Methan ist ein starkes Treibhausgas. Im Vergleich zu Kohlendioxid oder Lachgas ist es allerdings nur sehr kurzlebig. Hohen Ausstoßraten stehen hohe Abbauraten gegenüber. Bei gleichbleibendem Ausstoß ergibt sich ein konstantes Level in der Atmosphäre. Steigt der Methanausstoß, stellt sich ein höheres Niveau ein, sinkt er, stellt sich ein niedrigeres Level ein.
Das ist vergleichbar mit dem Wasserstand in der Badewanne bei gezogenem Stöpsel. Fließt die gleiche Wassermenge zu, wie durch den Abfluss entweicht, bleibt der Wasserstand in der Wanne konstant. Ein gleichbleibender Methanausstoß und damit kontanter Pegel in der Atmosphäre würde also nicht zu einer weiteren Erderwärmung beitragen.
Bei CO2 sieht die Entwicklung anders aus. Es verbleibt über sehr lange Zeiträume in der Atmosphäre. Hinzukommende Mengen sorgen für einen anwachsenden Berg. Bildlich gesprochen ist hier der Stöpsel geschlossen und es fließt nichts ab.
Methanpegel die letzten Jahre gestiegen
Leider ist der in der Atmosphäre gemessene Methanpegel nach einer Plateauphase seit einigen Jahren wieder ansteigend. Reflexhaft fordern deshalb Politiker, Umweltverbände und auch Wissenschaftler eine weitere Reduktion der Tierzahlen, weil sie darin die Ursache für die Entwicklung sehen. Das geht aber wiederum an den Tatsachen vorbei, weil:

1. Die globalen Tierbestände, maßgebend für die Methanproduktion sind hier die Wiederkäuer mit ihrer ruminalen Verdauung, sich in den letzten Jahren nur wenig verändert haben. In Deutschland hat sich der Bestand an Rindern gegenüber 21,5 Mio Tieren im Jahr 1985 auf 11,0 Mio. im Jahr 2021 ohne hin nahezu halbiert.
2. Analytische Verfahren, beispielsweise über Kohlenstoffisotope, belegen einen hohen Anteil an Methan fossilen Ursprungs in der Atmosphäre.
3. Die Satelliten-Fernerkundung weist erhöhte Konzentrationen in der Nähe von Erdgasförderstätten und Transportleitungen nach. So lässt sich beispielsweise das russische Erdgasnetz anhand der Satellitenbilder deutlich erkennen.
4. Überflüge mit Flugzeugen, ausgerüstet mit Methanerkennungssystemen, belegen große ausströmende Mengen, vor allem in Frackingebieten.
Aus all diesen Gründen leitet sich ab, dass vor allem die fossile Brennstoffindustrie Verursacher der steigenden Methanemissionen ist. Das ändert natürlich nichts daran, dass auch die Tierhaltung zur Belastung beiträgt – aber eben nur als ein konstantes Hintergrundrauschen und nicht als Treiber des Pegelanstiegs. Ergebnisse der Internationalen Energieagentur untermauern dies.
Klare Aussage der Internationalen Energieagentur

Dem „Global Methan Tracker 2023“ der Internationalen Energieagentur (IEA) ist zu entnehmen, dass die Methanemissionen trotz steigender Energiepreise hartnäckig hoch bleiben. Die Kombination aus hohen Energiepreisen, Sorgen um die Versorgungssicherheit und wirtschaftlicher Ungewissheit hatten im vergangenen Jahr nicht ausgereicht, um die Methanemissionen des Energiesektors zu senken.
Die globale Energiewirtschaft hat im Jahr 2022 rund 135 Mio. Tonnen Methan freigesetzt, die in die Atmosphäre gelangten, was nur geringfügig unter den Rekordwerten des Jahres 2019 liegt. Damit zeichnet der Sektor laut IEA für rund 40 % der gesamten Methanemissionen verantwortlich, die auf menschliche Aktivitäten zurückzuführen sind.
111 Mio. t entfallen auf Tierhaltung, 135 Mio. t auf fossile Brennstoffindustrie

Der Energiesektor liegt damit nur knapp hinter der Landwirtschaft an zweiter Stelle. Leider schlüsselt die IEA die Landwirtschaft nicht weiter auf. Etwas aufschlussreicher ist hier das Methan Budget aus dem Jahr 2021 im 6. Bericht des Weltklimarates. Es untergliedert den Sektor in Tierhaltung und Reisanbau, wobei auf den Reisanbau 31 Mio. Tonnen entfallen. Zieht man diesen Wert von den 142,3 Mio. Tonnen Methan ab, die die IEA der Landwirtschaft zuschreibt, entfallen auf die Tierhaltung 111 Mio. Tonnen Methan. Das sind rund 82 % des Energiesektors.
Erläuterung zu Grafik: Wetlands sind Feuchtgebiete und Moore, also natürliche Methanquellen. Agriculture ist die Landwirtschaft. Emittenten sind hier vor allem Tierhaltung und Reisanbau. Der Energiesektor subsummiert Öl, Gas und Kohle. Waste ist organischer Abfall, der Methan freisetzt. Biomass Burning ist die Verbrennung von Biomasse, also beispielsweise Holz oder Torf.
Fossile Brennstoffindustrie könnte ohne große Kosten viel sparen

Die IEA geht davon aus, dass allein die Methanemissionen aus der Öl- und Gasindustrie mit bestehenden Technologien um 75 % gesenkt werden könnten. Dazu sei nur ein geringer Kostenaufwand nötig. Das macht deutlich, dass die Industrie bei einem Problem, das oft sehr kostengünstig zu lösen ist, nicht handelt. Weniger als 3 % der Einnahmen, die die Öl- und Gasunternehmen im vergangenen Jahr weltweit erzielt haben, wären erforderlich, um die 100 Milliarden US-Dollar in Technologien zu investieren, die für diese Reduzierung notwendig sind.
Durch den verstärkten Einsatz von Flüssiggas, das im Fracking-Verfahren gewonnen wird, ist Deutschland nicht ganz unschuldig an der aktuellen Entwicklung. Hinzu kommt das mit der Explosion der Nord Stream Pipeline eine große Menge an Methan freigesetzt wurde, das für Deutschland bestimmt war. Natürlich ist Deutschland an dem Vorfall nicht schuld, aber dennoch ist es erstaunlich ruhig rund um das Ereignis. Erdgas soll als Brückentechnologie ein sauberes Image genießen. Im Gespräch ist an sich immer nur die „schmuddelige“ Tierhaltung. Das dürfte politisch durchaus gewollt sein.
Ein Ende des Ablassens von Methan gefordert
Die wirksamste Maßnahme, die die Länder ergreifen können, um die Emissionen einzudämmen, ist nach Einschätzung der IEA die Beendigung des Abfackelns und Ablassens von Methan ohne Not.
Gegenwärtig entweichen jährlich rund 260 Milliarden Kubikmeter Methan aus der Öl- und Gasförderung in die Atmosphäre. Drei Viertel davon könnten mit bewährten Maßnahmen und Technologien zurückgehalten und vermarktet werden.
Das aufgefangene Methan entspräche mehr als den gesamten jährlichen Gaseinfuhren der Europäischen Union aus Russland vor dem Einmarsch in die Ukraine.
Freisetzung von Methan durch Energiesektor verschwindet unter dem Radar
„Die ungezügelte Freisetzung von Methan bei der Produktion fossiler Brennstoffe ist ein Problem, das in der öffentlichen Debatte manchmal unter dem Radar verschwindet“, sagte IEA-Exekutivdirektor Fatih Birol zur aktuellen Lage.
Leider ist es kein neues Problem, und die Emissionen bleiben hartnäckig hoch. Viele Unternehmen haben im vergangenen Jahr nach einer turbulenten Zeit auf den internationalen Öl- und Gasmärkten im Zuge der weltweiten Energiekrise hohe Gewinne erzielt. Am Geld dürfte also nicht scheitern. Deshalb fordert Birol: "Die Hersteller fossiler Brennstoffe müssen sich engagieren, und die Politik muss eingreifen - und beide müssen dies schnell tun."