Das ist ein Artikel vom Top-Thema:

Gemeinsame Agrarpolitik

Mehrfachantrag: Reform der Agrarpolitik bringt viele Neuerungen

Flächenkorrektur: Anpassungen kann man jetzt per App melden.
Albert Zollner, Bayerisches Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten
am Donnerstag, 23.03.2023 - 10:48

Der Mehrfachantrag kann ab sofort im Förderportal iBalis ausgefüllt werden. Die Abgabefrist endet am 15. Mai. Durch die Neugestaltung der Direktzahlungen ergeben sich zahlreiche Änderungen. Wir geben einen Überblick.

Digitale Flurkarte: Ungenau abgegrenzte Feldstücke etwa zu Wegen oder Landschaftselementen ergeben fehlerhafte Flächengrößen im Antrag und müssen korrigiert werden.

Die landwirtschaftlichen Betriebe erhalten in diesen Tagen wieder eine Postsendung mit den notwendigen Informationen für die Mehrfachantragstellung 2023. Bis spätestens 15. Mai muss der Mehrfachantrag einschließlich aller Anlagen beim Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) eingegangen sein.

Bei der Antragstellung ergeben sich zahlreiche Neuerungen als Folge der 2023 in Kraft getretenen Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) der Europäischen Union. Die „Grüne Architektur“ zielt dabei auf eine nachhaltigere Nutzung der natürlichen Ressourcen Boden, Wasser und Luft ab. Die bisher Regelungen im Rahmen des Greenings wurden mit weiteren Anforderungen in die Vorschriften zur Konditionalität überführt; die bisherige Greeningprämie entfällt. Neu in der ersten Säule sind Zahlungen für freiwillige Leistungen zugunsten von Klima, Umwelt und Tierwohl (Öko-Regelungen).

Kernstück ist die integrierte Feldstückskarte

Mit dem Mehrfachantrag können Landwirte eine Vielzahl von Maßnahmen im Förderportal iBalis unter www.ibalis.bayern.de beantragen. Kernstück von iBalis ist die integrierte Feldstückskarte. Darin werden alle Feldstücke eines Betriebs auf hochauflösenden Luftbildern rot umrandet dargestellt. Zusätzlich können viele geografische Informationen, zum Beispiel die Digitale Flurkarte (DFK) oder die Abgrenzung verschiedener Gebietskulissen (z. B. Wasserschutzgebiete, Rote und Gelbe Gebiete, Hangneigungskarten), einfach abgerufen werden. Nachfolgend werden die wichtigsten Eckpunkte des Mehrfachantrags erläutert.

1. Direktzahlungen nur an aktive Betriebsinhaber:

Das EU-Recht sieht vor, dass Direktzahlungen nur an aktive Betriebsinhaber gewährt werden dürfen. Hierfür ist in Deutschland eines der folgenden Kriterien zu erfüllen:

  • Der Betriebsinhaber selbst oder sein Unternehmen ist Mitglied in der landwirtschaftlichen Unfallversicherung (SVLFG). Die Kriterien werden auch bei einer Mitgliedschaft in der Unfallversicherung Bund und Bahn sowie bei einem Unfallversicherungsträger im Landesbereich erfüllt. Als Nachweis gilt der jüngste Beleg über die Beitragszahlung, z. B. Kontoauszug oder der Beitragsbescheid der SVLFG. Wenn noch nicht vorhanden, dann ist ein Beleg über den Beginn der Zuständigkeit der jeweiligen Unfallversicherung ausreichend.
  • Die Eigenschaft aktiver Betriebsinhaber ist auch ohne die genannten Nachweise gegeben, wenn der Betriebsinhaber im Vorjahr vor Anwendungen von Sanktionen nicht mehr als 5000 € Direktzahlungen erhalten hat.
  • Betriebsinhaber, die im Vorjahr keinen Antrag auf Direktzahlungen gestellt haben, gelten als aktive Betriebsinhaber, wenn die förderfähige Fläche im Mehrfachantrag mit dem Betrag von 225 €/ha multipliziert höchstens 5000 € ergibt.

Im Mehrfachantrag ist anzugeben, welcher der genannten Fälle zutrifft. Ein entsprechender Nachweis, dass eines der Kriterien erfüllt wird, ist dem Mehrfachantrag beizufügen.

2 Einkommensgrundstützung (EGS) ersetzt Basisprämie

Die Einkommensgrundstützung ersetzt die bisherige Basisprämie aus dem Vorjahr. Auch die bisherigen Zahlungsansprüche (ZA) und die Kleinerzeugerregelung sind entfallen. Die Einkommensgrundstützung wird als bundeseinheitlicher Betrag mit voraussichtlich ca. 157 € je Hektar förderfähiger Fläche gewährt. Bei Beantragung der Einkommensgrundstützung sind die Grundanforderungen an die Betriebsführung (GAB) und die Standards für die Erhaltung von Flächen in gutem landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand (GLÖZ) einzuhalten.

Welche Kulturen förderfähig sind, kann man der Liste zur Codierung der Nutzung in der „Anleitung zum Ausfüllen des Flächen- und Nutzungsnachweis (FNN)“ entnehmen; sie sind dort in der Spalte „Direktzahlungen (DZ)“ mit einem „B“ gekennzeichnet. Stehen auf einer Fläche des Betriebs förderfähige Kulturen, sind diese im FNN mit „B“ zu kennzeichnen und gelten damit als beantragt.

Zusätzlich müssen die Flächen dem Betriebsinhaber am 15. Mai 2023 zur Verfügung stehen, das heißt vom Antragsteller in eigenem Namen und auf eigene Rechnung bewirtschaftet und grundsätzlich das gesamte Jahr 2023 für landwirtschaftliche Zwecke genutzt werden. Ist dies nicht der Fall, kann eine Fläche nicht mit „B“ beantragt werden und ist folglich mit „N“ zu kennzeichnen.

Schläge, die für die Direktzahlung beantragt werden, müssen grundsätzlich eine Größe von mindestens 0,1 ha aufweisen und mit einem einheitlichen Nutzungscode angegeben werden. Bei Schlägen, die zumindest teilweise durch die gesetzlichen Bewirtschaftungsbeschränkungen auf Gewässerrandstreifen (BayNatSchG oder WHG) entstehen, beträgt die Mindestschlaggröße 0,01 ha. Dies gilt auch für weitere gesetzliche Nutzungsbeschränkungen. Hierfür ist es erforderlich, dass diese Flächen im iBalis entsprechend digitalisiert werden.

3. Umverteilungseinkommensstützung (UES)

Zusätzlich zur Einkommensgrundstützung kann die Umverteilungseinkommensstützung beantragt werden. Sie wird für Flächen bis maximal 60 ha gewährt, wobei für die ersten 40 ha eines Betriebes ein höherer Betrag gewährt wird als für die nächsten 20 ha. Mit dieser Zahlung werden kleinere Betriebe unterstützt.

4. Einkommensstützung für Junglandwirte (JES)

Die JES ersetzt die bisherige Zahlung für Junglandwirte und wird im Hinblick auf den Prämiensatz sowie auf die förderfähige Fläche je Betrieb deutlich erhöht. Sie wird für maximal 120 ha förderfähige Fläche und für einen Zeitraum von maximal fünf Jahren ab erstmaliger Antragstellung gewährt.

Als Junglandwirt gilt, wer sich erstmals in einem landwirtschaftlichen Betrieb als Betriebsleiter niederlässt und im Jahr der Niederlassung sowie im ersten Jahr der Beantragung der JES nicht älter als 40 Jahre ist. Dies bedeutet, dass der Junglandwirt in dem Jahr der erstmaligen Beantragung der JES noch nicht das 41. Lebensjahr vollenden darf (für die Beantragung im Jahr 2023: Geburtsdatum 1.1.1983 und später). Die Niederlassung muss vor der erstmaligen Beantragung der JES erfolgt sein. Die JES kann nur gewährt werden, wenn die erstmalige Beantragung spätestens im fünften Jahr nach dem Jahr der Niederlassung erfolgt.

Ist der Betriebsinhaber eine juristische Person oder eine Vereinigung von natürlichen Personen (z. B. GbR), so kann die Junglandwirte-Einkommensstützung grundsätzlich auch in diesen Fällen dem Betriebsinhaber gewährt werden. Hier wird empfohlen, Fragen frühzeitig mit dem AELF abzuklären.

Junglandwirte müssen ab 2023 zusätzliche Qualifikationsanforderungen erfüllen. Dies kann durch eine abgeschlossene Ausbildung im Bereich der Landwirtschaft oder einen Studienabschluss im Bereich der Agrarwirtschaft erreicht werden. Auch eine Teilnahme am Bildungsprogramm Landwirtschaft (BiLA) wird unter bestimmten Voraussetzungen anerkannt. Daneben gibt es noch weitere Möglichkeiten, mit denen die Qualifikation nachgewiesen werden kann. Diese können beim AELF erfragt werden.

Übergangsregelung: Junglandwirte, die bereits 2022 die Zahlung für Junglandwirte erhalten, aber die max. Förderdauer von fünf Jahren noch nicht erreicht haben, brauchen die neuen Anforderungen zur Qualifikation nicht erfüllen. Für sie gelten für den verbleibenden Zeitraum ebenfalls die neue Förderhöhe und Obergrenze von 120 ha.

5. Ausgleichszulage in benachteiligten Gebieten

Die Ausgleichszulage können Landwirte mit Betriebssitz in Bayern erhalten, die mindestens 3 ha LF in benachteiligten Gebieten Bayerns bewirtschaften. Die Höhe der Förderung richtet sich nach dem Grad der Benachteiligung der förderfähigen Fläche und wird nach dem Bewirtschaftungssystem differenziert. Der Grad der Benachteiligung richtet sich nach der durchschnittlichen Ertragsmesszahl (EMZ) der förderfähigen Flächen des Antragstellers. Die Einstufung in ein Bewirtschaftungssystem orientiert sich am Anteil der Dauergrünlandfläche an der LF. Betrachtet werden dabei nur die in Bayern gelegenen Flächen. Die Förderhöhe ist gestaffelt und beträgt:

  • Für Betriebe im Bewirtschaftungssystem „Dauergrünland ab 65 % der LF“ gestaffelt nach Durchschnitts-EMZ: 50 bis 200 €/ha.
  • Für Betriebe im Bewirtschaftungssystem „Dauergrünland unter 65 % der LF“ gestaffelt nach der Durchschnitts-EMZ: 25 bis 100 €/ha.
  • Für anerkannte Almen/Alpen und für Flächen über 1000 m werden unabhängig vom Grad der Benachteiligung 200 €/ha gewährt.

Darüber hinaus kann ein ergänzender Hangzuschlag für Steilflächen > 20 % Hangneigung (50 €/ha)gewährt werden. Bei Betrieben mit mehr als 75 ha LF wird der Förderbetrag nach einem festgelegten Schlüssel anteilig gekürzt.

6. Agrarumwelt- und Klimamaßnahmen (AUKM):

Über den Mehrfachantrag ist von allen Betrieben, die an AUKM teilnehmen, die Einhaltung der Verpflichtungen für alle vereinbarten Maßnahmen zu bestätigen. Die Daten im Mehrfachantrag bilden die Grundlage zur Berechnung der jährlichen Auszahlung.

7. Transaktionskostenzuschuss für ökologische Bewirtschaftung

Der Transaktionskostenzuschuss wird für den zusätzlichen Arbeitszeitbedarf für die Betriebsführung, beschränkt auf die Bereiche Aufzeichnungen, Antragswesen, Information und Weiterbildung gewährt. Betriebe mit laufenden B10-Verpflichtungen können den Zuschuss mit dem Mehrfachantrag beantragen. Antragsteller, die erstmals heuer an der Maßnahme „Ökologischer Landbau im Gesamtbetrieb – O10)“ teilnehmen, müssen nur die Auszahlung im Mehrfachantrag beantragen.

8. Zuschuss zur Mehrgefahrenversicherung:

Erstmals wird im Jahr 2023 eine Förderung von Mehrgefahrenversicherungen in der bayerischen Landwirtschaft gewährt. Damit wird die eigenverantwortliche betriebliche Risikovorsorge der bayerischen Landwirte gegen extreme Wetterereignisse wie Hagel, Sturm, Starkregen, Frost und Trockenheit gestärkt. Voraussetzung ist die Einholung eines Angebotes und der Abschluss eines Versicherungsvertrages. Die Beantragung der Mehrgefahrenversicherung erfolgt mit dem Mehrfachantrag (siehe hierzu auch Wochenblatt 1/2023).

9 Erschwernisausgleich Pflanzenschutz (EPS)

Beihilfefähig ist der in der Pflanzenschutz-Anwendungsverordnung festgelegte Verzicht auf die Anwendung von Herbiziden und bestimmten Insektiziden in Naturschutzgebieten, Nationalparks, Nationalen Naturmonumenten, Naturdenkmälern und gesetzlich geschützten Biotopen im Sinne des § 30 BNatSchG auf produktiv genutzten Ackerflächen (Förderung ca. 382 €/ha) sowie Obst- und Weinbauflächen (Förderung ca. 1527 €/ha).

10. Ausgleichszahlung für Gewässerrandstreifen (GWZ)

Für die Einschränkungen bisher zulässiger und tatsächlich ausgeübter Nutzungen an Gewässerrandstreifen (nach Art. 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BayNatSchG) soll gemäß Art. 21 Abs. 3 BayWG nach Maßgabe der verfügbaren Haushaltsmittel ein angemessener Geldausgleich gewährt werden.

11. Öko-Regelungen

Die Öko-Regelungen sind ein zentrales und neues Element der GAP. Die Landwirte können dabei zusätzliche freiwillige Leistungen für den Umwelt- und Klimaschutz erbringen und erhalten dafür zusätzliche Prämien.

Die einzelnen Öko-Regelungen werden in der nächsten Ausgabe des Wochenblattes ausführlich vorgestellt. Dabei werden auch die Anforderungen an den guten landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand erläutert.

Bayerisches Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, München

Neue Codes für die Nutzungen

Zur Antragstellung 2023 gibt es neue Nutzungscodes:

  • 434: Klee/Leguminosen-Gras Gemisch (Leguminosen überwiegt)

  • 481: Streuobstfläche ohne Wiesennutzung.

  • 884: Brache mit Rohboden bis zum Beginn der Bewirtschaftungsruhe.

  • 885: Brache/-streifen mit Verbot der Mindesttätigkeit (mehrjährig).
  • 913: Samenvermehrung für Wildkräuter und Wildgräser.
  • 917: Sonstige Mischkulturen ohne Mais.
  • 918: Brache/-streifen mit mehrjähriger Blühmischung.

Für Gemüse werden keine Sammel-Nutzungscodes mehr angeboten. Folgende NC haben eine neue Bedeutung:

  • 610: Beetweiser Anbau von Gemüse.

  • 650: Beetweiser Anbau von Küchenkräutern/Heil- und Gewürzpflanzen

  • 720: Beetweiser Anbau Zierpflanzen

Die Beete mit Kulturarten innerhalb eines Schlages benötigen nicht die Mindestgröße von 0,1 ha.