Das ist ein Artikel vom Top-Thema:

Gefahrenabschätzung

Gefahr für Vögel durch Windräder

Solaranlage_Windrad
Ulrich Graf
Ulrich Graf
am Mittwoch, 16.12.2020 - 10:25

Um das Tötungsrisiko einzuschätzen, gibt es seit kurzem ein bundeseinheitliches Bewertungssystem, den sogenannten Signifikanzrahmen.

Die Konferenz der Umweltministerinnen und -minister der Länder (UMK) hat auf ihrer Sondersitzung am 11. Dezember 2020 erstmals einen „Standardisierten Bewertungsrahmen zur Ermittlung einer signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos im Hinblick auf Brutvogelarten an Windenergieanlagen (WEA) an Land“ – kurz „Signifikanzrahmen“ – beschlossen.

Ausgangspunkt ist die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 23. Oktober 2018, die dem Gesetzgeber auftrug, zumindest für eine untergesetzliche Maßstabsbildung und für Methoden zur Signifikanzbewertung von Vogelkollisionsrisiken an Windenergieanlagen zu sorgen oder wenigstens Entscheidungskriterien festzulegen. Dem soll der Signifikanzrahmen nun Rechnung tragen.

Details der Einigung

Im Signifikanzrahmen haben sich die Länder auf zentrale Begriffsbestimmungen geeinigt, die im Kontext der Signifikanzbewertung eine Rolle spielen.

  • Das Papier enthält eine von allen Ländern gemeinsam getragene Liste als kollisionsgefährdet geltender Vogelarten sowie entsprechende Regelabstände von Brutplätzen zu Windenergieanlagen. Zudem wurden Regelvermutungen hinsichtlich der Signifikanzbewertung von Tötungsrisiken bei Über- oder Unterschreitung der Abstände formuliert. Laut Beschlusstext verpflichten sich die Länder, von der Öffnungsklausel der Liste allenfalls restriktiv Gebrauch zu machen.
  • Zur Klärung des Sachverhalts im Einzelfall wurden in Form eines Baukasten-Systems geeignete Erfassungs- und Bewertungsmethoden zusammengetragen.
  • Ferner wurden gemeinsame rechtliche und fachliche Grundsätze zu Schutzmaßnahmen sowie eine Übersicht fachlich grundsätzlich geeigneter Schutzmaßnahmen zusammengetragen. Mit einem Absatz zum Repowering schließt das Papier ab.
  • An mehreren Stellen im Papier sind die Länder aufgefordert, ihre eigenen Leitfaden- und Erlassvorgaben vor dem Hintergrund der gemeinsam formulierten Rahmensetzungen zu prüfen bzw. gegebenenfalls (weitere) landesspezifische Festlegungen zu treffen. 
  • Im Beschlusstext finden sich entsprechende Fristen zur Prüfung, Umsetzung und Berichterstattung, was das weitere Vorankommen unterstützen dürfte.

Wie geht es weiter?

Mit dem Beschluss ist der Prozess der untergesetzlichen Maßstabsbildung zu einer rechtssicheren und handhabbaren Signifikanzbewertung von Kollisionsrisiken nicht abgeschlossen, so die Einschätzung des Kompetenzzentrums Naturschutz und Energiewende (KNE). Er stellt einen Startpunkt für die Länder dar, bis zur nächsten UMK im Frühjahr 2021 ihre Leitfäden im Hinblick auf den beschlossenen Signifikanzrahmen zu überprüfen und in Folge darauf im Rahmen geeigneter Fortschreibungsprozesse auf Länderebene anzupassen bzw. weiterzuentwickeln. Dies dürfte zu einer Annäherung der Länderregelungen zur Signifikanzbewertung führen.

Mit einem Zeithorizont bis 2022 soll auch die Herleitung von artspezifischen Signifikanzschwellen angegangen werden. Dabei könnte auch die weiterhin vorgesehene Analyse fachlicher und rechtlicher Voraussetzungen von Wahrscheinlichkeitsbetrachtungen bei der Signifikanzbewertung sowie die bereits auf der 95. UMK beschlossene Mitwirkung bei der systematischen Ermittlung von Todesursachen der kollisionsgefährdeten Vogelarten eine Rolle spielen.