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Entschädigung

Länderübergreifende Entschädigung für Erdkabel

Stromtrasse
Johanna Fry
am Mittwoch, 05.10.2022 - 11:29

Für den Bau von Kabeltrassen wird Ackerland benötigt. Nun haben sich Betreiber und Landwirte für die Trasse A-Nord erstmals länderübergreifend geeinigt. So wird entschädigt.

Damit die Energiewende gelingen kann, werden in Deutschland immer mehr Kabeltrassen gebaut. Sie sollen den Strom von den Offshore-Windparks im Norden zu den energiehungrigen Industrieregionen im Ruhrgebiet und in Süddeutschland transportieren. Die unterirdischen Trassen verlaufen fast ausschließlich über landwirtschaftliche Flächen. Viele Landwirte haben Sorgen, was der Bau der Erdleitungen für ihre Äcker bedeutet.

Hier verläuft die Gleichstrom-Trasse A-Nord

Die Gleichstromleitung A-Nord umfasst eine 300 km lange Erdkabeltrasse, die vom ostfriesischen Emden über das Emsland und Münsterland bis nach Meerbusch-Osterath bei Düsseldorf führt. Der Bau soll 2024 beginnen und sich über drei Jahre erstrecken. Hier gibt es nun erstmals eine Rahmenregelung für den Trassenbau, die über Bundesländergrenzen hinweg reicht. agrarheute hat mit Rainer Friemel, Rechtsanwalt beim Rheinischen Landwirtschafts-Verband (RLV), darüber gesprochen, wie die Einigung bei A-Nord aussieht.

Diese Rahmenregelung gibt es für die Erdkabeltrasse A-Nord

Der RLV, der Westfälisch-Lippische Landwirtschaftsverband (WLV), die Vereinigung des Emsländischen Landvolks sowie der Landwirtschaftliche Hauptverein für Ostfriesland hatten mit der Amprion GmbH verhandelt und im August eine Einigung gefunden.

Vor dem Baubeginn muss jeder Grundeigentümer und Bewirtschafter zustimmen, bevor der Netzbetreiber bauen darf. Allerdings ist die Leitung A-Nord enteignungsfähig. Daher war es den betroffenen Verbänden wichtig, eine für Landwirte vorteilhafte Rahmenregelung zu finden.

„Für die Verbände war der Bau einer solch großen Stromtrasse Neuland. Bisher hatten wir nur Erfahrungen mit Gas- und Wasserleitungen“, sagt Friemel. Der Plankorridor ist schon festgelegt. Nun wird noch ermittelt, welche Parzellen innerhalb des Korridors genau betroffen sind. Die Leitung besteht aus sechs Kabeln, die innerhalb eines 24 m breiten Schutzstreifens verlegt werden. Ein Streifen von 35 m wird insgesamt beim Bau beeinträchtigt. Die Kabel haben eine Mindesterdüberdeckung von etwa 1,20 m.

Welche Entschädigungen gibt es für Bewirtschafter?

Ein Ziel der Vereinbarung war es, verbindliche, pauschale Entschädigungssätze festzulegen. „Das ist für Bewirtschafter vorteilhaft. Sie müssen dann nicht bei jedem Problem einen Sachverständigen heranziehen“, erklärt Friemel.

Die Entschädigung ist grundsätzlich pauschal, egal ob es sich um anmooriges Grünland oder Zuckerrüben auf Löss handelt. „Für Sonderkulturenbetriebe lohnt sich die Pauschale in der Regel nicht“, erklärt Friemel. Sie könnten aber im Einzelfall einen Gutachter heranziehen und nachverhandeln.

Während der Bauphase zahlt das Unternehmen dem Bewirtschafter für Flur- und Aufwuchsschäden pauschal je 0,35 €/m² betroffener Fläche. Auch in den drei Jahren nach Wiederaufnahme der Bewirtschaftung gibt es eine Pauschale, um Mindererträge zu entschädigen. Im ersten Jahr beträgt die 0,16€/m², im zweiten Jahr 0,10 € und im dritten Jahr 0,06 €/m².

Wie funktioniert der Bodenschutz beim Bau der Erdkabel?

Besonders im Fokus steht außerdem der Bodenschutz. Um das Ackerland zu schützen, gibt es eine externe Bodenkundliche Baubegleitung (BBB). Die Bodenkundler überwachen, dass Erdarbeiten und das Befahren nur bei geeigneter Witterung stattfinden. Die Bauunternehmen lagern Oberboden und Unterboden getrennt und verfüllt sie nach Ende der Bauarbeiten wieder korrekt. Kommt es zu Verdichtungen, ist der Netzbetreiber verpflichtet, den Boden nach Ende der Arbeiten aufzulockern.

Möglich ist unter Umständen auch ein parzieller Baustopp bei schlechtem Wetter. Dies entscheidet aber Amprion in Abstimmung mit der BBB und unter Einbeziehung der Unteren Bodenschutzbehörde. Deshalb war ein Ziel, das Thema Bauausführung und Rekultivierung in Rahmenregelung aufzunehmen, um den Bewirtschaftern vernünftige Flächen zu hinterlassen“, erklärt Friemel.

Welche Entschädigungen gibt es für Eigentümer?

Die Rekultivierung erfolgt durch den Anbau tief wurzelnder Kulturen, wie etwa Luzerne. Diese Zwischenbewirtschaftung dauert bis zu drei Jahre. Sie ist freiwillig, wird aber empfohlen, um das Bodengefüge wiederherzustellen. Ab dem vierten Jahr nach Wiederaufnahme der Bewirtschaftung können die Bewirtschafter und Eigentümer Schäden beim Trassenbetreiber anzeigen. Im fünften und zehnten Jahr ist auf Wunsch von Eigentümer und Bewirtschafter eine Besichtigung der Fläche möglich.

Wirtschaftliche Erschwernisse werden mit 14,40 €/ lfd. Meter Kabelgraben während der Bauphase und 11,20 €/lfd. Meter Kabelgraben während der Rekultivierung entschädigt. Der 24 m breite Schutzstreifen wird als „beschränkt persönliche Dienstbarkeit“ im Grundbuch eingetragen. Der Eigentümer wird dafür mit 35 % des Verkehrswertes pro m² entschädigt. Diese reichen von 6,50 €/m² in Emden bis 19,50 €/m² in Teilen des Münsterlands.

Qualitativ höherwertige Fläche wie Bauerwartungsland werden individuell entschädigt. Zusätzlich erhalten Grundstückseigentümer einen Beschleunigungszuschlag von 2 €/m² Schutzstreifenfläche, sofern sie einer gütlichen Einigung zustimmen. Aufwandspauschalen liegen bei je 200 € für den Grundstückseigentümer und je 300 € für den Bewirtschafter.

Diese Auflagen gibt es nach dem Leitungsbau:

Das Versiegeln und Bebauen der Fläche ist nach dem Trassenbau nicht mehr erlaubt, auch tief wurzelnde Bäume sind nicht zulässig. Das Anlegen von Rübenmieten oder Folientunnel ist grundsätzlich erlaubt.

Allerdings sollten Landwirte im Einzelfall vorher beim Netzbetreiber nachfragen.Für den Fall, dass der Gesetzgeber neue Regelungen festlegt, die auch Amprion und A-Nord betreffen, gibt es eine Nachentschädigungsklausel in der Vereinbarung. Hintergrund ist die Forderung der Landwirtschaftsverbände, Erdkabel besser zu entschädigen als eine Freileitung. Das aktuelle Entschädigungsrecht sieht dies nämlich gerade nicht vor. (Quelle:RLV)