
Menschen brauchen Fläche für die Ernährung und zum Leben. Und mehr Menschen brauchen auch mehr davon: Der globale Druck auf Land wird bis 2050 enorm zunehmen. Beim Triesdorfer Lichtmesstag lieferte Prof. Peter Breunig von der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf (HSWT) die dazu gehörenden Zahlen: Der Bedarf an Agrarprodukten steigt um 45 %, bei Holz um 70 % und schon jetzt ist politisch entschieden, dass bis 2030 rund 30 % der Fläche unter Naturschutz gestellt werden soll. Deshalb ist seine Frage hoch brisant: „Wie kann es uns gelingen, bei begrenzten Ressourcen immer weiteres Wachstum zu generieren?“ Denn natürlich wollen die nachkommenden Generationen leben – satt und in gesicherter, wohnlicher Umgebung.
Hier oder anderswo Lebensmittel erzeugen?

Fest steht für Breunig: „Wir in Deutschland essen auf Kosten anderer! Auf 16,7 Millionen Hektar erzeugen wir Lebensmittel. Tatsächlich wird mehr konsumiert, als wir erzeugen können. So importieren wir gleichzeitig Nahrungsmittel. Das heißt, irgendwo auf der Welt beanspruchen wir 2,3 Millionen Hektar Fläche für unsere Versorgung.“
Alle Akteure seien deshalb gefordert, Bedarf und Ressourcen in eine Balance zu bringen. Die Wirtschaftsweise hat entscheidenden Einfluss auf Produktionsmenge und Umwelt. Konventionelle Landnutzung produziert zwar einen höheren Output an CO2-Äquivalenten pro Fläche bei weniger Humusaufbau, kann aber auf einem Hektar fast doppelt so viel Getreide erzeugen als ökologische Landnutzung. Die „eingesparte Fläche“ kann aus der Bewirtschaftung genommen werden und dadurch bis zu 10 t CO2 pro Jahr binden. So könne konventionelle Bewirtschaftung durch höhere Erträge und Flächeneinsparung zu Klimavorteilen führen.

Breunig ist jedoch überzeugt, man brauche den Ökoanbau weiter. Ökolebensmittel sind Realität. Sie haben sich einen Markt erobert und erfahren eine hohe Akzeptanz. Ihr Beitrag als Zelle der Landwirtschaft zu Innovationen und Weiterentwicklung sei eindeutig. Doch es gelte auch anzuerkennen, dass wir global betrachtet, Ertragssteigerungen, d. h. Erhöhung des Flächenoutputs brauchen, insbesondere im Hinblick auf die wachsende Weltbevölkerung. Geringer Output pro Fläche bedeute langfristig, mehr Fläche muss gerodet und in Bewirtschaftung genommen werden. Mit der Konsequenz, dass die Umnutzung von Fläche der Treiber in Bezug auf Klimakrise und Artensterben ist.

Der Vortrag von Breunig wurde im zweiten Teil zu einem Streitgespräch auf der Bühne mit Norbert Bleisteiner (Triesdorfer Fachzentrum für Energie und Landtechnik). In Form eines Dialoges bzw. kontroversen Diskussion unterstellte er Breunigs Aussagen einem „Praxischeck“: Für ihn stellt sich die Frage, wie kann man im Ökoanbau bei rückläufigen Tierbestände die Nährstoffkreisläufe schließen.
Ökoanbau und weniger Fleisch?
„Die Marktentwicklung bei Ökoprodukten sehe ich kritisch, vor allem den Umsatzeinbruch bei Bioprodukten nach Corona. Interessanterweise hat der Umsatz bei Low cost Bio-Anbietern zugenommen“, so Bleisteiner. Die Studie zu ökologischer und konventioneller Wirtschaftsweise mit den unterschiedlichen Flächenansprüche und Output-Effekten zeige, dass man übergreifende Lösungen finden kann. Er sieht Chancen darin, die konventionelle Wirtschaftsweise zu ökologisieren und diese Produkte bezahlbar zu machen. Das hätte Umwelt- und Akzeptanzeffekte bei Erzeugern und bei Verbrauchern. Es gelte Anbausystem dynamisch weiter zu entwickeln.
Auch das Thema Energie spielt sich auf der „gleichen Fläche“ ab – vor allem die Herausforderungen der Erneuerbaren Energien. „Fläche und Rohstoffe sind die entscheidenden Faktoren“, konstatierte Bleisteiner. Er fordert eine ganzheitliche Betrachtung: „Externe Kosten wie Treibhausgasemissionen, Biodiversitätsverluste, Pestizidnutzung gilt es abzuleiten und zuzurechnen. Ehrlichkeit ist hier der Schlüssel.“
Da Tiere Grünland und Nebenprodukte verwerten können und der Flächenbedarf insgesamt sinkt, bietet die Tierhaltung Klimavorteile. Doch wie in vielen Bereichen ist die Menge entscheidend. Hier sei jeder Einzelne „handlungsbevollmächtigt“. Veränderte Ernährungsgewohnheiten, sprich weniger Fleischkonsum, sind für Breunig der größte Hebel, um den Druck auf die Fläche zu reduzieren. „Die Entscheidung für mehr pflanzliche und weniger tierische Proteine auf dem Teller hätte positive Effekte und Flächenvorteile“, erklärte Breunig. Ideal wäre für uns Deutsche ein Viertel unseres aktuellen Konsums tierischer Produkte.
Sein Fazit lautet: „Ein deutliches Ja zur Tierhaltung und eine Achtung der regionalen Vorzüglichkeit.“ Nicht jeder Landstrich ist geeignet für alle Produkte. Doch Tierhaltung bei uns erfordere weniger Ressourcen (z. B. Fläche und Wasser) und führt damit global betrachtet zu Flächeneinsparungen.
Kann man mit reduzierter Bodenbearbeitung, Zwischenfrüchten und effizientem Wassermanagement dem Klimawandel begegnen? Eine Bewertung und Anpassung von Fruchtfolgen übernahm Prof. Dr. Bernhard Bauer, Pflanzenbauexperte der HSTW. Klimatische Veränderungen führen seiner Meinung nach zu mehr Unterschieden bei Ertragspotenzialen.
Bodenmanagement sowie weite Fruchtfolge
Er forderte Veränderungen bei der Fruchtfolgeplanung und Stellung verschiedener Kulturpflanzen. „Entscheidend wird sein, wie Kulturpflanzen in den ertragsbildenden Phasen mit ausreichend Wasser und Nährstoffen versorgt werden können“, betonte Bauer. In den Fokus stellte er dabei Anpassungen in der Bodenbearbeitung, vor allem zur Wassereinsparung und Beachtung von Mineralisierungseffekten. Extensive oder intensive Bodenbearbeitung entscheide über den Bodenzustand und die Wasserspeicherfähigkeit, aber auch über die Wasserversorgung der Kulturpflanzen.
„Fruchtfolgen werden sich verändern und mehr verschiedene Kulturpflanzen einbeziehen. Fruchtfolgen werden ‚grüner‘ werden und mehr Zwischenfrüchte berücksichtigen“, prognostizierte Bauer. Vor allem im Hinblick auf Wassereffektivität und Bodenstruktur ergäben sich damit Vorteile. Wechselwirkungen von Klimawandel und Pflanzenbau erforderten zukünftig, dass die Produktionstechnik über die Fruchtfolge hinweg geplant werden muss.
Die Frage „Erfordern neue Klimabedingungen neue Fruchtfolgen?“, warf auch Dr. Michael Tröster (FEL) auf. Aus seinem betriebswirtschaftlichen bzw. kalkulierenden Blickwinkel hielt er fest: „Stabiles Wetter und Preise waren vorgestern – zukünftig werden wir konfrontiert mit zunehmenden Unsicherheiten wirtschaften.“
Ausgehend von drei Fruchtfolgeoptionen und unter Einbeziehung historischer Ertragsdaten aus Bayern hat Tröster verschiedene Ertrags- und Preisentwicklungen untersucht. „Ertragstrends sind Schätzungen und niemand kann externe Faktoren wie Preis- und Nachfrageveränderungen, Agrarpolitik vorhersagen“, erklärte Tröster. Rechne man eine Standard-Fruchtfolge mit Winterraps, Winterweizen, Körnermais, Winterweizen ohne Kulap und Eco-Schemes, hätte sie durchaus Vorteile. Doch mit der aktuellen Förderung werden sich neue Fruchtfolgen schneller durchsetzen, ist sich Tröster sicher, etwa mit Einbeziehung blühender Kulturen oder Leguminosen.
„Kurzfristig gibt es Möglichkeiten, sich mit Vorverträgen oder einer Mehrgefahrenversicherung gegen Klimaeffekte und Ernteausfälle abzusichern. Eine Mehrgefahrenversicherung kann im Ernstfall Gold wert sein, kostet aber Geld“, betonte Tröster: „Hier ist die persönliche Risikopräferenz entscheidend.“ Langfristig den Klimaveränderungen zu begegnen, wird eine Anpassung von Pflanzenbausystemen erfordern. Dazu sind Forschung und Züchtung nötig.