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Maschinenring

Aushilfe in schwierigen Lagen

Veronika Fick-Haas für KBM e.V., Neuburg
am Mittwoch, 19.02.2020 - 09:13

Dorfhelferinnen und Betriebshelfer sind gefragte Leute auf bayerischen Höfen.

Kühnast

Seit 29 Jahren ist Ulrich Stimmer hauptberuflicher Betriebshelfer, Ann-Katrin Kühnast seit sechs Jahren Dorfhelferin. Beide verbindet die Leidenschaft, Menschen in schwierigen Situationen beizustehen und im Betrieb und Haushalt tatkräftig anzupacken – und sie haben beide die nötige Aus- und Fortbildung für ihren anspruchsvollen Beruf.

„Ich bringe mein landwirtschaftliches Können ein. Durch Fortbildungen habe ich zudem gelernt, mit schwierigen Situationen wie Erkrankungen, Unfällen oder Todesfällen gut zurecht zu kommen“, erzählt Stimmer. Einfühlungsvermögen hat er wohl schon als junger Mann ausgestrahlt, als ihn ein Lehrer an der Höheren Landbauschule in Rottalmünster darin bestätigte, als Betriebshelfer tätig zu werden.

Kühnast stammt nicht von einem Hof. „Im Grunde bin ich ein Stadtkind. Und eigentlich wollte ich nach der Hauswirtschafts­ausbildung Familienpflegerin werden“, sagt die 31-Jährige. Doch das Tätigkeitsspektrum einer Dorfhelferin sei durch die Mitarbeit im Stall, beim Melken und beim Betreuen von Tieren breiter – und das habe sie gereizt. Heute ist sie glücklich über ihre Entscheidung und ihren Beruf.

Hohe Wertschätzung für die geleistete Arbeit

Die meisten Familien schätzen die Hilfe. „Wenn man in teils drastischen Umständen zusammen gearbeitet, miteinander geredet und ihnen zugehört hat, dann vergessen das die Leute nicht“, so die Erfahrung von Stimmer. Und so freut er sich, wenn ehemalige Einsatzfamilien noch nach Jahren anerkennend auf ihn zugehen oder zu Weihnachten Glückwünsche schicken. Kühnast hat sich ein ‚Einsatzbuch‘ angelegt, in dem ‚ihre‘ Bäuerinnen, Bauern oder Kinder die Eindrücke niederschreiben. „Zu lesen, wie dankbar die Menschen über meine Arbeit sind, das tut einfach gut. Wer hat denn in seinem Job schon so ein Feedback“, fragt sie.

Die Umstände, bei denen Helfer auf den Hof kommen, sind unterschiedlich – genauso wie die Dauer der Einsätze. Das können zur Überbrückung mal drei Tage sein, bei schweren Unfällen oder gar Todesfällen bis zu vier Monaten, in Ausnahmefällen noch länger. Manchmal hat sich der Bauer oder die Bäuerin die Hand gebrochen oder der Arzt verordnete einen mehrwöchigen Kuraufenthalt. Und natürlich gibt es die Einsätze im Mutterschutz.

Unterstützer in schwierigen Zeiten

Die Aufgaben, die für die Aufrechterhaltung des Betriebes oder im Haushalt nötig sind, werden vom Sozialversicherungsträger klar bestimmt. „Wir kommunizieren dies intensiv. Schließlich darf die Sozialleistung nicht ausgenutzt werden. Helfer sind keine Leibeigenen, sondern Unterstützer in schwierigen Zeiten“, machen Johann Huber und Erika Unterstraßer klar. Die beiden Mitarbeiter des MR Altötting-Mühldorf vermitteln die Betriebshilfeeinsätze. Nicht immer ist es einfach, die oft sehr kurzfristigen Anfragen zu bedienen und die Einsätze zu koordinieren. Bei der Auswahl, welcher Helfer zu welchem Betrieb passt, bedarf es Feingefühl – ebenso bei Fragen oder Problemen während der Einsätze.

Dorfhelferinnen und Betriebshelfer müssen sich schnell in neuen Situationen zurechtfinden, eigenständig arbeiten und sozial verantwortungsvolle Aufgaben übernehmen. Gleichfalls müssen sie fachlich überzeugen und entsprechend ausgebildet sein.
Die Katholische Dorfhelferinnen&Betriebshelfer in Bayern GmbH (KDBH) sowie die Ländlicher Betriebs- und Haushaltsdienst GmbH (LBHD) stellen hauptberufliche Kräfte ein. Daneben ergänzen selbstständige Helfer, die sich im Berufsverband sozialer Fachkräfte im ländlichen Raum Bayern zusammengeschlossen haben, das Angebot seitens der nebenberuflichen MR-Helfer.

Manche Maschinenringe stellen selbst Betriebshelfer an. Darüber hinaus bietet auch der Evangelische Betriebshelferdienst in Bayern, Hesselberg, Anstellungen an. Die Organisationen, Institutionen und Träger für soziale Dorf-, Betriebs- und Familienhilfe im ländlichen Raum agieren unter der Marke „Ländlicher Dienst Bayern”. Berufliche Möglichkeiten für ausgebildete Kräfte gibt es also viele.

Gute Berufsaussichten, stetige Fortbildungen

Stimmer

„Dorfhelferinnen haben ausgezeichnete Aussichten auf eine Anstellung“, bestätigt Stefan Kürschner, KDBH-Geschäftsführer. Er versteht den Beruf vor allem als Berufung für Leute, die gerne direkt am Menschen sind. Ebenso schaut es für Betriebshelfer gut aus, einen Job zu bekommen. „Wir suchen nach Kräften“, schließt sich deshalb Jakob Pichlmeier, LBHD-Geschäftsführer an. Das Tochterunternehmen der bayerischen Maschinenringe und des Bayerischen Bauernverbandes ist Arbeitgeber von derzeit 208 Personen. Die Maschinenringe als Einsatzstellen werben darüber hinaus für nebenberufliche Kräfte, die im Rahmen der Nachbarschaftshilfe sich ein Zusatzeinkommen zum eigenen Hof verdienen können.

„Wir benötigen alle, um die Einsätze abdecken zu können“, sagt Peter Falter, der Geschäftsführer des MR Altötting-Mühldorf. Er und sein Team sind froh, im Ring auf sechs Dorfhelferinnen, fünf hauptberufliche Betriebshelfer, eine Betriebshelferin sowie auf den Stamm der nebenberuflichen Kräfte zugreifen zu können. Insgesamt stehen gut hundert Personen regelmäßig zur Verfügung. „In diesem Winter konnten wir 80 Familien in der sozialen Betriebshilfe beistehen“, so Falter. Mehr ginge allerdings auch nicht mehr.

Ulrich Stimmer aus Obertaufkirchen war in seinen 29 Dienstjahren schon auf 199 Höfen. „Man muss sich auf den Betrieb und auf die Leute einlassen können und ihnen in vielerlei Hinsicht die Last des Alltags abnehmen“, bemerkt er. Die Gefahr des Burnouts sei – wie in allen sozialen Berufen – für Helfer durchaus gegeben. Vorbeugend seien da die kontrollierten Arbeitszeiten mit Urlaub und die gemeinsamen Fortbildungen der Organisationen. Ann-Katrin Kühnast lobt die vom Arbeitgeber verpflichtenden Seminartage. „Das Programm ist bunt – von land- oder hauswirtschaftlichen Themen bis hin zur Persönlichkeitsbildung. Und außerdem trifft man andere Helfer. Das bestärkt einen in der Arbeit“, meint sie abschließend.