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Recht

Nachtarbeit: Darf man rund um die Uhr aufs Feld?

Stefan Meier, Rechtsanwalt, BBV München
am Freitag, 08.07.2022 - 09:36

Dringende Feldarbeiten erfordern manchmal auch den Maschineneinsatz in die Nacht hinein oder am Sonntag. Was ist erlaubt und den Nachbarn zumutbar?

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Gerade die Erntezeit ist für viele Landwirte mit erheblichem Arbeitsaufwand verbunden. Das rechtzeitige Eintreffen des Lohnunternehmers, der Transport des Ernteguts nach dem Dreschen zum Hof sowie vor allem die Sorge um gutes Wetter bestimmen dabei die tägliche Arbeit.

Wenn dazu noch Diskussionen und Probleme mit Anwohnern wegen des Lärms der Erntemaschinen oder Arbeiten an Sonn- und Feiertagen kommen, führt es zu einer weiteren Erhöhung des Stressniveaus.

Um zumindest Streitigkeiten wegen Lärms oder der Sonntagsarbeit zu verhindern, sollten sich Landwirte der rechtlichen Rahmenbedingungen bewusst sein.

Für nächtlichen Lärm gibt es Grenzwerte

Grundsätzlich unterliegen alle Arbeiten, die zu einer Lärmbeeinträchtigung der benachbarten Bevölkerung führen können, den Bestimmungen des Immissionsschutzrechts. Somit sind davon auch Feld- und Erntearbeiten von Landwirten erfasst. Da schädliche Umwelteinwirkungen von der Nachbarschaft nach den Regelungen des Immissionsschutzrechts nicht hingenommen werden müssen, können Nachbarn verlangen, dass erhebliche Lärmbeeinträchtigungen unterlassen werden.

Ob schädliche Umwelteinwirkungen durch den Lärm von Erntemaschinen vorliegen, wird anhand der Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm vom 26. 8. 1998 (TA Lärm) beurteilt. Zwar richten sich die Regelungen der TA Lärm grundsätzlich an solche Anlagen, die nach Bundesimmissionsschutzrecht genehmigungspflichtig sind, was bei landwirtschaftlichen Maschinen eigentlich nicht der Fall ist, jedoch wird von der Rechtsprechung für die Beurteilung von Lärmemissionen aus nicht genehmigungsbedürftigen landwirtschaftlichen Anlagen auch auf die TA Lärm zurückgegriffen.

Feld- und Erntearbeiten an Werktagen sind dabei im Regelfall zulässig. Probleme treten jedoch immer wieder bei Erntearbeiten an Sonn- und Feiertagen sowie zur Nachtzeit auf.

Der von Maschinen wie Mähdreschern, Feldhäckslern, Traktoren o. ä. ausgehende Lärm ist den Anwohnern nur dann zumutbar, wenn die in der TA Lärm genannten Emissionsrichtwerte eingehalten werden.

  • In Dorfgebieten, Mischgebieten sowie bei einzelstehenden Wohnhäusern im Außenbereich darf der Emissionsgrenzwert von 45 dB(A) nachts nicht überschritten werden.
  • Bei allgemeinen Wohngebieten und Kleinsiedlungen liegt der Emissionsgrenzwert bei 40 dB(A).
  • Bei reinen Wohngebieten dürfen 35 dB(A) nachts nicht überschritten werden.
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Als Nachtzeit gilt dabei der Zeitraum zwischen 22 Uhr und 6 Uhr. Tagsüber gelten jeweils höhere Grenzwerte. Einzelne kurzzeitige Geräuschspitzen dürfen dabei die vorstehend aufgeführten Werte nachts um maximal 20 dB(A) und tagsüber um nicht mehr als 30 dB(A) überschreiten.

Soweit die Feld- und Erntearbeiten an nicht mehr als zehn Tagen oder Nächten eines Kalenderjahres und an nicht mehr als jeweils zwei aufeinanderfolgenden Wochenenden stattfinden, gilt in allen der vorbezeichneten Gebietstypen ein Grenzwert für seltene Ereignisse von 55 dB(A), der einzuhalten ist.

Grundsätzlich lässt sich festhalten, dass Erntearbeiten unter dem Aspekt des Lärmschutzes auch an Sonn- und Feiertagen sowie nachts zulässig sind, wenn die vorgenannten Grenzwerte eingehalten werden.

Unaufschiebbare Arbeiten sind am Sonntag erlaubt

Zudem sind auch die Regelungen des Gesetzes über den Schutz der Sonn- und Feiertage in Bayern zu beachten. Danach sind an Sonntagen und den gesetzlichen Feiertagen öffentlich bemerkbare Arbeiten, die die Feiertagsruhe beeinträchtigen, verboten. Für dieses Verbot besteht jedoch eine Ausnahme, wenn es sich um unaufschiebbare Arbeiten handelt, die zur Befriedigung häuslicher oder landwirtschaftlicher Bedürfnisse, zur Abwendung eines Schadens an Gesundheit oder Eigentum, im Interesse öffentlicher Einrichtungen oder zur Verhütung oder in Beseitigung eines Notstandes erforderlich sind.

Das bedeutet, dass beispielsweise die Erntearbeiten aus zwingenden Gründen nicht zu einem späteren Zeitpunkt durchgeführt werden können.

Im Wesentlichen werden an diese Voraussetzungen hinsichtlich der Erntearbeiten keine überzogenen Anforderungen gestellt, sodass insbesondere bei einem drohenden Verlust der Ernte oder drastischen Minderungen der Qualität Erntearbeiten auch an Sonn- und Feiertagen nach den Regelungen des Feiertagsgesetzes zulässig sind.

Die Ausnahmen nur vorsichtig gebrauchen

Hinsichtlich aller vorgenannter Punkte empfiehlt es sich jedoch, von diesen teilweise auch speziell für die Landwirtschaft geregelten Ausnahmetatbeständen vorsichtig und rücksichtsvoll Gebrauch zu machen. Ernte- und Feldarbeiten sollten nur in dringenden Ausnahmefällen nachts sowie an Sonn- und Feiertagen durchgeführt werden.

Lassen sich die Arbeiten zu solchen Zeiten einmal nicht vermeiden, kann auch eine Information der Anwohner vor Beginn der Arbeiten sinnvoll sein. Häufig hilft eine Erläuterung im persönlichen Gespräch darüber, warum gerade zu diesem Zeitpunkt die Arbeiten notwendig sind, Ärger mit den Anwohnern zu vermeiden.