Wir haben eine schwere Energiekrise. Strom und Gas sind extrem knapp und teuer. Doch fertige Photovoltaik-Anlagen dürfen nicht ans Netz. Wochenlang und monatelang sind die Anlagen bei schönsten Sonnschein nicht in Betrieb. Sie dürfen also auch keinen Strom für den stolzen Besitzer erzeugen, der dann erhebliche Mengen Strom aus dem Netz einsparen könnten – und außerdem jede Menge Geld und auch noch CO2.
Absurd? Ja, aber es geschieht immer häufiger wie ein Bericht der Stuttgarter Zeitung und auch der Bundesverbands Solarwirtschaft bestätigen.
Auch der Autor dieses Textes hat gerade etwas ähnliches erlebt. Und offenbar gibt es diese Probleme nicht nur mit so genannten Kleinanlagen unter 10 KWp Leistung, sondern auch mit neuen gewerblichen Großanlagen, wie ein Bericht des Bundesverbands der Solarwirtschaft vom vorigen Herbst zeigt. Dort dauern die Wartezeiten bis zum Netzanschluss bis zu ein Jahr.
Netzbetreiber sind überfordert – Wird kein Strom gebraucht?
Wer sich für eine PV-Anlage aufs Dach bauen lässt, arbeitet in der Regel mit einem spezialisierten Unternehmen zusammen, dass die Installation von der Planung, bis hin zur Inbetriebnahme betreut und begleitet. In meinem Fall hat das sehr gut funktioniert. Neben der Planung der Größe und Ausrichtung der Anlage und ob ein Speicher eingebaut werden soll, übernimmt das Unternehmen auch die meisten nötigen Schritte zu Anmeldung und Registrierung der PV-Anlage bei den Behörden.
In der Regel geschieht das einige Monate vor Fertigstellung der Anlage. Dabei geht es unter anderem um Informationen und Daten für die Bundesnetzagentur, einen Eintrag in das Marktstammdatenregister (MaStr) sowie beim Netzbetreiber der Region – in meinem Fall dem Stromnetz Berlin GmbH. Letzterer muss zustimmen, dass der Sonnenstrom ins Netz eingespeist werden darf bzw. auch das die fertige Anlage überhaupt in Betrieb genommen werden darf. Der Grund: „Wir sind gesetzlich verpflichtet, ein sicheres Netz zu betreiben und es bedarfsgerecht auszubauen“, sagte Dagmar Jordan für die Netze BW auch gegenüber der Stuttgarter Zeitung.
„Eine Stromerzeugungsanlage, auch wenn diese sehr klein ist, hat letztendlich eine Auswirkung auf den sicheren Betrieb des Stromnetzes.“ Daher müsse geprüft werden, ob die Anlage sofort angeschlossen werden kann oder ob das Netz ausgebaut werden muss.“Und das kann offenbar dauern, trotz Stromkrise und einem seit Monaten bestehenden Informationsfluss zwischen der installierenden Solarfima und den Netzbetreibern. In diesem Sommer ist das besonders bitter, denn die Sonne schien ohne Ende - und die Strompreise gehen durch die Decke.
Bis zu 1000 PV-Anlagen warten auf Freischaltung
Vorrausetzung für den Betrieb ist also eine Einspeiseerlaubnis durch den Netzbetreiber. In meinem Fall lagen zwischen der Installation der PV-Anlage und dem Netzanschluss „nur“ 5 Wochen – bei schönstem Sonnenschein im Juli und August. Das Nadelöhr war hier, der für die Einspeisung nötige Einbau eines Zweirichtungszählers durch den Netzbetreiber.
In dem Fall, den die Stuttgarter Zeitung schildert, musste der Anlagenbesitzer fünf Monate!! auf seine Genehmigung zur Inbetriebnahme warten. Die Sprecherin des dortigen Netzbetreibers nannte eine durchschnittliche Bearbeitungszeit der Anträge von zwölf Tagen. „Danach ist der Kunde gefordert, die Anlage zu installieren und uns die technischen und vergütungsrelevanten Nachweise zur Verfügung zu stellen.“ Die Phase, die dann folge, „werde tatsächlich immer länger“.
Die Gründe für die Verzögerungen sieht der Netz-Betreiber jedoch nicht bei sich, sondern – beim Kunden: Beispielsweise, weil der Elektroinstallateur „die Angaben verspätet oder unvollständig macht. Dies führt dann zu zeitaufwendigen Nachforderungen“, sagt der Betreiber. „Außerdem führt Materialmangel bei den PV-Anlagen zu Verzögerungen, bis die Anlage fertig installiert ist.“
Hier sind nach meinen Erfahrungen vor allem die Wechselrichter das Nadelöhr. Trotzdem ist die Argumentation der Netzbetreiber nicht nachvollziehbar. Der Grund: Wenn die meisten Installationen ablaufen, wie in meinem Fall, mit einer spezialisierten Fachfirma, die auch alle anderen nötigen Vorarbeiten mit den Behörden kennt und in die Wege leitet, dann dürfte die Probleme wohl eher an anderer Stelle liegen. Denn mit der Installation ist die Anlage betriebsbereit und in der Regel liegen dann auch alle behördlichen Genehmigungen vor.
Der Bundesverband Solarwirtschaft hat gegenüber „Focus online“ im Juni geäußert, dass solche Verzögerungen der Inbetriebnahme mehr als 1000 PV-Anlagen bundesweit betreffen. Und bei den gewerblichen Anlagen ist es offenbar noch schlimmer. Soviel zur Energiekrise.