2019 wurden in Bayern 5.669 landwirtschaftliche Grundstücke (ohne Gebäude und ohne Inventar) für insgesamt 533,9 Millionen Euro verkauft. Die gesamte Fläche betrug 8.388 ha. Wie das Bayerische Landesamt für Statistik mitteilt, errechnet sich daraus ein durchschnittlicher Kaufwert von 63.649 Euro je Hektar Landwirtschaftsfläche. Damit schreibt sich ein seit längerer Zeit bestehender Trend fort.
Das Jahr 2014 sticht deutlich hervor
Ein Blick zurück auf die letzten 20 Jahre zeigt, dass der Trend bei den Veräußerungen nach oben zeigt - das betrifft sowohl die Verkaufsfälle als auch die Hektarzahl. Einen besonders großen Sprung brachte das Jahr 2014 mit sich. Mit 5.843 Verkaufsfällen durchbrach es erstmals die 5000er-Schallmauer und katapultierte die verkauften Hektar auf einen bis dahin nicht erzielten Wert. Die 5000er-Zahl wurde seitdem nicht mehr unterschritten.
Veräußerungen landwirtschaftlichen Grundbesitzes in Bayern
Jahr | Veräuße- rungsfälle Anzahl | darunter veräußerte Fläche der landw. Nutzung (FdlN) | Kaufwert je ha veräußerte FdlN Euro | Kaufwert je 100 Ertrags- messzahl Euro | Ertrags- messzahl je ha FdlN Durchschnitt | FdlN je Veräuße- rungsfall ha |
2000 | 4 973 | 7143 | 24619 | 532 | 4631 | 1,44 |
2001 | 4 367 | 6 620 | 24 307 | 528 | 4 601 | 1,52 |
2002 | 4 081 | 6 036 | 24 941 | 543 | 4 593 | 1,48 |
2003 | 3 514 | 5 076 | 22 848 | 494 | 4 625 | 1,44 |
2004 | 3 407 | 4 989 | 22 550 | 505 | 4 465 | 1,46 |
2005 | 3 128 | 4 708 | 22 326 | 470 | 4 750 | 1,51 |
2006 | 3 764 | 5 570 | 24 294 | 513 | 4 736 | 1,48 |
(3891) | ||||||
2007 | 4 162 | 6 307 | 23 431 | 504 | 4 649 | 1,52 |
2008 | 4 925 | 7 390 | 25 379 | 544 | 4 665 | 1,50 |
2009 | 4 889 | 7 059 | 25 052 | 544 | 4 605 | 1,44 |
2010 | 4 035 | 6 042 | 25 866 | 574 | 4 506 | 1,50 |
2011 | 4 262 | 6 165 | 30 064 | 664 | 4 528 | 1,45 |
2012 | 4 495 | 5 768 | 31 841 | 721 | 4 416 | 1,28 |
2013 | 4 917 | 6 588 | 39 797 | 892 | 4 462 | 1,34 |
(4526) | ||||||
2014 | 5 843 | 7 756 | 41 440 | 943 | 4 394 | 1,33 |
2015 | 5 007 | 6 786 | 48 835 | 1 116 | 4 376 | 1,30 |
2016 | 6 114 | 8 391 | 51 945 | 1 180 | 4 402 | 1,37 |
2017 | 5 557 | 7 672 | 60 864 | 1 370 | 4 443 | 1,38 |
2018 | 5 120 | 7 546 | 64 909 | 1 452 | 4 470 | 1,47 |
2019 | 5 669 | 8 388 | 63 649 | 1 445 | 4 405 | 1,48 |
(5552) |
Quelle: Bayerisches Landesamt für Statistik, Grundstücke ohne Gebäude und ohne Inventar mit einer Mindestgröße von 1.000 m², die zumindest in einem überschaubaren Zeitraum weiterhin landwirtschaftlich als Acker- oder Grünland genutzt werden.
Agrarreformen heizen Veräußerungsdruck deutlich an
Bei der Frage nach den Ursachen gibt es eine naheliegende Antwort. 2014 erfolgte die letzte Agrarreform. Sie brachte beispielsweise das Umbruchverbot für Grünland mit sich. Die stetig sinkende Verfügungsgewalt der Besitzer über ihre Flächen dürften deren Bereitschaft zum Verkauf deutlich gesteigert haben. Das legen zumindest die Zahlen nahe.
Als zweiter Grund können wirtschaftliche Schieflagen in Frage kommen. Jede Reform hat unmittelbaren Einfluss auf das Einkommen der Bauern. Fehlt Kapital, ist die Beleihung von Grund und Boden der wichtigste Weg, um es sich zu beschaffen. Treten nun Änderungen im Einkommen auf, kann es unter Umständen Schwierigkeiten geben, den Kapitaldienst zu bedienen. In diesem Fall gerät dann die hinterlegte Sicherheit unter den Hammer. Grund und Boden muss also verkauft werden, um mit der Bank wieder ins "Reine" zu kommen.
Interessant ist es auch, den Trend noch weiter zurückzuverfolgen. Der Haushalt der EU wird in einem mehrjährigen Finanzierungsrahmen (MFR) festgelegt. Er wurde nach Streitereien zwischen den Organen ums Geld eingeführt, um eine längerfristige Planungssicherheit zu erhalten. Der erste MFR galt von 1988 bis 1992 (Delors Paket I). Der zweite von 1993 bis 1999 (Delors Paket II). Der dritte von 2000 bis 2006. Der 7-Jahres-Rhythmus blieb. Es geht also weiter mit 2000 bis 2006, 2007 bis 2013 und 2014 bis 2020.
Die Agrarreformen sind diesen Zeiträumen zuordenbar, weil die Vergabe des Geldes stets mit politischen Zielsetzungen verknüpft wurde. Sie heißen MacSharry-Reform 1992, Agenda 2000, Agrarreform 2003, Health Check 2008 und Agrarreform 2014.
Die Reihung der Mittelwerte der Verkaufsfälle für die letzten drei Finanzrahmen lautet: 3891 - 4526 - 5552. In Relation gesetzt ergibt das: 70 % - 82 % - 100 %. In der Periode 2000 bis 2006 gab es also 30 % weniger Veräußerungsfälle, in der Periode 2007 bis 2013 rund 18 % weniger als in der jetzigen Phase.
Der Health Check von 2008 wurde erst im zweiten Jahr des MFR umgesetzt. Deshalb erfolgt hier der Ausschlag nach oben auch erst zu diesem Zeitpunkt.
Aufschlüsselung der Kaufpreise 2019 nach Regionen: Bodenpreise - wo sie steigen, wo sie fallen
Gefahr für die breite Streuung des Bodeneigentums
Jede Agrarreform sorgt für Verunsicherug bei den Betroffenen. Sie befürchten Einkommensrückgänge oder einen Verlust an Wert oder Verfügungsgewalt an ihren Flächen. Dies erzeugt einen hohen Veräußerungsdruck, was wiederum einem Konzentrationsprozess Vorschub leistet. Dieser tritt vor allem dann auf, wenn es sich bei den Käufern um reine Investoren handelt, die nach einem sicheren Hafen für ihr reichlich vorhandenes Geld suchen oder wenn Banken als Gläubiger auftreten und der Besitz dann in deren Hände übergeht. Das steht aber deutlich im Widerspruch zu dem im Agrarbericht der Bundesregierung festgehaltenen Leitsatz, eine breite Streuung des Bodeneigentums für die Landwirtschaft sicherzustellen.
Das Phänomen ist nicht auf Bayern beschränkt. Aber, so zeigt die Zeitreihe auf Basis der Daten des Statistischen Landesamtes deutlich, Bayern ist auch nicht frei davon. Am offensichtlichsten tritt der Landtransfer in den östlichen Bundesländern zu Tage. Jüngst machte ein spektakuläres Beispiel aus Thüringen von sich reden - wieder in zeitlicher Nähe zu einer Agrarreform, die sich selbst als Green Deal bezeichnet und wieder weitreichende Folgen mit sich bringt. Ein Vorschlag ist, große Flächenanteile komplett aus der Produktion zu nehmen. Betroffen dürften vor allem FFH-Flächen sein. Für die galt bislang nur ein Verschlechterungsverbot, was eine Fortführung der bisherigen Bewirtschaftung erlaubt hat. Nun droht das komplette Aus.
Der Verkauf in Thüringen ist ein Musterbeispiel dafür, wie ursprünglich breit gestreutes Eigentum in den Händen eines einzigen Investors landet. Dass dies kein Einzelfall ist, belegt eine Studie des Thünen-Instituts aus dem Jahr 2017. In ihr kommt das Institut zu dem Schluss, dass immer mehr Anteile an Agrarunternehmen an Investoren übergehen. Nun verkauft keiner Sachen, die ihm ein gutes Einkommen über Jahre hinweg versprechen für einen einmaligen Gewinn, was wieder einmal nahelegt: "Mit der Landwirtschaft ist nicht großartig Geld zu verdienen, aber an ihr."