerät entwickelt werden, mit dem bestehende Fahrzeuge bedarfsweise nachgerüstet werden können (www.paawr.com).
  • Dahlia Robotics (Deutschland): Dahlia Robotics entwickelt einen Roboter zur mechanischen Unkrautregulierung. Mit dieser Lösung können Landwirte den Einsatz von Herbiziden reduzieren, ohne für teure und zeitaufwendige manuelle Arbeit bezahlen zu müssen. Der Roboter nutzt dabei eine kamerabasierte Künstliche Intelligenz, um die Werkzeuge präzise und schnell zu führen, ohne die Kulturpflanze zu beschädigen. Die solarbetriebene Robotik ermöglicht es den Landwirten, ihren ökologischen Fußabdruck zu verringern (www.dahliarobotics.com).
  • Vivent (Schweiz): Vivent unterstützt Landwirte dabei, Einblicke in die Art und Weise zu gewinnen, wie Pflanzen ihren „Gesundheitszustand“ mitteilen und wie sie auf Veränderungen von Umweltbedingungen oder auf Schädlings- und Krankheitsbefall reagieren. Die Sensoren erfassen von den Pflanzen ausgesandte elektrische Signale, um ihre Reaktionen auf Veränderungen in der Umwelt schnell zu erkennen. Die Produkte von Vivent sollen den Landwirten helfen, die Anbaubedingungen zu optimieren, um den Aufwand an Betriebsmitteln zu verringern (www.vivent.ch).

Gewinner: Schweizer Startup Vivent

Vor rund 100 Gästen bekam das Schweizer Startup einen überdimensionalen Scheck über 10 000 € überreicht. Sie hatten zuvor noch mal direkt auf der Bühne mit ihren Sensoren vorgeführt, wie Pflanzen zum Beispiel bei Berührungen reagieren.

Das Startup Vivent erhöht mit seiner Lösung die Gewinnspannen der Landwirte und verbessert die Produktqualität und die Sicherheit der Ernte, indem es Informationen zur Optimierung der Anbaubedingungen anhand von Echtzeit-Messungen der Vitalität der Pflanzen liefert. Die Technologie zur Diagnose der Pflanzengesundheit nutzt dabei künstliche Intelligenz, um interne Pflanzensignale zu entschlüsseln, und liefert Erkenntnisse über die Pflanzengesundheit und diagnostiziert Krankheitserreger und Schädlinge, einschließlich des Wurzelzustands, lange bevor sichtbare Symptome auftreten.

Das in Genf ansässige Unternehmen ist weltweit führend auf dem Gebiet der Pflanzenelektrophysiologie und verfügt eigenen Angaben zufolge über die weltweit größte Datenbank elektrophysiologischer Pflanzendaten und Algorithmen für die Frühdiagnose von Bodenschädlingen, saugenden und beißenden Insekten auf Blättern, Pilz- und Bakterieninfektionen, Trockenstress und Nährstoffmangel.

Das Startup-Unternehmen Vivent will auch nach der Challenge-Entscheidung seinen Trockenstressversuch und weitere Messungen an diversen Ackerbaukulturen in Ruhstorf an der Rott fortführen.

Damit entwickelt sich Niederbayern und hier vor allem das Rottal – mit dem Standort Siemens Technopark Ruhstorf, der unmittelbaren Nachbarschaft und den Möglichkeiten der Testfelder der LfL sowie dem europaweiten Netzwerk von EIT Food – immer weiter zu einem zentralen Standort für die digitale Landwirtschaft, an dem Anwender und Unternehmer, Forscher und Industriepartner erfolgreich zusammenkommen.

So konnte bei der europaweiten Challenge mit der direkten Anwendung der Lösungen auf dem Feld und der Vernetzung mit den künftigen Anwender nicht nur der künftige Kundennutzen klar herausgearbeitet, sondern auch ein schneller Markteintritt umfassend vorbereitet werden.

Der Startup-Wettbewerb

Im Oktober 2021 startete der europaweite Startup-Wettbewerb „Digitale Landwirtschaft für nachhaltige Ernährungssysteme – eine EIT Food, LfL und Siemens Challenge“. Nach einer Scoutingphase konnte eine zehnköpfige Jury aus 29 Bewerbungen von Startups und jungen Unternehmen aus der Agrarwirtschaft auswählen. Teams aus ganz Europa, von Spanien über Deutschland und Dänemark bis in die Ukraine, davon mehrheitlich Agrar-Startups mit teils weit fortgeschrittenen Forschungsprojekten waren angetreten, um ihre Lösung für die Herausforderung vorzustellen, vor der Landwirte und Landwirtinnen stehen: Die Reduktion der Verwendung von Mineraldünger und chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmitteln in der Pflanzenproduktion. Die Lösungen reichen von Feldrobotern über Mikrowellentechnologie zur Unkrautregulation, Sensoren zur Erfassung und Analyse elektrischer Pflanzensignale, Equipment-Carrier, IoT-Lösungen und digitalen Plattformen bis zur Verwendung von Satellitendaten.

Wer und was ist Vivent?

Das Startup Vivent erhöht mit seiner Lösung die Gewinnspannen der Landwirte und verbessert die Produktqualität und die Sicherheit der Ernte, indem es Informationen zur Optimierung der Anbaubedingungen anhand von Echtzeit-Messungen der Vitalität der Pflanzen liefert.

Die Technologie zur Diagnose der Pflanzengesundheit nutzt dabei künstliche Intelligenz, um interne Pflanzensignale zu entschlüsseln, und liefert Erkenntnisse über die Pflanzengesundheit und diagnostiziert Krankheitserreger und Schädlinge, einschließlich des Wurzelzustands, lange bevor sichtbare Symptome auftreten.

Das in Genf ansässige Unternehmen ist weltweit führend auf dem Gebiet der Pflanzenelektrophysiologie und verfügt eigenen Angaben zufolge über die weltweit größte Datenbank elektrophysiologischer Pflanzendaten und Algorithmen für die Frühdiagnose von Bodenschädlingen, saugenden und beißenden Insekten auf Blättern, Pilz- und Bakterieninfektionen, Trockenstress und Nährstoffmangel.