Elektrofahrzeuge erfreuen sich wachsender Beliebtheit sowohl bei Privatleuten als auch von Seiten der Politik. Aber wie sieht es bei Nutzfahrzeugen mit elektrischem Antrieb aus? Wir haben bei Nobert Bleisteiner, dem Leiter des Fachzentrums Energie und Landtechnik Triesdorf, nachgefragt. Dort wird die Elektromobilität schon seit Jahren praktisch umgesetzt.
In Sachen Elektromobilität zählt Triesdorf zu den Vorreitern. Können Sie ein paar Worte zur Entstehungsgeschichte sagen?
Das Thema Elektromobilität wurde in Triesdorf bereits mit der Installation der ersten PV-Anlagen Anfang der 1990er Jahre erprobt. Es sollten viele Möglichkeiten der Eigenstromnutzung getestet werden. Die Aktivitäten im Bereich der E-Mobilität wurden im Jahr 2013 intensiviert und zwar mit dem Ziel, fossile Energie einzusparen. Damals wurden systematisch Elektrofahrzeuge beschafft, um den Personentransport und Versorgungsfahrten innerhalb des Bildungszentrums Triesdorf abzudecken. Das damit verbundene Mobilitätskonzept setzte von Anfang an immer auf die Nutzung von eigenem Strom aus Photovoltaik. Würde man Elektromobilität auf Kohlestrom aufbauen, würden dies den CO2-Fußabdruck verschlechtern und das Klimaproblem verschärfen.
Von wem ging die Initiative aus? Wie viele Fahrzeuge fahren rein elektrisch?
Die Initiative ging von der Landmaschinenschule beziehungsweise von Sedlmeier und mir als jeweilige Schulleiter aus. Wichtig waren damals auch die entscheidenden Bezirksräte. Wir haben die guten Erfahrungen fortgeführt und können heute von unserem Know-how profitieren. Derzeit fahren in Triesdorf acht Elektrofahrzeuge. Von einem normalen Pkw über Lieferwägen bis hin zu Betriebsfahrzeugen. In der Nutzung haben wir auch Elektrofahrräder, eine E-Lastenrad, eine elektrische Aufsitzkehrmaschine und einen Elektro-Futtermischwagen.
Woher kommt der Strom für die Batterien? Elektrofahrzeuge machen doch nur dann Sinn, wenn sie mit grünem, erneuerbaren Strom betrieben werden?
Die meisten Fahrzeuge werden an unserer PV-Demonstrationsanlage mit Batteriespeicher aufgetankt. Das besondere an der PV-Anlage ist, dass die Hälfte der Module aus der Anfangszeit stammt und somit bereits 30 Jahre alt ist. Wir wollen noch an einer weiteren Optimierung unser Ladestromkapazitäten arbeiten, unter anderem in Verbindung mit einer geplanten Agro-PV-Anlage. Wenn die Kapazität nicht ausreicht, wird ausschließlich grüner Strom verwendet, den der Bezirk Mittelfranken für alle seine Einrichtungen bezieht.
Wie viele PV-Module benötigen Sie pro Fahrzeug und für den ganzen Fuhrpark?
Das lässt sich so pauschal nicht beantworten. Viele Faktoren, zum Beispiel Batteriegröße, tägliche Fahrleistung oder Zeitrestriktionen beim Tanken beeinflussen die notwendige Kapazität an PV-Modulen pro Fahrzeug. Diese Fragen muss man erst für sich selbst beantworten, bevor ein Elektrofahrzeug angeschafft wird. Ganz nach dem Motto: „Anderes Antriebskonzept, anderes Denken“.
Wie werden sie geladen: Schnelllademodus oder über Nacht, bidirektional oder unidirektional?
Die Batterien werden in der Regel über die Wallbox beziehungsweise über die Steckdose geladen, die wiederum an den Speicher angeschlossen sind. Das geschieht meist über Nacht und ohne die Rückspeisung ins Netz.
Könnten Sie die Elektrofahrzeuge auch als Stromspeicher nutzen?
Rein technisch wäre dies möglich. Nachdem aber Fragen zur Gewährleistung oder Netzintegration noch nicht final geklärt sind, können wir hier noch keine Praxiserfahrung vorweisen.
Wie ist die Zusammenarbeit mit dem Netzwerkanbieter beziehungsweise Energieversorger?
Die Zusammenarbeit mit dem örtlichen Stromanbieter und dem Netzbetreiber ist hervorragend. Der Energieversorger hat in Triesdorf vier öffentliche Ladestationen an verschiedenen Parkplätzen errichtet. Wir unterstützen uns gegenseitig auch in vielen anderen Bereichen. So arbeiten wir mit dem Energieversorger bei einem Blühpflanzenprojekt zur Biogasgewinnung zusammen.
Wie viele Stunden sind die einzelnen Fahrzeuge im Schnitt im Einsatz?
Dies kann man nicht für alle Fahrzeuge gleich beantworten, denn es hängt stark von dem Einsatzbereichen ab. Die Betriebsfahrzeuge wie E-Worker zum Beispiel werden den ganzen Tag für Kurzstrecken eingesetzt, der Pkw hauptsächlich für Dienstfahrten im näheren Umfeld bis zu 100 Kilometer.
Gab es Probleme mit den Antriebsbatterien oder bei den Ladezyklen?
Bei einem Fahrzeug gab es Probleme mit der Batterie, was sich aber durch ein sogenanntes Regenerieren wieder beheben ließ. Die Ursache lag vermutlich bei uns selbst, denn das Fahrzeug wurde fast ausschließlich vollgeladen abgestellt, was dem Akkusystem nicht zuträglich ist. Auffällig ist, dass bei den älteren Fahrzeugen die Fahrleistung etwas nachgelassen hat. Regelmäßig auszutauschen sind die sogenannten Starterbatterien, ohne die die Hauptbatterie nicht geladen werden kann. Um eine lange Lebensdauer zu unterstützen, muss beim Ladeverhalten auf die verbaute Batterie geachtet werden. Moderne Lithium-Ionen-Akkus sollen zum Beispiel nicht immer auf 100 Prozent geladen und nicht fast vollständig entladen werden. Dagegen haben diese Akkus keine Probleme mit kurzen Ladezyklen von zum Beispiel nur einer Stunde. Blei-Akkus hingegen sollen nahezu entgegengesetzt behandelt werden.
Was raten Sie Landwirten bzw. Betrieben hinsichtlich Elektrofahrzeugen, insbesondere Nutzfahrzeugen?
Aufgrund des zu erwartenden signifikant starken Preisanstiegs für Strom – auf deutlich über 40 Cent pro Kilowattstunde – in nächster Zeit ist eine Eigenstrom-PV-Anlage in der Regel ökonomisch darstellbar. Es wird ökonomisch zunehmend attraktiver, eigenen PV-Strom für Elektrofahrzeuge zu nutzen, da auch die Kosten für Diesel und Benzin stark gestiegen sind. Oft verfügen landwirtschaftliche Betriebe nach wie vor über freie Dachflächen, die mit PV-Anlagen bestückt werden können. Bei der Konzeption der PV-Anlage sollte bereits der Stromverbrauch von Elektrofahrzeugen berücksichtigt werden, auch in Verbindung mit einem zusätzlichen Stromspeicher. In die systematische Planung sollten analog dazu sogenannte Altanlagen – nach 20 Jahren EEG-Laufzeit – mit einbezogen werden.
Haben Sie konkrete Tipps, welche Fahrzeuge man anschaffen sollte?
Unsere erste Empfehlung: Auf den meisten Betrieben sind mindestens zwei Autos im Einsatz, davon sollte man zunächst eines durch ein Elektroauto ersetzen; idealerweise das, welches für kürzere Strecken wie Einkäufe genutzt wird. Aber bitte kein Hybridfahrzeug! Zweitens: Auch für leichte Transportfahrten oder zur Feld- und Tierkontrolle gibt es attraktive Betriebsfahrzeuge. Am Markt findet sich hierzu mittlerweile eine große Auswahl an Anbietern. Und drittens sollte man über leichte Elektro-Hoflader bis vier Tonnen Einsatzgewicht nachdenken, die täglich im Einsatz sind und so über das ganze Jahr hinweg einen durchaus beachtlichen Energiebedarf haben.
Wie hoch sind die Anschaffungskosten für die verschiedenen Fahrzeuge?
Die E-Worker, das sind unsere Fahrzeuge für den inneren Betriebsverkehr, hatten einen Anschaffungspreis von rund 25 000 Euro brutto. Der Pkw, ein Nissan eNV 200 hat circa 35 000 Euro brutto gekostet. Der größte Kostenpunkt bei Elektrofahrzeuge ist immer noch die Batterie. Beim Kauf eines E-Autos sollte daher immer überlegt werden, ob man die größte Batterie oder Reichweite unbedingt braucht.
Wie hoch sind die laufenden Kosten – zum Beispiel pro 100 Kilometer?
Die laufenden Kosten sind aktuell bei Stromfahrzeugen deutlich geringer als bei Verbrennern. Bei einem Verbrauch von circa 15 bis 20 Kilowattstunden auf 100 Kilometer bewegen sich die Verbrauchskosten zwischen fünf und sieben Euro, abhängig von den Kosten beziehungsweise den Nutzungskosten für Strom. Aufgrund der aktuellen Situation am Energiemarkt ist aber eine Steigerung vorprogrammiert. Die Kosten für Werkstatt und Service sind laut ADAC um rund 200 Euro pro Jahr niedriger als bei einem Verbrenner, hinzu kommt die befristete Befreiung von der Kfz-Steuer.
Nutzen die Mitarbeiter in Triesdorf auch privat Elektrofahrzeuge?
Die Anzahl der Mitarbeiter mit Elektrofahrzeugen steigt. Durch den stetigen Umgang damit wird die anfängliche Skepsis reduziert. Wichtig ist, dass man nicht versucht, Elektrofahrzeuge mit Verbrennern zu vergleichen. Elektroautos haben ein anderes Antriebskonzept und verlangen daher, wie bereits erwähnt, ein anderes Nutzerverhalten. Aber keine Sorge, das bedeutet nicht, dass man das Fahren neu lernen muss!
„Es wird in nächster Zeit ökonomisch zunehmend attraktiver, den eigenen PV-Strom für Elektrofahrzeuge zu nutzen.“