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Lebensmittelversorgung

Milch lässt sich nicht im Homeoffice verarbeiten

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Ulrich Graf
Ulrich Graf
am Montag, 30.03.2020 - 16:12

Molkereien arbeten daran, die Kette vom Milcherzeugung über die Verarbeitung bis in die Regale des Handels aufrecht zu erhalten.

Berlin – "Viele Betriebe produzieren derzeit rund um die Uhr, auch an den Wochenenden", erklärte Peter Stahl, Vorsitzender des Verbandes der Milchindsutrie. Die Versorgngskette müsse jetzt die von den Verbrauchern stark nachgefragten Milchprodukte soweit wie möglich störungsfrei produzieren und ausliefern.

Dafür brauchrt es ausreichend Personal. Einige Unternehmen beziffern die Personalausfälle in den Werken durch die Auswirkungen der Pandemie auf bis zu 30 Prozent, etwa weil Mitarbeiter nicht über die Grenzen pendeln können oder sich vorübergehend in Quarantäne befinden. Hier appelliert der MIV-Vorsitzende an die Behörden mit Augenmaß vorzugehen, wenn Quarantänemaßnahmen für Firmen oder regionale Gebiete zur Diskussion anstehen.

Hohes Hygieneniveau

Die Mitgliedsbetriebe hätten konsequent auf die Infektionsgefahr reagiert. „Die Prozesse in der Molkereiindustrie entsprechen ohnehin schon höchsten Hygienestandards. Zusätzlich haben die Unternehmen ein ganzes Bündel an Maßnahmen getroffen, um ihre Mitarbeiter und Lieferanten vor einer Ansteckung mit dem Virus zu schützen“ so Stahl weiter.

Zugleich erkenne der Verband ausdrücklich an, wieviel seitens des BMEL in kürzester Zeit zur Unterstützung der Ernährungsindustrie in die Wege geleitet worden ist, so z. B. die Sicherung der Kinderbetreuung für Beschäftigte in systemrelevanten Unternehmen und der freie Warenverkehr über die Bundesgrenzen hinaus.

Licht und Schatten beim Absatz

Auf der Absatzseite zeichnet sich für die Mitgliedsbetriebe des MIV ein äußerst ambivalentes Bild: Die Supermärkte und Discounter ordern vor allem Produkte wie H-Milch und H-Sahne, Kondensmilch, Butter sowie Käse nach. Einen nochmaligen Nachfrageschub erwartet der MIV zum Ostergeschäft. Darüber hinaus sind deutsche Molkereiprodukte sehr stark beim europäischen Lebensmitteleinzelhandel (LEH) gefragt; insbesondere aus Frankreich und Italien steigen die Bestellungen.

Gleichzeitig ist die Nachfrage vonseiten der Gastronomie faktisch zum Erliegen gekommen. Auch das für Deutschland als Netto-Exporteur wichtige Auslandsgeschäft mit Molkereiprodukten gestaltet sich z. T. äußerst schwierig. So ziehen Ausfuhren nach China als wichtiges Exportland erst wieder allmählich an; der Rohmilchexport nach Italien steht nach wie vor unter Druck.

Grundsätzlich verfügen die Molkereien derzeit über genug Milch, aber nicht alle Unternehmen können komplett ausliefern. Deshalb schlägt der MIV vor, dass einige Verordnungen im Lebensmittelkennzeichnungsrecht vorrübergehend außer Kraft gesetzt werden. Auf diese Weise könnten Verpackungen, die für die Gastronomie bestimmt sind, auch für den Verkauf im LEH genutzt werden.

Nicht die Zeit für scharfe Preisgespräche mit dem LEH

Außerdem bittet der Verband den LEH um Besonnenheit an der Preisfront. Eckhard Heuser, Hauptgeschäftsführer des MIV: „Vor dem Hintergrund der angespannten Situation ist jetzt nicht die richtige Zeit für scharf geführte Preisgespräche.“ Den Molkereien sei es gelungen, das Milchentgelt für die Bauern in den letzten Monaten konstant zu halten. „Momentan ist es noch zu früh für eine Prognose, in welche Richtung sich der Milchpreis entwickeln wird.“