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Betriebskonzept

Agrarfamilie 2021: Wenn die Kühe geh’n, will ich Alpakas

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Gerd Kreibich Portrait
Gerd Kreibich
am Dienstag, 26.10.2021 - 10:13

Diesen Wunsch hat Alois Moser geäußert, als die Zukunft des Weberhofes in der Familie diskutiert wurde. Die ruhigen Tiere sind heute ein wichtiger Baustein im Konzept des Weberhofes nahe Falkenberg.

Unter dem Namen „Weber 5“ ist der schmucke Hof in der Nähe von Falkenberg im niederbayerischen Landkreis Rottal-Inn mittlerweile weitum bekannt geworden als ein ganz besonderer landwirtschaftlicher Familienbetrieb.

Wenn man heute den Hof besucht, dann fallen natürlich die putzigen Alpakas auf, die im Stall und auf der Weide unterwegs sind, auch die größeren und kleineren Besuchergruppen sind sicher nicht alltäglich auf einem Bauernhof und der Blick in den Seminarraum und das Veranstaltungsprogramm zeigt schließlich, dass es sich nicht mehr um einen „normalen“ Betrieb handelt.

Senioren entspannen auf dem Betrieb

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Doch begonnen hat das alles mit einem Problem, dem sich viele Betriebe seit Jahren stellen müssen: Bis vor einigen Jahren gab es auf dem Hof noch Milchwirtschaft, Alois Moser war Landwirt im Nebenerwerb, hauptberuflich war er Gartenkeramiker und Schreiner, seine Frau Cilly ist hauptberuflich Kinderpflegerin, aber sie war immer auch Bäuerin aus Leidenschaft.

Doch irgendwann erkannten die beiden, dass sich die Milchwirtschaft in der von ihnen betriebenen Größe nicht mehr rentieren konnte. Gesundheitliche Probleme kamen dazu, irgendwann ging es nicht mehr so weiter – schweren Herzens wurden die im Stall stehenden 14 Milchkühe verkauft.

Ein Nachbar fragte Alois Moser, wie er seinen Hof betreiben wolle ohne die Milchkühe und da kam eine ganz spontane Antwort: „Dann züchte ich Alpakas“. Warum gerade diese damals in Niederbayern noch eher exotischen Tiere? „Ich habe einen Beitrag im Fernsehen angeschaut, da ging es um diese Tiere und ich habe sie gleich sehr interessant gefunden“, berichtete Moser später einmal.

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Die Alpakas waren aber nicht die einzige Idee, von der die Familie bewegt wurde: Elli Schreiner und ihre Mutter Cilly Moser hatten schon länger die Idee, sich beruflich mit der Betreuung von Senioren zu befassen. Sie besuchten im März 2017 ein Seminar, in dem die Methode „Nonna Anna – Montessori für Senioren“ vorgestellt wurde und auf dem Heimweg nach Falkenberg kam dann die Idee: „Könnten wir denn die Haltung der Alpakas mit der Betreuung von Senioren verbinden?“, erzählt Elli Schreiner von dem gemeinsamen Gedanken. Sie selbst arbeitete ja bereits als Betreuungsassistentin für an Demenz Erkrankte in einem Pflegeheim. Die gute Idee, die beruflichen Erfahrungen und die Frage, was aus dem Betrieb werden soll – alles zusammen war dann der Anfang von „Weber Fünf“.

Der Weberhof und die Zahl fünf

Den Namen „Weber Fünf“ hat die Familie Moser/Schreiner übrigens ganz bewusst gewählt. Denn seit Generationen war das Anwesen der „Weberhof“, die Zahl Fünf hat für die Familie eine besondere Bedeutung: Fünf Familienmitglieder – Mutter Cilla, Vater Alois, Tochter Elli und ihr Mann Markus sowie der gemeinsame Sohn Nico – arbeiten mit, der Name Weber hat fünf Buchstaben, die fünf Elemente sind wichtig in der Küche des Seminarraumes und ganz am Anfang lebten fünf Alpakas auf dem Hof.

Weiterbildungen standen jetzt an für die beiden Frauen, denn die Betreuung von Senioren sollte pädagogisch sinnvoll und individuell auf jeden einzelnen Betreuten abgestimmt sein. Und da waren ja auch noch die Alpakas – auch da mussten Wissen erworben und Erfahrungen gesammelt werden. Die Tiere sind eigentlich sogar relativ anspruchslos in der Haltung, aber: „Wenn ein Tier krank werden sollte, dann findet man beispielsweise gar nicht so leicht einen Tierarzt, der sich damit auskennt“. Wichtig ist bei den Alpakas die richtige Ernährung: „Sie bekommen Gras, Heu und Mineralfutter, sie dürfen aber kein Obst oder Gemüse und kein trockenes Brot fressen“, erklärt Cilly Moser.
Inzwischen leben zwölf Alpakas auf dem Hof, alle sind gesund, jedes Jahr im Mai werden sie geschoren, die Wolle wird verarbeitet zu attraktiven Produkten, die sich im hofeigenen Laden großer Beliebtheit erfreuen. Doch für Elli und Cilly stand immer schon fest, dass es ihnen nicht auf die Wolle ankommt, sondern auf das „Erlebnis Tier“, das sie den Besucherinnen und Besuchern bieten können. Seniorengruppen und Grundschulklassen kommen auf den Hof, und nicht selten werden die Tiere dann auch so etwas wie Therapeuten: Gerade Menschen mit körperlichen oder geistigen Beeinträchtigungen sind begeistert von den flauschigen und zutraulichen Tieren, die sich gerne streicheln lassen.
Die Bäuerin sprüht immer noch vor Ideen: Da gibt es die Wanderungen mit verschiedenen Themen, so zum Beispiel eine Kaffeewanderung zu einem regionalen Kaffeeröster, auch eine Wanderung mit Schnapsprobe findet sich im Angebot oder „Alpaka-Yoga“ mit einer erfahrenen Yoga-Lehrerin.

In der Landwirtschaft weiter verwurzelt

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Dass sich die Familie Moser/Schreiner auch noch in der Landwirtschaft verwurzelt sieht, zeigt ein weiteres Projekt. Am Weberhof wird jetzt auch Soja angebaut. Gerade in der vegetarischen Küche sind Sojaflocken gefragt, insbesondere dann, wenn sie aus regionaler Produktion stammen.

Vier Kinder haben Alois und Cilly Moser und neben Elli gab es auch einen Sohn, der Interesse an der Übernahme hatte. Erst nach vielen Gespräche, wurde klar: Der Betrieb ist zu klein für zwei Nachfolger, auch deshalb, weil sie in ihren Vorstellungen zu weit auseinander waren.

Doch Streit sollte es nicht geben, also holte man sich professionelle Hilfe, noch heute sind die Mosers und Schreiners voll des Lobes für die Begleitung durch einen Übergabeexperten des Bayerischen Bauernverbandes, letztendlich klappte alles und immer noch hält die Familie zusammen, „auch wenn die Äste in verschiedene Richtungen wachsen“.

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