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Kulturgeschichte

Weihnachten in Schweden: Das Julfest zu Ehren des Lichts

Julfest-Julbock-Weihnachtsbaum: Ein Anhänger aus Stroh, in Form eines Ziegenbocks, hängt an einem geschmücktem Weihnachtsbaum.
Carmen Knorr
Carmen Knorr
am Sonntag, 26.12.2021 - 10:00

In Nordeuropa wird an Weihnachten das Julfest gefeiert. Es beginnt mit dem Lichterfest und erreicht seinen Höhepunkt mit Julbord an Heiligabend.

God Jul! Das wünscht man sich am 24. Dezember in Schweden. Dort und in weiteren nordeuropäischen Ländern wird zur Weihnachtszeit das Julfest gefeiert. Wer nicht gerade Freunde oder Bekannte in Schweden hat, wird bisher vermutlich wenig über den nordischen Weihnachtsbrauch gehört haben. Wir geben einen Überblick über diesen Weihnachtsbrauch.

Das Julfest wird heute vor allem in Nordeuropa gefeiert. So heißt „jul“ im Schwedischen, Dänischen und Norwegischen, „Weihnachten“. In Island heißt es „jól“, auch im Englischen taucht das Wort als „Yule“ auf. In Finnland und Estland gibt es ähnliche sprachliche Abwandlungen. In der altnordischen Bedeutung bezeichnet „júl“ und „jól“ ganz allgemein ein Festmahl. Eine isländische Handschriftensammlung aus dem Jahr 1500 berichtet, dass die Heiden das Julfest zu Ehren des Gottes Odin, aus der nordischen Mythologie, feierten.

Eine genaue Definition des Ursprung des Festes ist allerdings schwierig. Mit dem christlichen Weihnachtsfest ist das heidnische Julfest aufgrund eines Berichts des isländischen Dichter und Politiker Snorri Sturluson aus dem 13. Jahrhundert verschmolzen. Als heidnisches Fest wurde es aber schon viele Jahrhunderte vorher gefeiert. Durch Sturluson hat es nur seinen christlichen Bezug bekommen.

Das Lichterfest Santa Lucia

Wie das Julfest heute gefeiert wird, ist je nach Land und Region leicht unterschiedlich. Als Beispiel werden wir den Ablauf des Festes in Schweden betrachten. Dort beginnt das Julfest in den frühen Morgenstunden des 13. Dezembers mit dem Fest der heiligen Lucia. Ein Mädchen in der Familie, traditionell ist es die älteste Tochter, spielt die Lucia. In größerem Maß werden Prozessionen oder auch Luciazüge veranstaltet.

Angeführt wird der Umzug von der Lichterbraut oder Luciabraut. Sie trägt ein weißes bodenlanges Gewand, ein rotes Band um die Taille und einen Kranz aus Preiselbeerzweigen, geschmückt mit brennenden Kerzen auf dem Kopf. Ihr folgen weitere Mädchen in ähnlichen Kleidern, die eine Kerze in der Hand tragen. Unter die Mädchen mischen sich Sternenknaben, Pfefferkuchenmännchen und Wichtel.

Das weiße Gewand steht für die Jungfräulichkeit der heiligen Lucia, das rote Band für ihren Tod als Märtyrin. Das Kerzenlicht spielt eine wichtige Rolle, denn es war das einzige Licht im Winter.

Julfest-Santa-Lucia-Lichterbraut: Ein junges Mädchen mit langen blonden Haaren trägt eine Krone aus angezündeten Stabkerzen. Es ist dunkel nur die Kerzen scheinen. Sie trägt ein weißes Gewand.

Datum der Wintersonnenwende übersteht neue Zeitrechnung

Der 13. Dezember war bis ins Jahr 1752 der kürzeste Tag, beziehungsweise die längste Nacht im Jahr. Durch Überführung des julianischen Kalenders in den gregorianischen Kalender fällt die Wintersonnenwende heutzutage auf den 21. Dezember. Die Bedeutung des 13. Dezember blieb aber erhalten. Viele Regionen, in denen das Julfest gefeiert wird, liegen oberhalb des nördlichen Polarkreises. Dort geht die Sonnen für einige Tage im Sommer nie unter und im Winter für einige Tage nicht auf.

Das eigentliche Julfest beginnt mit dem neuen Sonnenjahr, dem wiederkehrenden Licht nach der Wintersonnenwende – die Tage werden von da an wieder länger. Es dauert zwölf Nächte, diese Zeit wird „die Zwölften“ genannt. Über den Beginn wird viel diskutiert. Damit die Zwölften am Dreikönigstag enden, müssten die zwölf, bzw. 13 Nächte in der „heiligen Nacht“ vom 24. auf den 25. Dezember beginnen. Oft wird der Beginn auch auf den 21. Dezember vorgezogen, damit Mitwinter und Julfest nicht getrennt werden.

Die Zahl zwölf kommt daher, weil das Mondjahr 354 Tage hat. Somit ist es zwölf Tage kürzer als das Sonnenjahr. Zum Ausgleich mussten zwölf Tage dazwischengeschaltet werden. Daher kommt auch der Ausdruck: „Die Zeit zwischen den Jahren.“ Weil die Zeit nicht so richtig zum Jahreslauf dazugehört, werden ihr magische Eigenschaften zugeschrieben.

Der heilige Abend ist dem festlichem Mahl gewidmet

Die Traditionen an Heiligabend beginnen in Schweden schon mittags mit dem „Dopp i grytan“. Dabei sitzt die Familie um einen Kessel mit einem Sud des Weihnachtsbratens und sie tunken Schwarzbrot hinein. Nachmittags gibt es oft Donald Duck im Fernsehen (siehe Kasten) und einen Saunagang, bevor das Julbord, das Festessen beginnt.

Das Julbord ist der Mittelpunkt der Feierlichkeiten zum Julfest. Das besondere Essen ist ein festlich zubereitetes Weihnachtsbuffet. Das Julbord beginnt mit einem Glögg (eine Art Glühwein), Mandeln und Rosinen. Anschließend wird das Buffet eröffnet. Für den ersten Gang gibt es „Sill“. Das sind eingelegte Heringe mit Pellkartoffeln als Beilage. Zudem gibt es geräucherten Lachs und weitere Fische und Meeresfrüchte. Unter anderem auch Eier, die mit Garnelen oder Kaviar gefüllt sind. Eine weitere Vorspeise sind Wurst- und Räucherwaren. Darunter oft auch Elch- und Rentierprodukte. Als Beilage gibt es Knäckebrot.

Nach der Vorspeise kommt der Hauptgang mit warmen Gerichten. Dazu gehören Köttbullar, das sind kleine Fleischbällchen mit einer hellen Soße. Mittelpunkt des Julbord ist der Jul-Schinken: Ein ganzer gegrillter Schinken, dessen Kruste mit Senf und Gewürzen eingerieben wurde. Vor allem dieses Gericht stammt aus einer Zeit, als die meisten Menschen noch unter bäuerlichen und ärmlichen Umständen lebten. Zum Julfest wurde aufgetischt, was der Hof zu bieten hatte. So wurde im Winter meist ein Schwein geschlachtet. Fleisch galt in der damaligen Zeit als Festessen. Unter dem Jahr aß man es eher selten. Als Beilage gibt es zum Hauptgang „Janssons Frestelse“ ein schwedisches Kartoffelgratin. Außerdem Rotkohl und Gemüse.

Das Dessert wird meist erst einige Stunden später gereicht. Es gibt ein Käsebuffet und das traditionelle „Risgrynsgröt“, ein schwedischer Reisauflauf. Auch Schokoladenkuchen, Mandelkuchen, Eis und Weihnachtsgebäck sind beliebt. Zum Abschluss trinkt man in Schweden den Schnaps Aquavit.

Julbord-Festmahl-Weihnachten: Eine kleines Mädchen im roten Kleid und roter Schleife in den langen blonden Haaren und ein älterer Herr bedienen sich an einem reichlich bestücktem Buffet, das vor einem Fester im Innenraum eines Hauses aufgebaut ist.

Geschenke von Jultomte und Tanz um den Baum

Nachdem alle gestärkt sind, wird der Jultomte empfangen. Das heißt die Geschenke werden ausgepackt und es wird fröhlich um den Weihnachtsbaum getanzt. Der Jultomte in der Funktion des Geschenkebringers, ersetzte gegen Ende des 19. Jahrhunderts den Julbock. Jultomte steht für den schwedischen Weihnachtsmann. Wie in Amerika zieht er von Haus zu Haus und bekommt Pepparkakor, schwedische Glückskekse.

Der Julbock stellt das älteste Weihnachtssymbol dar. Er wird aus Stroh zusammengebunden und nur noch als Weihnachtsschmuck verwendet. Laut skandinavischer Mythologie symbolisiert er Fruchtbarkeit der Erde und gilt als Verkörperung des Donnergotts Thor. Im ländlichen Raum gab es die Tradition, dass ein Julbock aus Stroh in eine Gruppe tanzender Menschen geworfen wurde. Sie sollten ihn alle so schnell wie möglich berühren, damit er Glück und eine gute Getreideernte im neuen Jahr bringt.

Übrigens: die Tradition des Weihnachtsbaums stammt aus Deutschland. Ein geschmückter Baum ist erst seit dem 19. Jahrhundert fester Bestandteil der schwedischen Weihnacht. Gerade auf dem Land ist es Brauch, einen eigenen Baum am 23. Dezember zu schlagen. Zahlreiche Schweden berufen sich dabei auf das Jedermannsrecht und schlagen ihren Weihnachtsbaum in fremden Wäldern. Vor allem im Norden des Landes ist das ein Problem. Schätzungsweise steht dort in jedem fünften Wohnzimmer ein gestohlener Weihnachtsbaum.