Hören wir doch mit den Kühen auf“, sagte Roswitha Hüttinger eines Tages zu ihrem Mann Matthäus. Damit fing alles an. Den in fünfter Generation geführten Ackerbau- und Milchviehbetrieb von Matthäus‘ Eltern fuhren sie ein wenig zurück, belegten Schlachtkurse, bauten um und starteten neu – mit Geflügel.

„Wir wollten einfach nicht mehr so stark von den schwankenden Milchpreisen abhängig sein“, erklärt Roswitha Hüttinger in der Stube des Buxlhofs in Rapperszell/Lks. Eichstätt, hinter ihr eine ganze Wand mit Fotos ihrer fünf Kinder und elf Enkelkinder. Ein zusätzliches, von der Macht des Einzelhandels unabhängiges Standbein sei das Ziel gewesen. Und so hatte sich die rührige Bäuerin während ihrer Ausbildung an der Landsberger Meisterschule für Hauswirtschaft etwas überlegt.
Das Betriebskonzept für den 2011 gegründeten „Jura-Geflügel“-Hof war Roswitha Hüttingers Meisterprojekt. Matthäus und sie füllten damit eine Marktnische, denn Geflügel gab es in nächster Nähe so noch nicht. Die Hüttingers bauten Schlachträume und einen Hofladen, sie fingen mit 1500 Hähnchen, Enten und Gänsen im Jahr an und vermarkten heute 4500 Tiere, inzwischen auch Wachteln, Perlhühner und Puten.
Die perfekte Nische – auch fürs Tier
Zu den Kunden gehören neben der Direktvermarktung andere Dorf- und Hofläden sowie Slowfood-Restaurants. Denn Tierwohl ist auf diesem Hof keine Phrase. Alles Federvieh steht auf Stroh, hat Weidegang und kürzer könnte der Weg von der Wiese zur Kühltheke nicht sein. Den Preis in der Kategorie „Betriebsentwicklung“ im Wettbewerb „Agrar-Familie“ hätten die Hüttingers schon damit verdient. Bekommen hat die Familie ihn aber, weil der Buxlhof beim Erreichten nicht stehengeblieben ist.
Mit in der Stube sitzen Sohn Bernhard (37) und seine Frau Alexandra Hüttinger (33), Eltern von Paul (6), Felix (4) und Lilli (2). 2014 traten die beiden die Hofnachfolge an und machten sich abermals viele Gedanken über die Zukunft. Alexandra hatte Mechatroniktechnikerin, Bernhard im Schweinemastbetrieb gelernt, seinen Meister machte er in der Milchviehhaltung und da standen ja noch immer 20 Milchkühe in Anbindehaltung auf dem Hof. Die Jungen entschieden sich dafür, den Geflügelbetrieb von Roswitha und Matthäus weiter auszubauen.
Aus 150 Legehennen wurden 1200

Der alte Kuhstall ist seitdem das Winterquartier für die Hähnchen und Puten. Am Ortsrand baute die Familie eine komplette zweite Hofstelle. Sie umfasst ein Getreidelager mit Reinigung und Silo, eine Maschinenhalle und Ställe für Hühner, Enten und Gänse, die dort auch Zugang zur Weide haben.
150 Legehühner hatten Roswitha und Matthäus schon vorher. Alexandra und Bernhard machten 1200 daraus und damit einen eigenständigen Betriebszweig. Die Idee war so naheliegend wie großartig: Beide Betriebe – die Geflügelvermarktung der Altenteiler und die Eiervermarktung der Jungen – laufen komplett getrennt, aber mit zahlreichen Synergieeffekten. Nicht nur bei der Haltung und Fütterung mit hofeigenem Getreide und Soja, sondern auch bei der Vermarktung greifen die beiden Betriebe ineinander wie Zahnräder.
Eigenständige Betriebe, die sich ergänzen
In diesem Hofladen gibt es nicht mehr nur Eier und ein paar Backwaren, sondern ein Feinschmeckersortiment mit Nudeln, Ölen, Bauernhofeis, Brot, Mehl und Milch von regionalen Partnern und natürlich Geflügel aus der Produktion von Roswitha und Matthäus. 50 % ihres Geflügels vermarkten sie auf Bestellung. Bleibt aber dennoch etwas übrig, können sie es vakuumiert an den Hofladen der Jungen verkaufen.
Die Wertschöpfung voll ausschöpfen

Weil Eier an Ostern immer zu wenig sind, im Rest des Jahres aber manchmal zu viel, machen Alexandra und Bernhard aus dem Überschuss zum Beispiel Nudeln oder Eierlikör. Und weil Geflügel an Kirchweih und Weihnachten immer zu wenig ist, Suppenhühner gerade zur Ausstallungszeit manchmal zu viel, haben die beiden auch dafür eine Lösung. Zusammen mit dem Koch Uwe Rühl entwickelten sie Convenience-Produkte, in denen das Fleisch verarbeitet wird: Geflügel-Bolognese und -Curry, beides oftmals ausverkauft, außerdem Hühnerbrühe und -fond.
Über dem Hofladen steht heute in großen Lettern „Buxlhof. Gutes aus Rapperszell“. Die beiden Betriebe – das „Jura-Geflügel“ und die Eiervermarktung – werden künftig gemeinsam unter diesem Namen firmieren. Alexandra hat das Marketingkonzept dazu erarbeitet. Eine Grafikerin gestaltete das neue Logo: ein gelbes Ei auf braunem Grund.