Wir haben spannende Zeiten, in denen wir mithilfe der Treibhausgas-Minderungsquote (kurz THG-Quote) in der Verkehrswende vorankommen, fand Johan Grope, einer der Referenten des Vortragsblocks „Biomethan und Kraftstoff“ der Biogas Convention. In vier Präsentationen wurden die Zukunftschancen sowie die technischen und wirtschaftlichen Konzepte, um Biogas in die Fahrzeugtanks zu bekommen, beleuchtet. Eine ganz wesentliche Frage dabei: Sind die Perspektiven für bestehende Biogasanlagen lohnend genug, um sie auf Biomethanproduktion umzurüsten und in den Kraftstoffsektor zu gehen?
„CNG ist der vielversprechendste Weg für Biomethan“, sagte Dr. Frank Scholwin vom Institut für Biogas, Kreislaufwirtschaft und Energie (IBKE) aus Weimar. CNG ist das Branchen-Kurzwort für „compressed natural gas“, also komprimierten Gaskraftstoff. „Wer die ganze Kette in die Hand nimmt, kann die größte Biogas-Wertschöpfung erreichen.
Der Zeitpunkt ist günstig. Wir haben einen bis 2030 sicheren Rechtsrahmen“, meinte der IBKE-Geschäftsführer. Das gelte aber nur für Biogas aus Gülle bzw. Reststoffen. Für Biogas aus nachwachsenden Rohstoffen sei der Kraftstoffsektor keine gute Option. Laut Scholwin sprechen viele Gründe für Biomethan-Gaskraftstoff (Bio-CNG): Er sei ein regionaler, umweltfreundlicher Kraftstoff, der bei Transporten erhebliche CO2-Einsparungen ermögliche. Förderanreize, wie die problemlose Einfahrt in Umwelt- und Dieselsperrzonen und die Befreiung von der Lkw-Maut machten ihn zudem attraktiv.
Viele Vorteile von Biomethan als Treibstoff
Was zu wenig betont werde: Bio-CNG senke die Treibstoffkosten um 25 bis 50 %, auch wenn die an den Tankstellen ausgezeichneten Preise wegen des unterschiedlichen Energiegehalts oft schlecht vergleichbar seien: „Für 400 Kilometer bezahl ich an der Tankstelle 20 Euro. Das schaffen sie mit Benzin oder Diesel nicht.“
In einem Überblick stellte er sechs verschiedene Nutzungskonzepte vom Rohbiogas bis zur Tankstelle vor: Diese unterschieden sich im Standort der Tankstelle: Soll diese an der Biogasanlage, bei einem Kunden oder an einem gut frequentierten Standort für die öffentliche Betankung stehen? Ein weiterer, eigentlich üblicher Weg sei, das Biomethan an einen Händler zu verkaufen, der es an Tankstellenbetreiber weiter vermarktet (bilanzieller Kraftstoff).
Für die meisten Konzepte ist eine Einspeisung des Biomethans ins Gasnetz erforderlich. Ein Inselbetrieb, also Biogas zu Biomethan aufbereiten und es direkt am Standort in einer Tankstelle anzubieten, bringe große Herausforderungen. Scholwin: „Sie brauchen noch ein BHKW, sonst geht das Biomethan nur weg, wenn jemand zum Tanken kommt.“ Außerdem sei der Wärmebedarf der Biogasproduktion zu beachten.
Flüssig-Biogas für Lkw, Bus und Traktor

In jüngster Zeit komme noch eine Variante hinzu: Die Verflüssigung des Biomethans, sodass es mit hoher Energiedichte transportiert und als LNG-Kraftstoff für Lkw und Busse eingesetzt werden könne.
Dieser Bereich wachse stark: Innerhalb weniger Jahre sind in Deutschland mittlerweile 142 LNG-Tankstellen gebaut worden, an denen der Kraftstoff dann als Bio-LNG mit hoher THG-Vermeidung verkauft werden könne. Scholwin überschlägt für eine Bio-LNG-Anlage, bestehend aus Biomethan-Aufbereitung und -Verflüssigung Investitionskosten von 4 bis 6 Mio. €.
Er verwies auf die erste Bio-LNG-Kompaktanlage Deutschlands, die vor kurzem in Darchau bei Lüneburg eröffnet worden sei. Sie produziert täglich bis zu 3 t Bio-LNG aus Mist und Gülle. Laut Betreiber soll das Verflüssigungsmodul für die durchschnittliche Biogasanlagen-Größe von 500 kWel geeignet sein.
„Wir begleiten derzeit elf Anlagen, die von der Stromerzeugung in die Biomethaneinspeisung gehen“, sagte Scholwin. Das IBKE berate bei allen dabei auftauchenden Fragen. Er berichtete von einer Biomethan-Tankstelle nahe Weimar, die im März 2023 direkt an einer Biogasanlage in Betrieb gehen soll. In einer kleinen Biogasaufbereitung verarbeitet sie 50 m³ Rohbiogas. Der Agrarbetrieb wolle CNG-Traktoren betreiben. Weil die Biogasanlage direkt an einer Bundesstraße liege, soll die Tankstelle öffentlich betrieben werden. Die Gesamtanlage sei zuerst ohne Netzeinspeisung geplant worden, weil der Anschlusspunkt weit entfernt sei. Nun würden aber die hohen Kosten in Kauf genommen: „Wenn der Absatz nicht zu 100 Prozent gesichert ist, ist die Gaseinspeisung die bessere Wahl.“ Der Biomethan-Experte ist überzeugt, dass das Projekt wirtschaftlich erfolgreich sein wird.
Für derartige Kleinanlagen mit 50 bis 100 Nm³ Rohbiogas-Kapazität steckte Scholwin einen groben Rahmen zum Erreichen der Wirtschaftlichkeit ab: Mindestens 7 t Kraftstoff pro Monat müssten von Kunden abgenommen werden. Dafür sei die Betankung von täglich ein bis zwei Großfahrzeugen, also Lkw, Busse, Traktoren oder circa 20 Pkw erforderlich. Ein Tankstellenverkaufspreis von 1,19 €/kg sollte erzielt werden, was etwa 6 Ct/kWhHS entspreche. Zudem sollten mit der THG-Quote 13 Ct/kWhHS erlöst werden: „Das ist sehr individuell, hängt von den Einsatzstoffen ab, ist aber mit Biogas aus Gülle gut möglich.“ Die Absatzmenge des Kraftstoffs, den Rohbiogas-Preis und die THG-Quote sind die wichtigste Einflussgrößen für die Wirtschaftlichkeit.
In das Mysterium THG-Quote, das der Biogasbranche nun so vielversprechende, neue Chancen bieten soll, brachte dann Johan Grope von der eQuota GmbH Licht.
Steigende Quote, neue Chancen
Die Quote gibt es in Deutschland seit 2015.Von 8 % in 2023 wird sie bis auf 25 % im Jahr 2030 angehoben. „Die Biomethan-Mengen in der THG-Quote waren von 2015 bis 2019 mit 300 bis 400 Gigawattstunden pro Jahr relativ stabil. Dann folgte ein starker Anstieg. 2021 waren es fast 1000 GWh und auch für 2022 wird wieder eine Steigerung erwartet“, ließ Grope einblicken. Die Erfüllung der THG-Quote und der Quotenhandel seien früher Sache eines relativ begrenzten Kreises an Marktakteuren gewesen: einerseits 120 Mineralöl-Unternehmen als Quotenverpflichtete, andererseits die Biodiesel- und Ethanolindustrie als Quotenverkäufer.
Durch das Aufkommen der Gas- und Elektromobilität sowie die neue Rechtslage seit Anfang 2022 ist die Situation nun grundlegend anders. Grope: „Eine Vielzahl von Akteuren ist angesprochen, die Unterstützung brauchen, damit der Markt der THG-Quote für alle zugänglich ist.“ Auch in der E-Mobilität könnten nun Lade-Betreiber und auch private Halter von E-Autos die THG-Quote zu Geld machen. Unterstützung wolle sein Start-up eQuota als „digitaler Dienstleister für die Verkehrswende“ leisten. Damit Biomethan-Mengen für den Quotenhandel anerkannt würden, sei ein Nachhaltigkeits-Zertifikat mit THG-Bilanz verpflichtend.
Die Neuerungen für Biomethan würden laut Grope Biomethan aus Reststoffen begünstigen: Für Biomethan aus Gülle und Mist wirke sich positiv aus, dass jetzt vermiedene Methanemissionen aus der Güllelagerung berücksichtigt werden, sodass sich mit geschlossenen Gärdüngerlagern sogar negative CO2-Emissionen ergeben. Die Anhebung der Pönale – also der Strafe auf Nichterfüllung der Quote – sei auf 600 €/t CO2 angehoben worden, was sich allgemein nachfragefördernd und damit preissteigernd auswirke. Außerdem sei jetzt der Anteil von Biokraftstoffen aus Energiepflanzen auf 4,4 % gedeckelt.