Für langfristige Investitionsentscheidungen fehlt es den deutschen Landwirten an politischer Sicherheit, warnt die Landwirtschaftliche Rentenbank.
Vor allem die Tierhalter bräuchten mehr Klarheit von der Politik darüber, welche Form der Tierhaltung künftig gewünscht ist. Das hat die Vorstandssprecherin der Landwirtschaftlichen Rentenbank, Nikola Steinbock, heute (26.4.) auf der digitalen Bilanzpressekonferenz des Kreditinstituts erklärt. Mit den politischen Vorgaben entscheide sich auch, welche Form der Tierhaltung künftig noch förderfähig sei. Im vergangenen Jahr verzeichnete die Rentenbank zwar noch einen deutlichen Anstieg der Nachfrage aus der Landwirtschaft nach Förderkrediten. Das Plus von gut 18 Prozent auf 2,45 Mrd. Euro war jedoch stark beeinflusst von der Sondernachfrage durch das Investitionsprogramm Landwirtschaft des Bundes, besser bekannt als „Bauernmilliarde“. Im ersten Quartal 2022 brach das Kreditneugeschäft in der Sparte Landwirtschaft verglichen mit dem Vorjahreszeitraum hingegen um 15,9 Prozent ein.
Steigende Zinsen führen zu vorgezogenen Investitionen
Dabei haben die stark steigenden Zinsen im ersten Vierteljahr 2022 eigentlich zu einem sprunghaften Wachstum der Nachfrage nach Förderkrediten der Rentenbank geführt – aber eben nicht für den Kernbereich der Landwirtschaft. Steinbock sprach von einem Vorzieheffekt durch die Erwartung weiter steigender Zinsen. So verzeichnete die Förderbank von Januar bis März 2022 ein Wachstum des Neugeschäfts mit Programmkrediten um 40,7 Prozent auf 1,88 Mrd. Euro. Der Zuwachs war jedoch vor allem auf die Bereiche Erneuerbare Energien und ländliche Entwicklung zurückzuführen. Dort verdoppelte sich Nachfrage nach günstigem Fremdkapital. Dabei hatte die Fördersparte „Erneuerbare Energien“ bereits 2021 ein Plus von 21,4 Prozent auf 1,07 Mrd. Euro an neuen Programmkrediten verzeichnet, vor allem zur Finanzierung von Windkraftanlagen.
Das beste Frühjahrsquartal in der Bankgeschichte
Der Rentenbank bescherte der Effekt vorgezogener Investitionen in den ersten drei Monaten des laufenden Jahres das beste Frühjahrsquartal ihrer Geschichte. Zwar rechnet Steinbock mit einer nachlassenden Dynamik der Kreditnachfrage im weiteren Jahresverlauf. Dennoch „trauen wir uns ein Neugeschäft mit Förderkrediten in Höhe von 7 Mrd. Euro“ in 2022 zu, sagte die Vorstandschefin. Das würde einer Steigerung des Neugeschäfts um rund 25 Prozent gegenüber dem Vorjahr entsprechen. Die Impulse kommen vor allem aus dem Bereich der erneuerbaren Energien. Der Ukraine-Krieg und die Turbulenzen am Energiemarkt beflügeln die Investitionen in regenerative Energien.
2023 wird für die Landwirte ein schwieriges Jahr
Für das Geschäft der Rentenbank erwartet Steinbock keine direkten Auswirkungen der russischen Invasion in der Ukraine. Für die Landwirtschaft zeichnete die Bankerin allerdings einen gemischten Ausblick: „2022 wird für die deutsche Landwirtschaft insgesamt noch gut“, allerdings mit extrem differenzierten Ergebnissen, je nach Produktionsrichtung. Das Jahr 2023 wird nach ihrer Einschätzung für die Landwirte jedoch insgesamt schwierig, weil die gestiegenen Kosten für Betriebsmittel dann voll durchschlagen und die Transformation der Tierhaltung ansteht. „Der eine oder andere Betrieb wird aufgeben oder aus der Tierhaltung aussteigen“, sagte Steinbock.
Rentenbank will moderner und nachhaltiger werden
Bei der ersten Bilanzpressekonferenz der neuen Vorstandschefin wurde deutlich, dass Steinbock die Rentenbank moderner und innovativer aufstellen will. Im vergangenen Jahr führte sie Nachhaltigkeits-Leitlinien und Ziele für ein Nachhaltigkeitsprogramm bis 2026 ein. Der Geschäfts- und der Nachhaltigkeitsbericht werden zusammengeführt. Die Innovationsförderung für agrarnahe Start-ups, die im Juli 2021 aufgenommen wurde, soll kräftig ausgebaut werden. Steinbock will, dass die Rentenbank die zentrale „Transformationsbank für die Agrarwirtschaft in Deutschland“ wird. Dazu passt auch ein äußerliches Novum: Ein Rentenbank-Vorstand, der bei der Bilanzpressekonferenz geschlossen ohne Krawatten auftritt.