Freising „So schlecht war die Stimmung in der Branche noch nie“, fasst Horst Seide, Präsident des Fachverbandes Biogas zu Beginn der zum Start der 32. Biogas Convention zusammen. Mit der Ankündigung, die Erlöse aus der Stromerzeugung von Biogasanlagen nahezu vollständig abzuschöpfen, habe das Bundeswirtschaftsministerium die Branche erschüttert.
„Sie befindet sich in einer Schockstarre“, ergänzt Vizepräsident Christoph Spurk. Er belegt dies mit aktuellen Zahlen: Einer Umfrage unter den Mitgliedsfirmen des Fachverbandes zufolge wurden in diesem Jahr rund 400 Mio. Euro nicht investiert. In 2023 erwartet der Verband einen Investitionsstau von rund einer halben Mrd. Euro.
Mindestens 10 Cent /kWh Gewinnzuschlag nötig
Unter den aktuell diskutierten Vorgaben ist es nach Auffassung von Seide für Betreiber von Biogasanlagen ökonomisch sinnvoller, keinen Strom zu erzeugen. Denn neben der allgemeinen Inflation sind in diesem Jahr auch die Substratpreise gestiegen und damit die Kosten für die Stromproduktion. So müsste der Gewinnzuschlag statt den geplanten 3 Cent/kWh mindestens 10 Cent/kWh betragen. Zudem hält es der Fachverband für äußerst schwierig, die Abschöpfung umzusetzen. Jede Anlage habe den Strom zu ganz unterschiedlichen Preisen und Terminen vermarkten. „Welche Schwelle soll dann für die Abschöpfung greifen?“ fragen sich Seide uns Spurk.
Referentenentwurf für diese Woche erwartet
Mit einem offiziellen Referentenentwurf rechnet der Verband in dieser Woche. „Das könnte ein Wendepunkt für die Biogasbranche bedeuten“, prophezeit Seide. Denn die schon die bislang durchgesickerten Informationen verunsichern die Branche zutiefst. „Im festen Glauben, mit flexiblem Strom und heimischer Wärme einen Beitrag zur Energiesicherung in diesen schwierigen Zeiten zu leisten, haben viele Betreiber in diesem Sommer investiert“, erklärt Seide die Situation.
Nur maximal die Hälfte kann umschwenken
Sollte die Politik an ihren Abschöpfungsplänen festhalten, stünden viele Biogasbauern vor dem Aus. Nur 30% bis 50% der Anlagen könnten auf die reine Biomethanerzeugung umschwenken, gibt Seide an. Er wertet Habecks Abschöpfungspläne als „Tritt vors Schienbein“ vieler Betreiber. Der Verbandspräsident ist sicher, dass auf der Biogas Convention sich viele überlegen werden, von der Politik unabhängiger zu werden. Schließlich besteht laut Seide am Markt Nachfrage nach Strom und Wärme aus Biogasanlagen.
Er warnt davor, dass im schlimmsten Fall Wärmekunden nicht mehr mit Heizenergie beliefert werden könnten und der Strompreis in die Höhe getrieben werde, weil die Gaskraftwerke am Ende der Erzeugerkette den Strompreis bestimmten. Der Verband erwartet daher einen besonders spannenden am Dienstagvormittag (8.11.). sein.
Sonderabgabe auf Gewinn vorgeschlagen
Präsident Seide unterstreicht die grundsätzliche Bereitschaft der Branche, einen Beitrag zum Ausgleich der hohen Strompreise zu leisten. Er hält eine steuerliche Sonderabgabe auf den Gewinn für alle Stromerzeuger daher für sinnvoller und unbürokratischer. Seiner Ansicht nach würde dies vielen Betrieben wieder ein Zukunftsperspektive geben. Der Biogas-Präsident fordert hier eine Gleichstellung der Branche mit anderen fossilen Energieträgern.