Auf einen Blick
- In Europa entstanden Hungersnöte mehrfach durch Klimaänderungen, z. B. während der Klimaabkühlung im 14. Jahrhundert und in Folge des Vulkanausbruchs in Indonesien im Jahr 1815.
- Rapides Bevölkerungswachstum war in der Geschichte ebenfalls oft eine der Ursachen für Hungerkatastrophen.
- Kriege waren und sind sowohl Ursache als auch Folge von Lebensmittelknappheit.
- Mittels wissenschaftlichem und technologischem Fortschritt in der Landwirtschaft wurden Hungersnöte in Europa zurückgedrängt.
- Eine Einengung der Wahrnehmung auf eine Ursache für Hunger birgt die Gefahr der Ideologisierung.
1970 hungerte noch 28 Prozent der Menschheit

Im Jahr 1970 hungerte noch 28 Prozent der Menschheit, im Jahr 2015 waren es noch elf Prozent. Der Rückgang der Hungernden weltweit ist kein Anlass, sich zufrieden zurückzulehnen in der Erwartung, dass sich dieser Trend fortsetzen werde. Die Food and Agriculture Organisation (FAO) prognostiziert, dass die Weltbevölkerung in den nächsten Jahren auf zehn Milliarden Menschen anwächst. Sollen alle gut ernährt werden, muss die Nahrungsproduktion um 50 Prozent steigen. Der kaum mehr aufzuhaltende Klimawandel stellt dabei ein gewaltiges Hindernis dar. Die Anzahl der Ackerflächen und ihre Fruchtbarkeit werden in der weltweiten Bilanz eher ab- als zunehmen.
Bevölkerungswachstum und Klimaveränderungen sind eine typische Konstellation für die Entstehung von Hungerkatastrophen. Ein Beispiel aus der Geschichte ist die große Hungersnot in Irland. Um 1847 verhungerten dort rund eine Million Menschen (von 7 Mio.). Eine weitere Million Iren sah sich zur Auswanderung gezwungen. Die Bevölkerung war zuvor so sehr gewachsen, dass sie nur noch mit Kartoffeln ernährt werden konnte. Durch nasse Sommer kam es jedoch zur „Kartoffelfäule“. Die Menschen wurden nicht mehr satt und starben an Seuchen und Hunger.
Mehr Menschen brauchen mehr zu essen
Klimaveränderungen als Ursache von Hungersnot
Was das Cannstatter Fest mit Hunger zu tun hat
Kriege machten jeden Fortschritt zunichte
Hunger trotz Überschussproduktion
Zur Illustration: Die Illustration zum Beitrag stammt von Käthe Kollwitz; Abdruck mit freundlicher Genehmigung des Käthe-Kollwitz-Museums Köln (www.kollwitz.de). Die Künstlerin lebte von 1867 bis 1945. Im Mittelpunkt ihrer Arbeit standen die Nöte der einfachen Bevölkerung, z. B. Hunger und Elend von Arbeiterfamilien, Wohnungsnot. Kollwitz war eine Meisterin darin, menschliches Leid, Verlust und Tod auf berührende Weise zu „erzählen“. Käthe Kollwitz ist eine der wenigen Frauen, deren Büste in der Walhalla (Lks. Regensburg) aufgestellt ist; damit wird ihre herausragende Stellung als deutsche Künstlerin gewürdigt.
Zum Autor: PD Dr. Rainer Hufnagel lehrt seit 2009 an der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf in den Bereichen Lebensmittelmanagement und Ernährungs- und Versorgungsmanagement.
Nachdruck des Artikels mit freundlicher Genehmigung des Bundeszentrums für Ernährung www.bzfe.de. Der Originalartikel „Geschichte des Hungers in Deutschland“ ist erschienen in Ausgabe 2/2020 der BZfE-Fachzeitschrift „Ernährung im Fokus“, www.ernaehrungimfokus.de