Es ist kurz nach 9 Uhr, die Sonne steht bereits hoch über der Terrasse des Steinberger Hofes in Ruhpolding. Die meisten Urlaubsgäste haben ihre Plätze an den Frühstückstischen schon wieder verlassen. Magdalena Haßlberger, die Gastgeberin, gibt einem rüstigen Seniorenpaar noch ein paar Ausflugsideen für den Tag mit. Sie nimmt sich gerne Zeit für ihre Urlauber und geht auf deren Bedürfnisse ein.
Seit rund fünf Jahren kümmert sich Haßlberger gemeinsam mit ihrem Mann und ihrem Schwiegervater um die Gäste des Steinberger Hofes, auf dem seit vielen Jahrzehnten „Urlaub auf dem Bauernhof“ angeboten wird. Einige Jahre zuvor, von 2011 bis 2013, absolvierte sie am Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) Rosenheim die Meisterschule für Hauswirtschaft. Anschließend leitete Haßlberger für vier Jahre die Bereiche Hausreinigung und Wäsche in einem Seniorenheim mit 120 Bewohnern.
Die Hauswirtschaft wird immer wichtiger

Immer mehr Absolventinnen der Hauswirtschaft wählen den beruflichen Weg in Pflegeeinrichtungen, denn diese sind ein Wachstumsmarkt. Die Zahl der Bewohner und Pflegeplätze steigt in Bayern seit Jahren kontinuierlich an, und damit auch der Bedarf an qualifizierten Mitarbeiterinnen. „Hauswirtschaftliche Versorgung und Betreuung wird immer wichtiger“ sagt Anna Bruckmeier, die Leiterin der Meisterschule für Hauswirtschaft am AELF Rosenheim.
Bruckmeier betont: „Die Qualität der Hauswirtschaft ist Aushängeschild und Alleinstellungsmerkmal von Betreuungseinrichtungen, denn da gibt es große Unterschiede: Wie sehen die Räume aus? Wie riecht es im Haus, macht der Duft nach Essen Appetit? Bekommen die Bewohner ihre Wäsche pünktlich wieder? Gibt es Begegnungsmöglichkeiten und Gespräche?“ Hier zeigt sich, wie vielfältig die Anforderungen an die Hauswirtschaft in einer solchen Einrichtung sind. Entsprechend breit gefächert seien die Inhalte, die in der Ausbildung und der Meisterschule vermittelt werden, erklärt Bruckmeier.
Dieses umfangreiche Wissen aus der Meisterschule – kombiniert mit den Erfahrungen aus ihrer Arbeit im Seniorenheim – kommt Magdalena Haßlberger zugute: „Im Seniorenheim konnte ich vielfältige Erfahrungen sammeln, die jetzt im eigenen Betrieb bei der Bewirtung der Urlaubsgäste sehr wertvoll für mich sind“, betont die Hauswirtschaftsmeisterin. Neben der Wäscherei und der Hausreinigung gehörten dort auch der Frühstücksdienst und das Führen der Allergenliste in der Küche zu ihren Aufgaben.
Technik des Großhaushalts für den eigenen Betrieb
Dabei mussten alle Abläufe gut organisiert sein. Haßlberger setzt damals wie heute auf durchdachte Routinen: „Im Großhaushalt habe ich Dinge wie Servierwagen und Wäschewagen schätzen gelernt und verwende sie nun im eigenen Betrieb. Ich habe von dort auch mitgenommen, ergonomisch und etwas größer zu denken: Verbrauchsmaterial kaufe ich zum Beispiel nicht jede Woche ein, sondern halbjährlich – das ist praktischer.“
Zudem hat sie am Hof ein Qualitätsmanagement-System eingeführt, damit alle Abläufe immer gleich erledigt werden: Auf dem Steinberger Hof gibt es Checklisten für alle anfallenden Arbeiten. „Das hat auch Vorteile bei der Arbeit mit Angestellten“, erklärt die Hauswirtschaftsmeisterin. Ihre Helferinnen können anhand der Leitfäden selbstständig arbeiten, das erhöhe die Motivation. Und wenn jemand kurzfristig ausfalle, könne das leichter kompensiert werden – auch in Zeiten von Corona definitiv ein Vorteil.
Für diese Leitungsaufgaben werden die Studierenden der Meisterschule durch Fächer wie Kostenmanagement, Personalführung und Qualitätsmanagement geschult, erklärt Anna Bruckmeier. Die beruflichen Möglichkeiten seien im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung und Betreuung vielfältig, gerade größere Trägerorganisationen böten für ihre Angestellten oft attraktive Aufstiegschancen – im Pflegeheim-Bereich, aber auch in Rehakliniken, Kurheimen oder Bildungshäusern.
Die Hauswirtschafterin als Ansprechpartner
Doch Magdalena Haßlberger hat nicht nur Kompetenzen im Organisieren und Planen, sondern auch ein Händchen für den Umgang mit Menschen. „Ich habe die Erfahrung gemacht, dass die alten Leute mit dem Pflegepersonal, das die Körperhygiene durchführt, gar nicht so viel reden und eher Distanz wahren wollen. Den Hauswirtschafterinnen dagegen, die zum Beispiel zum Zimmerreinigen vorbeikommen, erzählen sie viel mehr, auch von Problemen, Schmerzen, Krankheiten. Diese Informationen sind für die Pflege selbst sehr wichtig.“ Die Hauswirtschaftsmeisterin und ihre Kolleginnen tauschten sich deshalb regelmäßig in sogenannten „Blitzgesprächen“ mit den Kolleginnen der anderen Arbeitsbereiche aus.
Biografie-Arbeit ist Teil der Ausbildung
Anna Bruckmeier erklärt, wie die Studierenden der Meisterschule auf diese Situationen und Herausforderungen vorbereitet werden: „Biographiearbeit und wertschätzende Kommunikation sind Teil der Ausbildung, auch Gesprächsführung gehört dazu. Das hilft sehr im Umgang mit Menschen in unterschiedlichen Lebensabschnitten.“
In der besonderen Wohnsituation im Heim sei es auch wichtig, Alltagskultur zu pflegen und sich auf die verschiedenen Persönlichkeiten einzustellen, zum Beispiel auf Menschen mit Migrationshintergrund. Für alle Bewohner wichtig sei ein strukturierter Alltag, der Halt gibt und zielgruppenspezifisch gestaltet ist.
Magdalena Haßlberger bestätigt das. „Als ich im Seniorenheim anfing, wurde zum Beispiel die ganze Wäsche von einem externen Dienstleister gewaschen. Wir haben diese Arbeit wieder ins Haus geholt, da das viele Vorteile hat“ reflektiert sie. Die Bewohner hätten oft Lieblings-Kleidungsstücke, die sie so schnell wie möglich aus der Wäsche zurückbekommen wollen. Da sei es ein Vorteil, wenn im Haus gewaschen werde. Und die Senioren könnten ihre Wäsche aktiv selbst in die Wäscherei bringen oder sogar beim Legen mithelfen – eine sinnstiftende Beschäftigung und obendrein eine Gelegenheit für einen kurzen Ratsch unterwegs.
Auf dem Steinberger Hof steht heute der wöchentliche Grillabend an. Magdalena Haßlberger muss dafür noch einiges vorbereiten, doch auch hier hat sie detaillierte Checklisten ausgearbeitet. Sie freut sich schon darauf, gemeinsam mit ihrem Mann die Gäste zu bewirten und zu hören, was sie den Tag über erlebt haben. Denn das ist ihr immer wichtig, ob damals bei der Arbeit im Seniorenheim oder jetzt bei den Urlaubsgästen: Dass der Mensch im Mittelpunkt steht.
So ist der Weg zur "Meisterin der Hauswirtschaft"
Folgende Zugangsvoraussetzungen sollte man für die Fortbildung zur Meisterin der Hauswirtschaft mitbringen:
Berufsabschluss Hauswirtschafterin und zwei Jahre Berufspraxis oder
fünf Jahre Berufspraxis mit Führungsaufgaben.
Der Besuch der Landwirtschaftsschule Abteilung Hauswirtschaft in Rosenheim oder eines Vorbereitungslehrgangs wird empfohlen. Die nächste Fortbildung in Rosenheim startet im Oktober und endet im März 2024. Anmeldungen sind noch möglich. Ansprechpartnerin ist Anna Bruckmeier, Tel. 08031 3004-1000.