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Steuerrecht

Auch Nießbrauch am Hof begünstigt?

Erbschaftsteuer_B1
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Externer Autor
am Freitag, 11.06.2021 - 07:21

Bei der Erbschaftsteuer sind landwirtschaftliche Betriebe begünstigt. Ob das auch für ein Nießbrauchsrecht gilt, hat der Bundesfinanzhof entschieden.

Eine Bäuerin erbte von ihrem verstorbenen Ehemann ein Nießbrauchsrecht an einem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb. Den Hof hatte der Ehemann vor seinem Tod an den Sohn übergeben und sich ein unentgeltliches lebenslängliches Nießbrauchsrecht am Hof vorbehalten. Im Übergabevertrag regelten die Beteiligten, dass nach dem Tod des Mannes seine Ehefrau das Nießbrauchsrecht erben sollte.

Die Ehefrau wollte in der Erbschaftsteuererklärung die Steuerbegünstigungen für land- und forstwirtschaftliches Vermögen in Anspruch nehmen (§§ 13a, 13b ErbStG). Das Finanzamt setzte jedoch den Kapitalwert der Nutzung als Wert der Bereicherung an. Dieser ergibt sich aus dem Jahreswert, in diesem Fall dem Gewinn, der in Zukunft im Durchschnitt der Jahre voraussichtlich erzielt wird, multipliziert mit einem Vervielfältiger, der von der statistischen Lebenserwartung abhängt.

Erste Instanz lehnt die Verschonung ab

Diesen Kapitalwert versteuerte das Finanzamt voll, weil es den Verschonungsabschlag für land- und forstwirtschaftliches Vermögen dafür ablehnte. Die Ehefrau habe keinen Hof geerbt, sondern nur ein Recht. Dagegen klagte die Ehefrau.

Die Richter des Finanzgerichts Münster entschieden in erster Instanz, dass die Begünstigungen für land- und forstwirtschaftliches Vermögen nicht für ein Nießbrauchsrecht gelten. Folglich musste es die Ehefrau in voller Höhe versteuern (Urteil vom 29. 11. 2018, 3 K 3014/16 Erb). Das Nießbrauchsrecht sei ein Nutzungsrecht an dem Betrieb, nicht am begünstigten Betriebsvermögen. Da kein land- und forstwirtschaftliches Vermögen auf die Klägerin übergegangen sei, könne sie den Verschonungsabschlag auch nicht in Anspruch nehmen.

Landwirtin ging in Revision.

Die Landwirtin ging in Revision. Der Fall landete beim Bundesfinanzhof (BFH). Die Richter gaben ihr recht und verwiesen die Klage zurück ans Finanzgericht (Urteil vom 25. 11. 2020, Az. II R 9/19). Das Nießbrauchsrecht stellt aus Sicht des BFH ein immaterielles Wirtschaftsgut dar, das bewertungsrechtlich zum Wirtschaftsteil des Betriebs der Land- und Forstwirtschaft gehören kann. Voraussetzung dafür ist, dass es sich auf land- und forstwirtschaftliches Vermögen bezieht. Auch wenn es abstrakt klingt, hatte sie möglicherweise erbschaftsteuerlich einen echten Landwirtschaftsbetrieb erworben, aber ohne materielles Vermögen.

Das Finanzgericht muss im zweiten Verfahrensgang noch weitere Feststellungen über das begünstigungsfähige Vermögen und die Höhe der zu gewährenden Begünstigung treffen. Dabei ist es an die Grundsätze gebunden, die der Bundesfinanzhof in diesem Verfahren neu aufgestellt hat.

Doppelte Begünstigung für Vermögen

„Spannend ist an dem Urteil, dass Mutter und Sohn die Begünstigung doppelt bekamen“, sagt Ludwig Brummer, Steuerberater bei Ecovis in Freising. Möglich macht dies eine Theorie der Rechtsprechung: Bei der Nießbrauchsbestellung am land- und forstwirtschaftlichen Betrieb entstehen zwei Betriebe – ein ruhender in der Hand des Eigentümers und ein aktiv bewirtschafteter in der Hand des Nießbrauchers.