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Mit uns leben die Dörfer - Teil 2

Ehrenamt für und mit den Menschen

Bäuerin voller Motivation: Heidi Sulzauer aus Marktschellenberg macht mit ihrem Engagement bei den Landfrauen den ländlichen Raum zu einem lebendigen und lebenswerten Umfeld.
Karin Kleinert
am Donnerstag, 05.01.2023 - 10:02

Mit uns leben die Dörfer (2): Beim Ehrenamt geht es für Heidi Sulzauer aus Oberbayern vor allem darum, andere Menschen zu motivieren, sich aktiv in die Dorfgemeinschaft einzubringen.

Wenn Heidi Sulzauer erzählt, wird schnell klar, dass sie jemand ist, die auf andere zugehen kann, die aufgeschlossen ist und gerne mitgestaltet. Diese Gaben nutzt sie, um sich ehrenamtlich zu engagieren für den Zusammenhalt in ihrer Gemeinde. Doch bevor Heidi Zeit für das Wochenblatt hat, muss sie noch kurz in den Stall, wo das Jungtier Jana ihr erstes Kalb erwartet.

Seit dem 17. Jahrhundert betreibt die Familie Sulzauer Landwirtschaft auf einer Hofstelle in Unterstein (Lks. Berchtesgadener Land), die an einem Hang auf etwa 600 m Höhe liegt. 2006 haben sie und ihr Mann Sigi, ein Molkereitechniker, den Milchviehbetrieb von dessen Onkel übernommen. Sie führen den Hof mit 20 ha Grünland im Nebenerwerb.

Unterstützung von der Familie

Nach der Hofführung geht es in die Stube. Ein Teller mit Plätzchen und Lebkuchen sticht ins Auge. Alle selbst gemacht? „Natürlich“, meint Heidi, „ich bin eine gelernte Bäckerin.“ Zudem war sie in der Gastronomie als Konditorin tätig und im Service sowie bei einem Metzger im Verkauf. Sehr vielfältige Berufe und lehrreich, betont sie. Diese Erfahrungen sind wertvoll für die ehrenamtlichen Tätigkeiten.

Gerade in der Adventszeit, wo sie als Ortsbäuerin einen Tag des Schellenberger Adventsmarktes organisiert, unterstützt von ihren Beisitzerinnen. Der Erlös kommt den örtlichen Vereinen und in Not geratenen bäuerlichen Familien zugute. Bereits im Oktober beginnen die Vorbereitungen. Eine arbeitsintensive Zeit sei das, denn im Herbst kommen auch die Kälber auf die Welt. „Aber mit einem guten Zeitmanagement bekomme ich es gut hin“, meint sie. Außerdem würde ihr Mann hinter ihr stehen. Sie seien ein gutes Team und würden auch von ihren drei Kindern unterstützt.

2016 war sie das erste Mal zur Schellenberger Ortsbäuerin gewählt worden, zuvor hatte sie sich einige Jahre als Beisitzerin im Ortsverein eingebracht. Seit 2022 läuft ihre zweite Amtszeit. Überraschend war es für sie, als sie im Juli bei der Wahl des BBV-Kreisverbands Berchtesgadener Land zur stellvertretenden Kreisbäuerin gewählt wurde. Dieses Ehrenamt verspricht interessant zu werden, mit Herausforderungen und anderen Blickwinkeln. Man muss sich einarbeiten und viele Termine wahrnehmen, aber darauf „freue ich mich nach 15 Jahren bei den Kindern“, so die 43-Jährige.

Jung und Alt zusammenbringen

Beim Ehrenamt ist es ihr ein Anliegen, andere Mitglieder zu mobilisieren, dass die sich in die Dorfgemeinschaft einbringen. Besonders wichtig findet sie, Jung und Alt zusammenzubringen, etwa bei Ausflügen. „Die älteren Bäuerinnen rufe ich an, mit den jüngeren haben wir eine WhatsApp-Gruppe, das funktioniert bestens“, erklärt Heidi. So haben sie kürzlich eine Bustour ins Salzkammergut unternommen und den Christkindlmarkt in St. Wolfgang besucht. „Wir waren eine Gruppe mit Frauen von Ende 20 bis Mitte 70 und hatten einen schönen Tag“, berichtet sie.

Traditionell werden Mitte August die Kräuterbuschen für Maria Himmelfahrt gebunden, geweiht und vor der Kirche gegen eine freiwillige Spende verteilt. Ein Teil der Kräuterbuschen wird auf die Gräber von verstorbenen Bäuerinnen gelegt. Ein schöner Brauch, den sie liebgewonnen hat. Erst unlängst sagte eine ältere Bäuerin zu ihr: „Schee habts des gmacht“. Mehr Worte braucht es nicht, findet Heidi. Als Ortsbäuerin hat sie gelernt, die Familien von Verstorbenen aus dem Dorf zu besuchen, Trost zu spenden und Hilfe anzubieten. Solche Gespräche seien eine Bereicherung und würden sie persönlich weiterbringen, sagt sie.

Aktiv auf Instagram

Tradition und Moderne gehören für sie zusammen, Klischees von früher seien überholt: Sie liebt ihr Dirndlgewand, fühlt sich aber auch im Abendkleid wohl. Auch in den sozialen Netzwerken ist Heidi aktiv. Damit die Bäuerinnen sehen, was alles los ist, hat sie eine Instagram-Account eingerichtet und postet unter „Schuastabaeuerin“ regelmäßig Bilder. Und wo tankt sie auf, wenn sie mal eine Auszeit vom Alltag, vom Ehrenamt braucht? „Draußen in der Natur hole ich mir Energie“, sagt Heidi. Bei einem Spaziergang, einer Bergtour oder beim Skifahren. Außerdem gönnt sich die Familie einmal im Jahr eine Woche Urlaub am Meer. „Das muss sein, das brauchen wir“, meint sie. Und Kuh Jana? Die hat währenddessen gekalbt, wie die Bäuerin im Nachhinein erzählt.

Wochenblatt-Serie: Beispielhaftes Engagement der Landfrauen

Lesen Sie im ersten Teil unserer Serie über Anita Reß aus Unterfranken: Für lebendige Dörfer – aus Freude am Miteinander

Im nächsten Teil lesen Sie ein Porträt über Rita Blümel aus der Oberpfalz: Mit Begeisterung für die Dorfgemeinschaft