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Die Jugend packt an

Bayerische Bierkönigin: Bier muss man genießen

Sarah-Jäger-Bayerische-Bierkönigin-01: Die Frau steht mit einem grünen Dirndl und weißer Bluse in der Natur, bei Sonnenlicht, an einem Bach im Wald. In der Hand hält sie eine Maß Bier.
Interview: Anja Kersten
am Mittwoch, 02.03.2022 - 11:00

Bierkönigin Sarah Jäger im Interview. Sie spricht über bayerische Traditionen, besondere Biersorten - insbesondere das Starkbier zur Fastenzeit - und die Sehnsucht nach Gesellschaft in Bierzelten.

Wochenblatt: In wenigen Tagen beginnt die Fastenzeit und damit auch die Zeit des Starkbiers. Woher kommt diese Tradition eigentlich?

Sarah Jäger: Das Frühjahr war früher die Zeit, in der die Wintervorräte zu Ende gingen. Man brauchte deshalb das Bier als Nahrungsmittel und braute ein Bier, das einen höheren Nährwert hatte: das Starkbier. Auch wenn heutzutage Lebensmittel nicht mehr knapp sind, Bockbiere sind sehr interessante Biere: Sie sind kräftig und gleichzeitig süßlich im Geschmack. Dieser Geschmack kommt durch die verschiedenen Malzsorten zustande.

Wochenblatt: Viele stellen sich die Aufgaben der Bierkönigin so vor: Man kann so viel und oft Bier trinken, wie man will. Ist das wirklich so?

Sarah: Es gehört zu meinem Amt, dass ich Bier trinke. Es gehört aber nicht dazu, mich zu betrinken. Zu meinen Auftritten und zu den Veranstaltungen fahre ich mit dem Auto. Da trinke ich höchstens ein kleines Glas Bier.

Sarah-Jäger-Bierkönigin-03: Die Frau sitzt im Dirndl mit einer Maß Bier in der Hand an einem abgeschnittenen Baumstamm an einem Bachufer im Wald.

Wochenblatt: Letztes Jahr haben sich knapp 90 Frauen für dein Amt beworben, wie hast Du dich durchsetzen können?

Sarah: Ja, das Interesse war und ist sehr groß. Um sich zu bewerben, muss man in Bayern wohnhaft sein, mindestens 21 sein, weil man auch im Ausland das bayerische Bier repräsentiert, und natürlich Interesse am Bier und an unserer Tradition haben. Man muss schon sehr viel über Bier wissen und eine gewissen Leidenschaft dafür haben, um Bierkönigin zu werden. Gern Bier zu trinken, reicht bei weitem nicht aus. Ich arbeite zwar als Assistentin der Geschäftsleitung in einer Brauerei und werde auch immer gefragt, ob ich da nicht einen Vorteil hatte, aber so tief in die Materie „Bier“ bin ich in meiner Arbeit nicht gegangen. Das musste ich mir selbst aneignen, saß dazu aber an der Quelle. Mit meinen Fragen konnte ich immer zu unserem Braumeister oder zu Kollegen gehen. Von den 87 Frauen sind schließlich 27 zum Casting eingeladen worden, ins Finale kamen sechs.

Wochenblatt: Und dann bist Du die erste Bierkönigin geworden, die aus der Oberpfalz kommt?

Sarah: Ja, das habe ich auch in der Vorbereitungszeit auf die Wahl immer wieder erwähnt. Es wäre jetzt mal Zeit, dass die Bierkönigin aus der Oberpfalz kommt. Bei bayerischem Bier denken viele in erster Linie an München und Oberbayern und vergessen, dass es überall in Bayern Brauereien gibt und sehr gute Biere. Allein bei uns in der Oberpfalz gibt es 80 Brauereien. Und in der nördlichen Oberpfalz haben wir den Zoigl, der immaterielles Kulturerbe ist. Diese Art des Bierbrauens hat eine lange Tradition. Der Zoigl wird gemeinsam im Kommunbrauhaus gebraut. Die Familien, die ein Kesselgeld bezahlen und somit brauberechtigt sind, nehmen das Bier mit nach Hause und lagern es dort ein. Dadurch unterscheidet sich jedes Bier im Geschmack. Außerhalb der Oberpfalz ist der Zoigl wenig bekannt, was ich schade finde.

Wochenblatt: Warum, denkst Du, gilt Bier auch heute noch als ein relativ günstiges und weniger hochwertiges alkoholisches Getränk, im Vergleich zu Wein zum Beispiel?

Sarah: Das liegt mitunter daran, dass man Bier oft aus Krügen oder sogar aus der Flasche trinkt. Das wirkt etwas derb und bei weitem nicht so edel, wie wenn man Wein aus einem Weinglas trinkt. Ich glaube, deshalb trinken auch weniger Frauen Bier. Ich trinke mein Bier zu Hause immer aus einem Verkostungsglas, das ähnlich wie ein Weißweinglas aussieht. Dadurch lassen sich die Aromen des Bieres besser riechen und schmecken, ganz genauso wie Wein; nur macht das kaum jemand. Den Geschmack und Geruch von Bier kann man sehr gut und detailliert beschreiben, wenn man sich einmal genauer damit befasst. Ein Bier kann nach Honig riechen, man kann Zitrusfrüchte, Brotteig oder beispielsweise getrocknetes Obst herausschmecken. Im Gegensatz zu Wein, den man bei der Verkostung ausspuckt, muss man das Bier hinunterschlucken. Bier entwickelt nämlich im Abgang auch noch einmal verschiedenste Aromen. Ich bin inzwischen auch „International Beer Sommeliere“. Obwohl unser bayerisches Bier nur aus vier verschiedenen Zutaten gebraut wird, gibt es 40 verschiedene Biersorten und über 4000 Marken – und kein Bier schmeckt gleich. Ich finde, wir können wirklich stolz auf unsere Brauerinnen und Brauer sein.

 

Steckbrief der Bierkönigin

Sarah-Jäger-Bierkönigin-02: Die Frau im grünen Dirndl mit weißer Bluse und Diadem im Haar, hält eine Maß Bier in der rechten Hand, die sie auf ihrer flachen linken Handfläche abstützt. 

 

Wie heißt Du? Sarah Jäger.

Wie alt bist Du? Ich bin 32 Jahre alt.

Was treibst Du? Ich bin die amtierende Bayerische Bierkönigin.

Woher kommst Du? Ich komme aus Schwandorf. Damit habe ich erstmals den Titel der Bayerischen Bierkönigin in die Oberpfalz geholt.

Wochenblatt: Bier ist ein alkoholisches Getränk und Alkohol kann zur Sucht werden. Wie schaffst Du es, einerseits dafür zu werben und andrerseits auch die Gefahren eines übermäßigen Bierkonsums nicht zu verharmlosen?

Sarah: Das ist zugegeben ein schwieriges Thema. Für mich ist Bier ein Genussmittel, das man – wie einen guten Wein – riechen, schmecken und deshalb auch in Maßen genießen sollte. Als Bierkönigin geht es mir nicht darum, zum Biertrinken zu animieren, sondern Bier wirklich zu genießen. Durch Verkostungen mit bildlichen Darstellungen bringt man die Menschen eher dazu, das Bier bewusst zu genießen. Der Markt der alkoholfreien Biere wächst übrigens ständig. Diese Biere sind heute so hervorragend gebraut, dass man sie kaum noch von der Variante mit dem Alkohol unterscheiden kann.

Wochenblatt: Du bist zwar Repräsentantin aller bayerischen Biere, hast Du trotzdem ein Lieblingsbier?

Sarah: Welches Bier ich gern trinke, kommt auf die Tageszeit an und auch auf das Essen. Zum Weißwurstfrühstück würde ich jetzt keinen Doppelbock trinken. Da passt doch am besten ein Weißbier. Am Nachmittag zu einem Schokoladenkuchen würde ich einen Eisbock oder einen dunklen Bock empfehlen. Bier ist so vielseitig. Man kann es zu jedem Essen kombinieren. Selbst meine Mutter kocht nun sehr viel mit Bier. Man glaubt gar nicht, was man da alles machen kann. Bier gibt den Gerichten eine besondere Note.

Wochenblatt: Deine Auftritte waren wegen Corona nicht so zahlreich wie die deiner Vorgängerinnen. Gab es ein Highlight?

Sarah: Für mich war jeder Auftritt ein Highlight. Die Auftritte waren bedingt durch Corona sehr persönlich. Ich hatte Zeit, mit vielen Leuten ins Gespräch zu kommen, saß nicht nur bei den Ehrengästen, sondern mischte mich unter die anderen Gäste. Auslandsreisen finden leider derzeit noch nicht statt. Deshalb hoffe ich umso mehr, dass ich Ende April nach Amerika zum Finale des Word Beer Cup fliegen kann, da dort auch sehr viele bayerische Brauereien vertreten sind. Einen großen Wunsch hätte ich auch noch, ich würde gerne noch einen Bieranstich in einem Zelt machen. Die Atmosphäre dort und die Geselligkeit, die bayerische Tradition in einem Zelt, das fehlt uns allen schon sehr. Außerdem hoffe ich, wie wahrscheinlich viele andere auch, dass das Oktoberfest und auch die vielen anderen geplante Feste in diesem Jahr wieder stattfinden können.

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