Das ist ein Artikel vom Top-Thema:

Kranken- und Pflegekassenbeiträge

Vor dem Rentenantrag rechnen

Bald in Rente gehen? Wer den Hof nicht abgeben will, muss weiterhin Beiträge an die LKK bezahlen.
Hermann Brengelmann
am Donnerstag, 10.11.2022 - 11:16

Wenn Landwirte die Altersrente der landwirtschaftlichen Alterskasse beziehen wollen, muss der Hof nicht mehr abgegeben werden. Doch Vorsicht! Oft werden dann doppelte Kranken- und Pflegekassenbeiträge fällig.

Die Hofabgabeverpflichtung als Voraussetzung für eine Rente aus der Landwirtschaftlichen Alterskasse (LAK) ist seit August 2018 abgeschafft. Den Betrieb weiter zu bewirtschaften und gleichzeitig Rente aus der LAK zu beziehen, wirkt sich aber weitreichend auf die Beiträge zur Landwirtschaftlichen Krankenkasse (LKK) und zur Pflegeversicherung (LPV) aus.

Beitragshöhe und Beitragsgrenze

Bezieht ein Landwirt Rente aus der landwirtschaftlichen Alterskasse und bewirtschaftet seinen Betrieb weiter, fallen für ihn doppelte Beiträge zur LKK und LPV an: Einmal als Rentner 11 % seiner Rente (7,95 % KK + 3,05 % PV + 0,35 % für Kinderlose) und als Unternehmer entsprechend der Beitragsklasse 1 bis 20.

Wer weitere Einnahmen aus selbstständiger gewerblicher Tätigkeit hat, z. B. aus einer Biogas-, Photovoltaik- oder Windkraftanlage, muss auch dafür Beiträge zahlen. Das gilt auch für Erträge aus gewerblich geführten Hofläden oder Hofcafés. Der Beitrag liegt bei circa 18,95 % der Erträge (15,9 % KK und 3,05 % PV, ggf. plus Zuschlag für Kinderlose). Beitragsverpflichtung und Beitragshöhe sind gesetzlich geregelt. Gewerbliche selbstständige Einkünfte werden im Einkommensteuerbescheid nachgewiesen.

Sobald eine gesetzliche Rente bewilligt wird (oder auch ruht, z. B. bei Überschreitung der Hinzuverdienstgrenzen), werden die bislang beitragsfreien Einkünfte – also Arbeitseinkommen und gewerbliche Erträge – zum beitragspflichtigen Arbeitseinkommen. Die Höhe der monatlichen Beiträge aus Renten, Versorgungsbezügen und Arbeitseinkommen bzw. gewerblichen Erträgen ist begrenzt: Sie dürfen den Höchstbeitrag der Beitragsklasse 20 nicht überschreiten. Als Unternehmer beträgt dieser 814,77 € (2022) einschließlich KK und PV. Eventuell zu viel gezahlte Beiträge werden Anfang des Folgejahres erstattet.

Beispiel 1: Vollerwerbslandwirt bezieht Rente und bewirtschaftet den Hof weiter. Ein Vollerwerbslandwirt bezieht eine monatliche Rente aus der LAK in Höhe von 600 € und bewirtschaftet seinen Betrieb mit der Größe von 65 ha weiter wie bisher. Auf seinen Wirtschaftsgebäuden hat er eine Photovoltaikanlage, die ihm monatlich 1500 € an Ertrag liefert. Bei der LKK ist er in Beitragsklasse 11 eingestuft.

  • Beitrag für Rente und Hof: Der Landwirt bezahlt als Unternehmer in Beitragsklasse 11 monatlich einen Betrag von 377,55 € an die LKK und 66,83 € an die LPV, also insgesamt 444,38 €. Auf seine Rente aus der LAK in Höhe von 600 € zahlt er 11 % Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge (7,95 % KK + 3,05 % PV, ggf. plus Zuschlag), das sind insgesamt 66 € monatlich.
  • Beiträge für gewerbliche Einnahmen: Da der Landwirt eine Rente bezieht, werden die bislang beitragsfreien Erträge aus der Photovoltaikanlage beitragspflichtig. Auf den Ertrag der Photovoltaikanlage in Höhe von 1500 € monatlich zahlt er einen Beitragssatz von 18,95 % (15,9 % KK + 3,05 % PV, ggf. plus Zuschlag für Kinderlose). Somit muss er für die Photovoltaikanlage monatlich einen Beitrag von 284,25 € an LKK und LPV entrichten. Der Landwirt zahlt anstatt 444,38 € nun insgesamt 794,63 € monatlich an die LKK und PV. Die Mehrbelastung durch den Bezug der Rente beträgt 66 € + 284,25 € = 350,25 €. Damit ist die Mehrbelastung immer noch erheblich niedriger als der Rentenanspruch in Höhe von 600 € monatlich.

Regelung gilt auch für den Nebenerwerb

Auch Nebenerwerbslandwirte, die ihren Betrieb weiter bewirtschaften, sind von dieser Regelung betroffen, wobei eine Besonderheit zu beachten ist: Nebenerwerbslandwirte, die eine Rente aus ihrem Hauptjob beziehen und den Betrieb weiter bewirtschaften, wechseln in die LAK und LPV. Die Beitragsbemessung richtet sich nach der Beitragsklasse des Betriebes und nach dem Zahlbetrag der Rente. Sobald der Betrieb die Mindestgröße (8 ha) unterschreitet, entfällt der Unternehmerbeitrag und der Landwirt wechselt dann in die Krankenversicherung der Rentner.

Beispiel 2: Nebenerwerbslandwirt bezieht Rente und bewirtschaftet den Hof weiter. Ein ehemaliger Nebenerwerbslandwirt bewirtschaftet seinen Hof (20 ha) weiter und erhält eine Rente aus seinem Hauptjob. Bei Bewilligung der Rente werden die bislang beitragsfreien Einkünfte aus Gewerbebetrieb bzw. Arbeitseinkommen beitragspflichtig. Die Rente von der Deutschen Rentenversicherung beträgt 1700 €. Ferner bezieht er eine Rente aus der LAK in Höhe von 250 €. Als Nebenerwerbslandwirt wechselt er in die LKK und LPV.

  • Beitrag für Rente und Hof: Der Landwirt bezahlt zunächst als Unternehmer in Beitragsklasse 4 einen Beitrag an die LKK in Höhe von 207,96 €. Zudem bezahlt er auf seine Rente von der Deutschen Rentenversicherung 1700 € = 187 € (1700 x 11 %) und auf die Rente der LAK 27,50 € (250 x 11 %) auch an die Landwirtschaftliche Krankenkasse. Der Landwirt hat insgesamt einen Rentenanspruch von 1950 € monatlich. Die Mehrbelastung als Rentner durch die LKK-Beiträge beträgt insgesamt (187 € plus 27,50 €) 214,50 €. Somit liegt der Rentenanspruch mit 1950 € weit über der Mehrbelastung durch die LKK-Beiträge.

Hier sollte man auf den Rentenantrag verzichten

  • Beiträge für gewerbliche Einnahmen: Hätte der Landwirt zusätzliche Erträge aus einer gewerblichen Photovoltaikanlage in Höhe von jährlich 50 000 €, müsste er hierauf 18,95 % = 789,58 € Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge monatlich an die LKK abführen. Das sind 581,62 € mehr als der Unternehmerbeitrag von 207,61 €, den er ohne Rente bezahlen würde. Der Landwirt muss aber immer nur den Höchstbetrag von 814,77 Euro entrichten, den er in diesem Fall nicht erreicht. Die Mehrbelastung übersteigt seinen Rentenanspruch in Höhe von 250 € aus der LAK erheblich. Hier lohnt es sich, auf den Rentenantrag zu verzichten.

Nebenerwerbslandwirte, die zuerst für eine bestimmte Zeit nur eine Rente aus der Deutschen Rentenversicherung beziehen, sollten dies der LKK mitteilen, damit keine hohen Nachzahlungen entstehen.

Fazit: Durch die Abschaffung der Abgabeverpflichtung sollten Sie bei Rentenbezug und gleichzeitiger Weiterbewirtschaftung genau rechnen.