Obwohl seit Jahrzehnten öffentlich über die Klimakrise diskutiert wird, lief der Ausbau der Erneuerbaren Energien bisher eher schleppend. Die aufwendigen Planungsprozesse werden dabei oftmals als Flaschenhals angeführt. Im Hinblick auf wirtschaftlichen Erfolg und allgemeine Akzeptanz ist eine sorgfältige Planung dennoch essenziell.

Herr Beck, warum dauert die Umsetzung der Energiewende so lange?
Für die Energiewende ist es wichtig, dass wir Nachhaltigkeit, Bezahlbarkeit und Energiesicherheit unter einen Hut kriegen. Wir müssen auf CO2-neutralem Weg Energie erzeugen, um den Klimawandel einzudämmen. Das ist inzwischen gesellschaftlicher Konsens. Auch im Punkt Bezahlbarkeit hat sich viel getan. Die Solartechnologie wurde in den letzten zehn Jahren immer günstiger. Neu sind der russisch-geführte Angriffskrieg in der Ukraine und die Energiekrise, die daraufhin über Deutschland hereinbrach. Spätestens seit Februar 2022 ist unseren politischen Akteuren klar geworden, dass es echte Energiesicherheit nur durch den Ausbau erneuerbarer Energien geben kann. Und einen raschen und sorgfältigen Ausbau der Erneuerbaren wird es nur gemeinsam mit Kommunen und Flächeneigentümern geben.
Alles beginnt damit, dass wir bei IsarGreen eine Anfrage von interessierten Flächeneigentümern bekommen. Dann führen wir innerhalb weniger Tage eine kostenlose Potenzialanalyse durch, die eine erste Reihe von Fragen beantworten soll. Beispielsweise: Wie hoch ist die Sonneneinstrahlung am ausgewählten Ort? Passt ein Photovoltaikpark ins Landschaftsbild, oder befindet sich die Fläche zum Beispiel innerhalb eines Naturschutzgebietes? Die Frage nach den verfügbaren Netzkapazitäten muss ebenfalls geklärt werden.
Ein wichtiger Partner sind dabei die Kommunen, oder?
Ja, wir sprechen mit der Gemeinde, um zu sehen, wie die Stimmungslage vor Ort ist. Wenn unsere Analyse positiv ausfällt, einigen wir uns mit den Landeigentümern auf ein attraktives Pachtmodell. Die Eigentümer müssen sich danach um nichts mehr kümmern. Im nächsten Schritt gehen wir auf die Gemeinde zu und tragen unser Vorhaben offiziell vor. Für den gesamten Planungsprozess, inklusive der Änderung des Flächennutzungsplans, bis hin zur Aufstellung eines Bebauungsplans rechnen wir mit etwa neun bis 18 Monaten. In dieser Zeit ist es wichtig, jeden Entwicklungsschritt eng mit der Gemeinde abzustimmen. Der Bau der Anlagen ist dagegen schnell erledigt. Üblicherweise vergehen zwischen dem ersten Spatenstich und der Inbetriebnahme nur wenige Monate.
PV-Anlagen in der Flur werden teilweise kontrovers diskutiert. Wie schätzen Sie in diesem Zusammenhang das Thema der Agri-PV-Anlagen ein?
Es muss eine gesunde Abwägung zwischen heimischer Landwirtschaft und regionaler Energieerzeugung geben. Der Ansatz, durch Agri-PV-Anlagen landwirtschaftliche Flächen doppelt zu nutzen, also für den Anbau von Nahrungsmitteln und für die Erzeugung von Strom, ist natürlich reizvoll. Es gibt auch eine Reihe an Forschungsergebnissen, die nahelegen, dass etwa beim Anbau von Kartoffeln weiterhin mit 80 bis 90 Prozent des ursprünglichen Ertrags zu rechnen ist. Man muss jedoch sagen, dass Agri-PV-Anlagen durch ihre Größe eine stärkere Wirkung auf das Landschaftsbild haben können als herkömmliche PV-Anlagen. Zusätzlich sind bei großen Landwirtschaftsflächen für den Anbau von Mais und Kartoffeln Maschinen mit einer Arbeitsbreite von bis zu 30 Metern im Einsatz. Das ist mit Agri-PV kaum in Einklang zu bringen. Für die Landwirte stellen sich dann einige Fragen: Stellen sie ihren Fuhrpark um? Wie wirkt sich eine niedrigere Schlagzahl auf die Bewirtschaftung der Flächen aus? Diese Überlegungen sind nicht trivial und wahrscheinlich auch ein Grund, weshalb es bisher erst wenige Agri-PV-Anlagen gibt. Im Bereich der Sonderkulturen wie Beeren oder Steinobst sehen wir zur Zeit das größte Potenzial für Agri-PV-Anlagen.
Was fehlt, sind doch baureife Photovoltaikprojekte. Was sind die Stolpersteine? Gibt es besondere Hindernisse im Prozess?
Am Anfang eines jeden Projekts steht das direkte Gespräch mit den Flächeneigentümern. Besonders in der Landwirtschaft sind viele Menschen schon in Berührung mit Photovoltaik gekommen. Diese positiven Erfahrungswerte sind wichtig und eine gute Grundlage für eine gute Zusammenarbeit. Selbstverständlich nehmen auch die Kommunen eine Schlüsselrolle ein. Die jeweilige Kommune hat die Möglichkeit, den Entwicklungsprozess der PV-Anlage mitzugestalten. Das stärkt die Akzeptanz vor Ort ungemein und ist Grundlage für eine zügige Umsetzung der Projekte. Daher klären wir auch gleich zu Beginn der Gespräche über die unterschiedlichen Modelle der Bürgerbeteiligung auf. Bei EEG-fähigen Flächen ist es üblich, den Gemeinden 0,2 ct/kWh anzubieten. Außerdem haben die Bürgerinnen und Bürgern häufig die Möglichkeit, sich finanziell an der PV-Anlage zu beteiligen. Bei großflächigen Anlagen bieten manche Anlagenbetreiber den Anwohnerinnen und Anwohnern sogar einen vergünstigten Stromtarif an.
Wie löst man diese Probleme und was sind dabei die konkreten Vorteile der Landwirte?
Ein Landwirt, der heute den Hof übernimmt, muss die Entwicklungen bis in die 2050er Jahre im Blick haben. Wie wirken sich häufigere Dürresommer auf die eigene Landwirtschaft aus? Könnte es für ihn in den kommenden Jahren notwendig werden, die Fruchtfolge anzupassen? Eine ackerbaulich vorteilhafte Fruchtfolge ist jedoch nicht zwangsläufig ökonomisch vorteilhaft. In dieser Phase der Umstellung schafft die Verpachtung eines Teils der eigenen Flächen für Photovoltaik wirtschaftliche Sicherheit. Für Landwirte bedeutet das zuverlässige und langfristig planbare Einnahmen für die kommenden 30 Jahre. Sie machen sich unabhängig von extremen Wetterereignissen, schwankenden Rohstoffpreisen und Inflation. Gleichzeitig leisten sie einen aktiven Beitrag zur regionalen Energiesicherheit und schützen das Klima.
Wie sieht die konkrete Ausgestaltung der Pacht üblicherweise aus?
Es ist üblich, einen Pachtvertrag mit einer Laufzeit von 30 Jahren abzuschließen. Bei der Gestaltung gibt es verschiedene Möglichkeiten: Klassischerweise zahlen die Anlagenbetreiber einen fixen Betrag pro Hektar, der jährlich um die Höhe der Inflation angepasst wird. Es ist außerdem möglich, einen Teil der Pacht vorab zu bezahlen und den restlichen Teil in Form einer jährlichen Zahlung. In Gesprächen mit Landwirten hören wir immer wieder den Wunsch, sich direkt an den Einnahmen aus dem Verkauf des produzierten Stroms zu beteiligen. Auch das ist möglich.
Welche positiven Erfahrungen haben Sie gemacht? Wie aufgeschlossen zeigten sich die Kommune beziehungsweise die Bevölkerung?
Ich habe bisher fast nur positive Erfahrungen mit den Kommunen und der Bevölkerung machen dürfen. Das öffentliche Bewusstsein für die Notwendigkeit der Energiewende ist riesig und die Leute sind doch auch froh, wenn in ihrer Nähe ein Photovoltaikpark entsteht und kein Windpark.
Bei den Freiflächenanlagen oder Solarparks, gibt es da von Ihrer Seite aus Ansätze für die Umsetzung einer Biodiversitätsstrategie, um die Akzeptanz dieser Anlagen zu erhöhen?
IsarGreen arbeitet mit Landschaftsplanern zusammen, die ökologische Kriterien in die Konzeption von PV-Anlagen miteinbeziehen. Gute Planer sind in der Lage, die Besonderheiten eines jeden Standorts wie Bäche, Hecken, oder Wiesen aufzugreifen und in das Gesamtkonzept der Freiflächenanlage zu integrieren. Bei der Umwandlung einer intensiv bewirtschafteten landwirtschaftlichen Fläche in eine Freiflächenanlage ergibt sich eine Vielzahl an positiven Umwelteinwirkungen. Während der Laufzeit der PV-Anlage werden die Böden nicht weiter mit Dünge- und Pflanzenschutzmitteln bearbeitet und können sich dadurch gut erholen. Als Ausgleichsmaßnahmen kommen etwa die Pflanzung von Obstbäumen oder die Renaturierung bestimmter Flächen in Frage. Auch die Beweidung mit Schafen ist eine hervorragende Möglichkeit zur Pflege von Freiflächenanlagen.