Eine gute Idee zu haben, ist das eine. Wenn man es aber schafft, andere Menschen so mit der eigenen Begeisterung anzustecken, dass diese Idee von der Gemeinschaft gerne weiterentwickelt und umgesetzt wird, ist das eine Begabung. Das ist Rita Blümel in den letzten 30 Jahren unzählige Male gelungen in ihrer Funktion erst als Orts-, dann als Kreis- und schließlich als Bezirksbäuerin des BBV in der Oberpfalz.
Blümel ist gebürtige Niederbayerin, hat aber mit 22 Jahren zu ihrem Mann Albert auf dessen Milchviehbetrieb nach Unterlaichling (Lks. Regensburg) geheiratet. Die heute 61-Jährige erinnert sich: „Ich bin damals aus einem lebendigen Dorf gekommen und in Unterlaichling war es eher ruhig. Aber ich war in einem Alter, da will man die Jugend noch nicht aufgeben!“ Da kam es ihr gelegen, dass in der gleichen Zeit viele neue Frauen in das Dorf geheiratet hatten und es auf dem Land selbstverständlich war, den Landfrauen beizutreten. Die Bäuerin war umtriebig, hatte Freude daran Verantwortung für die Gemeinschaft zu übernehmen und wurde als erste Frau im Dorf in den Pfarrgemeinderat gewählt, und schließlich auch Vorsitzende. Im Jahr 1991 übernahm sie das Amt der Ortsbäuerin.
Humor darf auch bei ernsten Themen nicht fehlen

„Bei meinen Ämtern hat mir immer am meisten das Miteinander der Frauen gefallen“, schwärmt Blümel. Zum Beispiel, als in der Nähe des Dorfes vor 35 Jahren eine Mülldeponie gebaut werden sollte. Die Landfrauen informierten sich über die Thematik, engagierten sich, sprachen mit der Politik. „Mich haben solche Themen früher sehr beschäftigt und ich habe die anderen Frauen mitgerissen“, erzählt sie. Gerade bei so ernsten Themen durfte die nötige Prise Humor nicht fehlen: Die Bäuerin hatte die Idee, dass sich die Landfrauen im Fasching als Müllsäcke verkleiden könnten. Alle hätten mitgemacht und sie wurden mit dem ersten Preis prämiert, freut sie sich noch heute. Die Mülldeponie wurde schließlich gekippt, in Schwandorf eine Verbrennungsanlage gebaut – die Dorfgemeinschaft ging gestärkt aus der Aktion heraus.
Neben vielen Projekten, Landfrauenfahrten und Bildungsangeboten, die Blümel organisiert hat, liegt ihr das Erntedankfest besonders am Herzen. „Für Bäuerinnen und Bauern ist das ein wertvolles Fest, weil wir alle so dankbar sind, dass in dem Jahr wieder was gewachsen und die Ernährung für viele Menschen gesichert ist“, betont sie. Man merke, wie wichtig es allen sei mitzuhelfen, dass dieses Fest gelingt, dass Erntekronen entstehen, Erntealtäre ideenreich geschmückt werden und es eine schöne Gottesdienstgestaltung gibt.
Kunstwerke entstehen aus spontanen Ideen
An Erntedank zeigt sich laut Blümel gut, was Ehrenamt ausmacht: Der Erntealtar soll geschmückt werden, dann schickt man ein paar Nachrichten übers Handy, man stimmt sich ab, jeder bringt Material mit und es entsteht „ein riesengroßes Kunstwerk, das nicht lange geplant wurde, sondern aus den spontanen Ideen der Frauen entstanden ist und auf das alle stolz sind.“ Sie meint schmunzelnd: „Andere brauchen für sowas einen Projektmanager.“
Die Landfrauenarbeit nutzte Blümel auch gerne, um über die Landwirtschaft zu informieren. Besonders gelungen war eine Aktion im Jahr 2020 währen der Corona-Pandemie: „Wir hatten die schöne Idee, dass wir uns bei den etwa 200 Mitarbeitern der Intensivstation in der Uniklinik Regensburg bedanken wollen, weil sie während der Pandemie so viel geleistet haben“, erzählt sie. Dafür sammelten die Frauen regionale Nahrungsmittel auf Bauernmärkten und Höfen, stellten große Regionalkörbe zusammen und durften sie persönlich in die Klinik bringen. Die Freude des Pflegepersonals war groß.
Vom Pilger- zum Landwirtschaftsweg
Ein weiteres Herzensprojekt konnte die Bäuerin letztes Jahr verwirklichen: Im Südosten von Regensburg wurde der Landwirtschaftsweg eröffnet und gesegnet – ein lag gehegter Wunsch von ihr. Der bereits davor bestehende Pilgerweg schlängelt sich über 8 km durch die Oberpfälzer Kulturlandschaft. Gefördert besonders durch Leader-Mittel, wurde er durch den BBV mit elf Tafeln bestückt, die über verschiedene Aspekte der Landwirtschaft informieren.
Bei allen Entscheidungen in ihrem Leben hat Blümel immer die Einstellung begleitet, dankbar für das zu sein, was man hat, Mut zu beweisen und sich nicht in Selbstmitleid zu verlieren. Im manchen Lebensphasen war das keine leichte Aufgabe. „Mein größter Mut war, 2007 ‚Ja‘ zum Amt der Kreisbäuerin zu sagen“, blickt sie zurück. „Und kurz nachdem ich dieses Amt übernommen hatte, haben wir erfahren, dass mein Mann schwer krank ist. Das war eine schlimme Zeit.“ Die Familie gab die Milchviehhaltung auf, die Bäuerin pflegte ihren Mann, der vier Jahre später verstarb. Doch sie und ihre fünf Kinder halfen zusammen, hielten den Betrieb am Laufen. Blümel entschloss sich, ihre Arbeit als Krankenschwester in Regensburg wieder aufzunehmen, sie wollte auf eigenen Beinen stehen, sich selbst helfen.
Chancen nutzen, wenn sie sich bieten
15 Jahre füllte die Bäuerin das Amt der Kreisbäuerin voller Begeisterung mit Leben, fünf Jahre war sie Bezirksbäuerin. „Es hat mir eine unglaubliche Freude bereitet, aber es ist wichtig zu wissen, wann man aufhören muss“, reflektiert Blümel: Sie habe gewusst, dass sie eine tolle Nachfolgerin als Kreisbäuerin habe und für sie stand immer im Vordergrund, dass das Amt nach ihr gut weitergeführt wird. „Diese Chance muss man nutzen, wenn sie sich bietet“, betont sie und hat ihr Amt letztes Jahr gerne ihrer Nachfolgerin Beate Stadler-Weikl übergeben. Dass die Bäuerin loslassen kann, hat sie auch daheim bewiesen: Vor einem Jahr hat ihr Sohn den Betrieb übernommen.
Doch langweilig wird Blümel sicher nicht: Sie sprudelt nur so vor Ideen und auch in der Familie ist ihre Zeit gerade sehr gefragt. Zudem bringt sie sich weiter als Kreisrätin im Kreistag ein, ist Mitglied in der CSU, bei der Frauenunion und in verschiedenen Ausschüssen. „Wer mitreden will, muss dabei sein und mitgestalten“, bringt sie es auf den Punkt.
Wochenblatt-Serie: Beispielhaftes Engagement der Landfrauen
Lesen Sie auch unsere beiden weiteren Portraits über Landfrauen, die Leben in die Dorfgemeinschaft bringen: Anita Reß aus Unterfranken und Heidi Sulzauer aus Oberbayern.