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Direktvermarktung

Ist der Hofladen Landwirtschaft oder Gewerbe?

Verkauf ab Hof: Für Hofläden gelten die allgemeinen Ladenschlusszeiten, deshalb darf dort grundsätzlich nur von Montag bis Samstag im Zeitraum von 6 bis 20 Uhr geöffnet werden.
Helga Gebendorfer
am Donnerstag, 24.11.2022 - 10:16

Auf Bauernmärkten und im Hofladen sind beim Verkauf an Endverbraucher viele Rechtsvorschriften zu beachten. Wir geben Antwort auf die wichtigsten Fragen.

Landwirte, die ihre Erzeugnisse vom Feld oder aus dem Stall weiterverarbeiten und direkt an Verbraucher vermarkten, verlassen dabei den Bereich der Urproduktion. Beim Übergang ins Gewerbe sind jedoch die dort geltenden Rechtsvorschriften zu beachten, u. a. muss man sich dann auch mit der Gewerbeordnung auseinandersetzen.

Die Vorschriften der Gewerbeordnung sind anwendbar, wenn eine selbständige gewerbliche Tätigkeit vorliegt. Gewerbe im Sinne der Gewerbeordnung ist jede nicht sozial unwertige, auf Gewinnerzielung und auf Dauer angelegte, selbstständige Tätigkeit. Der Begriff der Selbstständigkeit ist erfüllt, wenn der Gewerbetreibende auf eigenen Namen sowie eigene Rechnung und eigene Verantwortlichkeit handelt und bei freier Zeiteinteilung nicht weisungsgebunden ist.

1. Wann ist die Anmeldung eines Gewerbes erforderlich?

Kürbisverkauf am Straßenrand: Der Bereich der Urproduktion ist von der Verpflichtung freigestellt, ein Gewerbe anzuzeigen.

„Die sogenannte Urproduktion ist kein Gewerbe“, sagt Andreas Pecher von der Handwerkskammer Oberfranken. Dazu gehören beispielsweise die Land- und Forstwirtschaft, Weinbau, Gartenbau, Tierzucht, die Jagd und Fischerei. Im Bereich der Urproduktion werden rohe Naturerzeugnisse in Verbindung mit dem Grund und Boden gewonnen. Im Fall einer Urproduktion muss die Tätigkeit, die an und für sich die Merkmale eines Gewerbes erfüllen würde, nicht bei der zuständigen Gemeinde als Gewerbe angezeigt werden. Wenn ein Landwirt eine nichtgewerbliche Tätigkeit in Verbindung mit einer gewerblichen Tätigkeit ausübt, die nicht mehr üblicherweise als eine sogenannte Nebentätigkeit, besteht nur eine Anzeigepflicht für die gewerbliche Tätigkeit. Das Gleiche gilt, wenn ein Landwirt fremde Erzeugnisse – von anderen Landwirten oder vom Handel – mit einem Anteil von mehr als zehn Prozent verkauft. „Wird diese Zukaufsgrenze überschritten, liegt ein Gewerbebetrieb vor mit der Folge, dass eine Gewerbeanzeige notwendig ist“, erläuterte Pecher im Rahmen einer Direktvermarkterkonferenz. Die Zukaufsgrenze bezieht sich dabei auf das jeweilige Angebot eigener Waren (nach Zahl und Gewicht), nicht auf den Jahresumsatz.

2. Ist Be- und Verarbeitung eigener Erzeugnisse gewerblich?

In der Direktvermarktung spielt oft auch die Veredelung von land- und forstwirtschaftlichen Erzeugnissen eine Rolle. Dieser Bereich der Urproduktion (1. Bearbeitungsstufe) ist von der Verpflichtung, bei der jeweiligen Gemeinde ein Gewerbe anzuzeigen, freigestellt. Werden aber die Grenzen der Urproduktion überschritten (2. Bearbeitungsstufe), liegt eine gewerbliche Tätigkeit vor und eine Gewerbeanmeldung ist zwingend erforderlich. 

3. Wo liegen die Grenzen zum Handwerksrecht?

Wenn die gewerbliche Tätigkeit in der handwerksmäßigen Ausübung wesentlicher Teiltätigkeiten eines gesetzlich geregelten Handwerks besteht, ist zusätzlich die Handwerksordnung zu beachten. Im Rahmen der landwirtschaftlichen Direktvermarktung können besonders das Bäcker- oder Metzgerhandwerk relevant sein. Grundsätzlich gilt: Ein Handwerk darf selbständig grundsätzlich nur nach Eintragung in die Handwerksrolle ausgeübt werden. Keine Eintragungspflicht besteht bei einem handwerklichen Nebenbetrieb, sofern diese handwerklichen Tätigkeiten nur in unerheblichem Umfange ausgeübt werden.

Die Tätigkeiten im Nebenbetrieb sind nicht mehr unerheblich, wenn auch nur eine der nachfolgenden Voraussetzungen nicht erfüllt wird:

 

  • Ein handwerklicher Nebenbetrieb setzt einen landwirtschaftlichen Hauptbetrieb voraus. Die handwerkliche Tätigkeit muss sich einerseits vom Hauptbetrieb abheben, der Nebenbetrieb muss andererseits mit dem Hauptbetrieb wirtschaftlich, organisatorisch und personell verbunden sein. Wichtig ist, dass der Inhaber des Hauptbetriebes zugleich alleiniger oder maßgeblicher Mitinhaber des Nebenbetriebes sein muss.
  • Hinzukommen muss eine fachliche Verbundenheit zwischen Haupt- und Nebenbetrieb. Die fachliche Verbundenheit ist bei einer Weiterverarbeitung selbsterzeugter und in relativ geringfügigem Umfang zugekaufter landwirtschaftlicher Produkte regelmäßig gegeben.
  • Der Nebenbetrieb muss im Rahmen des Gesamtunternehmens wirtschaftlich von untergeordneter Bedeutung sein. Kriterien sind vor allem der Umsatz, ferner der Umfang der Tätigkeit und der Ertrag.
  • Ist ein handwerklicher Nebenbetrieb nicht gegeben oder überschreitet ein solcher die Unerheblichkeitsgrenze, bedarf es der Eintragung in die Handwerksrolle, die von der zuständigen Handwerkskammer geführt wird. Vor Aufnahme einer Tätigkeit handwerklicher Art, z. B. Herstellung von Bauernbrot, Küchle, Bauernhofeis, Verkauf von Fleisch- und Wurstwaren, im Rahmen einer landwirtschaftlichen Direktvermarktung ist eine Abklärung mit der Handwerkskammer empfehlenswert.

4. Gehören einfache Hofläden noch zur Urproduktion?

„Im Bereich der Landwirtschaft ist der Verkauf vor Ort an Endverbraucher üblich und gehört damit zur Urproduktion“, informierte Pecher, der hinzufügte, dass das nicht gilt bei der Verselbständigung der Form des Vertriebs, etwa in Gestalt eines besonderen, offenen Ladengeschäfts. Ein als Gewerbe anzeigepflichtiger Hofladen liegt regelmäßig erst dann vor, wenn der Verkauf ab Hof in so einem Umfang betrieben wird, dass ein eigener, für den Verkauf vorgesehener und professionell eingerichteter Raum, also mit Warenauslage und Verkaufstheke, vorgehalten wird, der sich insbesondere hinsichtlich seiner Einrichtung und Ausgestaltung, der täglichen und saisonalen Öffnungszeiten und des Warenangebots nicht wesentlich von einem Obst- oder Gemüsegeschäft bzw. einem sonstigen Ladengeschäft unterscheidet. Gleiches gilt, wenn die Produkte in einem vom Erzeugerbetrieb örtlich getrennt betriebenen Ladengeschäft verkauft werden. Die Lagerung von Obst nach der Ernte zum Zwecke des einige Monate später erfolgenden Verkaufs ist ebenso wenig von der Urproduktion erfasst wie ein Überschreiten der Zukaufsgrenze von Fremderzeugnissen von zehn Prozent.

Kein gewerberechtlich anzeigepflichtiger Hofladen liegt vor bei einem vom landwirtschaftlichen Betrieb lediglich abgetrennten Raum, in dem die Produkte verkaufsfertig gelagert werden und Verkaufstische sowie eine Waage und eine Registrierkasse vorhanden sind. „Ein derart ausgestatteter Raum ist noch der landwirtschaftlichen Urproduktion zuzurechnen“, bekräftigte der Referent. Gleichzeitig wies er darauf hin, dass die Nutzungsänderung von einem landwirtschaftlich genutzten Gebäude bzw. Raum, wie Stall, Scheune und Milchkammer, in einen Hofladen grundsätzlich baugenehmigungspflichtig ist. Eine vorherige Abklärung mit dem zuständigen Bauamt ist deshalb empfehlenswert. Auch für die Anbringung von Werbeschildern kann eine Baugenehmigung erforderlich sein.

5. Bauernmarkt: Gilt die Teilnahme als Reisegewerbe?

Wird die Direktvermarktung außerhalb eines Hofladens ausgeübt, z. B. auf dem Parkplatz eines Supermarktes, handelt es sich um ein Reisegewerbe, sodass der Betreiber grundsätzlich eine Reisegewerbekarte benötigt bzw. ein bei ihm Beschäftigter eine Zweitschrift oder eine beglaubigte Kopie. „Der Inhaber oder der Beschäftigte müssen die Reisegewerbekarte bzw. Zweitschrift oder Kopie bei sich zu führen und auf Verlangen vorzeigen. Von der Reisegewerbekartenpflicht sind jedoch, bezogen auf die Direktvermarktung folgende Ausnahmen möglich:

  • Vertrieb von selbstgewonnenen Erzeugnissen der Land- und Forstwirtschaft, des Gemüse-, Obst- und Gartenbaus, der Geflügelzucht und Imkerei sowie der Jagd und Fischerei, z. B. Obst, Gemüse, Getreide, Blumen, Setzlinge, Holz, Holzkohle, Korbwaren, Schnitzereien, Leinengarn, Harz, Fische.
  • Betrieb eines Reisegewerbes in der Gemeinde seines Wohnsitzes oder seiner gewerblichen Niederlassung, sofern die Gemeinde nicht mehr als 10 000 Einwohner zählt.
  • Vertrieb von Lebensmitteln oder anderen Waren des täglichen Bedarfs in regelmäßigen, kürzeren Zeitabständen an derselben Stelle. Dabei muss es sich um einen festen Fahrplan mit mindestens wöchentlich – maximal auch 14-tägig – gleichbleibenden Haltepunkten, die räumlich genau fixierbar sind, handeln. Unter den Begriff Lebensmittel fallen hierbei alle Stoffe, die der Mensch zur Ernährung oder zum Genuss im unveränderten (z. B. Heringe), zubereiteten (z. B. marinierte Heringe) oder verarbeiteten Zustand (z. B. Heringssalat) verzehren, also essen, kauen, oder sonst wie dem Magen zuführen, kann.

In diesen Ausnahmefällen muss der Gewerbetreibende den Beginn des Gewerbes bei der zuständigen Gemeinde anzeigen, soweit er sein stehendes Gewerbe nicht angemeldet hat.

6. Was gilt bei Märkten, Messen, Ausstellungen, Volksfesten?

Werden Märkte, Messen und Ausstellungen festgesetzt, so werden durch die Festsetzung verschiedene Vorschriften, Ladenschlussrecht, Arbeitsschutz, Reisegewerbekartenpflicht, ganz oder teilweise außer Kraft gesetzt. Dies bedeutet, dass auf eine nach §§ 64 ff. Gewerbeordnung festgesetzte Veranstaltung für die Direktvermarkter keine Reisegewerbekarte erforderlich ist. Erfolgt dagegen keine Festsetzung (z. B. an einem Samstag von 6 bis 20 Uhr) ist grundsätzlich eine Reisegewerbekarte erforderlich. Gleiches gilt, wenn der Veranstalter des Marktes, der Messe oder Ausstellung dies fordert.

Die Marktfestsetzung für Groß-, Wochen-, Spezial- und Jahrmärkte sowie für Volksfeste beinhaltet auch die Abgabe alkoholfreier Getränke und zubereiteter Speisen – unentgeltlich oder gegen Entgelt. Bei Messen und Ausstellungen dürfen (auch alkoholische) Kostproben in kleinen Mengen zum Verzehr an Ort und Stelle – unentgeltlich oder gegen Entgelt – verabreicht werden.

7. Welche Regelungen gelten bezüglich der Ladenschlusszeiten?

Gemäß dem Ladenschlussgesetz dürfen Verkaufsstellen grundsätzlich nur von Montag bis Samstag von 6 bis 20 Uhr für den geschäftlichen Verkehr mit Kunden (Beratung, Verkauf) geöffnet sein. An Sonn- und Feiertagen müssen sie für den geschäftlichen Verkehr mit Kunden in der Regel geschlossen sein. Für bestimmte Handwerkszweige (z. B. Verkaufsstellen für Bäckerei- und Konditoreiwaren) und Produkte (z. B. Blumen) gibt es Ausnahmeregelungen.

Zudem können Gemeinden aus besonderen Anlässen (z. B. Kirchweih, Gewerbeschau) pro Jahr maximal vier verkaufsoffene Sonn- und Feiertage mit einer Öffnungszeit von je maximal fünf Stunden durch Verordnung freigeben. Verkaufsstellen im Sinne des Ladenschlussgesetzes sind Ladengeschäfte aller Art sowie sonstige Verkaufsstände und –buden, Kioske, Basare und ähnliche Einrichtungen, falls in ihnen von einer festen Stelle aus ständig Waren zum Verkauf an jedermann feilgehalten werden.

„Ein Landwirt, der auf seinem Hof einen Hofladen eingerichtet hat“ so Andreas Pacher, „betreibt somit eine Verkaufsstelle im Sinne des Ladenschlussgesetzes und muss die allgemeinen Ladenschlusszeiten einhalten“. Ein Hofladen darf deshalb grundsätzlich nur von Montag bis Samstag im Zeitraum von 6 bis 20 Uhr sowie mit gemeindlicher Festsetzung an maximal vier verkaufsoffenen Sonn- und Feiertagen öffnen.

Für den Verkauf von landwirtschaftlichen Erzeugnissen der ersten Bearbeitungsstufe außerhalb von Verkaufsstellen, also für den Ab-Hof-Verkauf ohne Ladengeschäft, z. B. Kartoffeln direkt aus der Scheune, Milch und Eier aus dem Stall, gelten die Ladenschlusszeiten grundsätzlich nicht, d. h. es darf auch an Werktagen nach 20 Uhr und an Sonn- und Feiertagen verkauft werden.

Empfindliche Strafen drohen

Wenn der Landwirt dagegen Erzeugnisse verkauft, die er bereits in der zweiten Bearbeitungsstufe, z. B. selbst hergestellte Wurst, selbst gebackenes Brot oder selbst gemachten Eierlikör, verarbeitet hat, verkauft, hat die Ladenschlusszeiten auch dann zu beachten, wenn er keinen eingerichteten Hofladen auf der Hofstelle betreibt. Verstöße gegen die Ladenschlusszeiten können empfindliche Geldbußen, Androhung eines Zwangsgeldes oder wettbewerbsrechtliche Abmahnungen nach sich ziehen.

Im Rahmen der Direktvermarktung ist eine Vielzahl von weiteren Vorschriften, wie die Preisangabenverordnung sowie Regelungen zur Lebensmittelhygiene, zu beachten. Die lebensmittelrechtlichen Vorgaben werden im konkreten Einzelfall durch den Lebensmittelüberwachungsbeamten im zuständigen Landratsamt geprüft. „Meine Informationen erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Maßgeblich sind immer die entsprechenden Vorgaben der Behörden vor Ort“, lautete am Ende das Fazit von Andreas Pecher, der auf jeden Fall die Kontaktaufnahme zur zuständigen Behörde empfiehlt.