
Wer als Kind einmal eine Henne auf dem Arm gehalten und sich das Frühstücksei selber aus dem Stall geholt hat, weiß ungefähr, wie viele Eier ein Huhn legt. Und wer die Kühe mal um halb sieben nach dem Ausmisten selbst gefüttert hat, wird kaum noch glauben, dass die Milch aus dem Tetrapack kommt. Das ist das Credo von Alois Schmid (40) und der Grund dafür, warum der Landwirt leidenschaftlich gerne Kinder mit zum Ausmisten nimmt und ihnen Hühner auf den Arm setzt – drei Mal in der Woche jetzt sogar einer ganzen Kindergartengruppe.
„Bauer Alois“, wie Kinder ihn nennen, ist Betriebsleiter von Gut Grasleiten nahe Huglfing im Landkreis Weilheim-Schongau. Ein Flecken Erde, als hätte Gott ihn für sich selbst erschaffen: Alleinlage in einem Umgriff von sechs Kilometern, im Südwesten angrenzend ans Grasleitener Moor, einem der großflächigsten Moor- und Streuwiesengebiete Bayerns. In der entgegengesetzten Richtung Wald soweit das Auge reicht mit eigener Jagd, Badeweiher und Forellenteichen.
Auf eine lange Tradition viel Neues aufgebaut

Die 1277 erstmals urkundlich erwähnte ehemalige Schwaige des Klosters Polling, mit eigener Hofkapelle, ist seit 160 Jahren in Familienbesitz. 2014 übernahm Alois mit seiner Frau Romina (35) den Hof in sechster Generation von seinen Eltern. Schon zuvor aber entwickelten die beiden den nach Bioland-Richtlinien bewirtschafteten Grünlandbetrieb mit Mutterkuhhaltung gemeinsam mit Alois senior und Bärbel Schmid zum Ferien- und Erlebnisbauernhof.
Das klare Ziel der Familie Schmid: die begünstigte Lage ihres Guts im schönen Oberbayern nutzen, um anderen Einblick ins Leben auf dem Bauernhof zu ermöglichen, das Image der Land- und Forstwirtschaft zu verbessern und zu zeigen, „wie wertvoll dieser Beruf ist“, sagt Alois junior. Daran arbeiten auf Grasleiten alle drei Generationen mit, Alois und Rominas Töchter Leni (8), Theresa (6) und Marie (4) genauso wie die Großeltern. Im Wettbewerb „Agrar-Familie“ haben die Schmids dafür den Preis in der Kategorie „Öffentlichkeitsarbeit“ bekommen.
Los ging es vor dreißig Jahren mit zwei Ferienwohnungen. Als der neue Offenstall für die Mutterkühe fertig war, baute die Familie 2008 außerdem den historischen Stallstadel für Ferienwohnungen aus. Weitere folgten 2015, auch im Haupthaus und im alten „Gesindehaus“.
Die Zimmer und Appartements bieten mittlerweile Platz für 40 Gäste und sind, zumindest für die Pfingst- und Sommerferien, oft zwei Jahre im Voraus ausgebucht. Aus dem Nebenverdienst „Urlaub auf dem Bauernhof“ ist das zentrale Standbein des Betriebs geworden. Und aus dem Agrar-Ingenieur Alois Schmid obendrauf noch Erlebnisbauer und Waldpädagoge. Viele Preise hat der „5-Sterne-Bauernhof“ („Süddeutsche Zeitung“) schon gewonnen. Nicht nur wegen der sorgfältigen Restaurierung und der konkurrenzlosen Lage. Sondern auch, weil Familie Schmid es wirklich ernst damit meint, Menschen in Kontakt mit der Landwirtschaft zu bringen.