Männchen machen kennt man eigentlich nur bei Pferden oder Hunden. Bei Lisa Marie Schüßler ist das anders. Als Tochter eines Rinderzüchters dressiert die 20-jährige seit mittlerweile sieben Jahren ihre Dexter Mini-Rinder. Höhen und Tiefen teilt sie dabei erfolgreich im Netz. Mittlerweile folgen ihr auf Instagram (@1girl.and.2cows) fast 17 000 Menschen. Seit Kurzem beschäftigt sie sich selbst auch mit der Zucht, allerdings von Hasen – wo sie auch nicht vor dem Schlachten zurückschreckt.
Steckbrief

Wie heißt Du? Ich heiße Lisa Marie Schüßler.
Wie alt bist Du? Ich bin 20 Jahre alt.
Was treibst Du? Ich bringe meinen Dexter Mini-Rindern Tricks bei und trete mit ihnen auf. Beruflich arbeite ich als Fachkraft für Lagerlogistik.
Woher kommst Du? Aufgewachsen bin ich auf unserem Selbstversorger-Betrieb mit Dexter-Rindern, Hühnern, Schafen und einem Pferd sowie Gemüse- und Obstanbau im Landkreis Aschaffenburg.
Dein Hobby ist es, Dexter Mini-Rindern Tricks beizubringen. Was kann ich mir darunter vorstellen?
Die meiste Zeit gehen wir hauptsächlich spazieren oder verbringen zusammen Zeit auf der Weide. Die Tricks sind alle nach und nach dazugekommen. Im Prinzip machen sie nichts anderes als ein Hund oder ein Pferd. Meine Rinder Luna (sechs Jahre alt) und Dunnerkeil (vier Jahre alt) machen Männchen oder springen über Hindernisse und knien sich hin.
Wie sind die ersten Tricks entstanden?
Ich bin mit unserem ersten Ochsen einmal spazieren gegangen und da lag auf einer Wiese ein Baum, der umgekippt war. Da dachte ich mir: Mal gucken, wie er reagiert. Und da ist er einfach drüber gesprungen. Von da an habe ich immer wieder etwas Neues mit ihnen ausprobiert. Inspirieren lasse ich mich dabei von Pferdevideos und dann schaue ich, ob meine Kühe das auch können.
Auf Youtube und Instagram teilst Du auch Videos, in denen man sieht, dass nicht immer alles klappt. Warum ist Dir wichtig, auch das zu zeigen?
Es läuft immer mal was schief, man bekommt blaue Flecken oder ich tue mir weh. Ich will damit die Leute, bei denen es auch nicht von Anfang an klappt, zum Weitermachen ermutigen. Ich will nicht die Illusion schaffen, dass bei mir immer alles direkt funktioniert. Es ist okay, dass mal was schiefgeht.
Deine Rinder sind zwar klein, haben aber trotzdem eine enorme Kraft. Wie gefährlich ist Dein Hobby?
Ja, auch bei den kleinen Rindern steckt Kraft dahinter mit ihren 200 bis 250 Kilo. Deswegen muss ich schon auch gut aufpassen. Dadurch, dass unsere Tiere so ein Vertrauen zu mir haben und ich zu ihnen, würden sie mich auch nicht mutwillig angreifen. Bisher ist mir einmal ein Unfall passiert. Da ist eine Kuh auf mich drauf gefallen, weil sie ausgerutscht ist. Das tat auch weh, aber wir hatten Gott sei Dank viel Glück. Seither achte ich noch mehr darauf und es ist nichts mehr passiert. Ich würde sagen, mein Hobby ist so gefährlich wie jedes andere Hobby auch.
Wie baust Du das Vertrauen zu den Tieren auf?
Indem ich sehr viel Zeit mit ihnen verbringe. Unter anderem durch unsere Spaziergänge. Da haben sie auch gelernt, wenn sie sich auch mal erschrecken oder Angst vor etwas haben, dass sie mit mir da immer gut durchkommen. Damit gebe ich ihnen die Sicherheit, dass ihnen mit mir nichts passiert. Also eigentlich genauso wie bei Menschen: Je mehr Zeit man miteinander verbringt, desto mehr vertraut man sich.
Wie motivierst Du Deine Rinder, wenn Du mit ihnen trainierst?
Also, das Training nenne ich ungern Training. Vieles kommt spontan auf der Weide oder beim Spazieren. Wir machen das so, wie wir alle Lust darauf haben. Klar, wenn ich das ganze filme oder Fotos mache, dann baue ich auch mal was auf, wo sie die Tricks machen können.
Warum Dexter Mini-Rinder, was macht die Rasse für Dich so besonders?
Die Antwort, die ich sonst immer gebe, ist: „Die passen halt perfekt in die Gefriertruhe“ (lacht). Aber nein, mein Papa hat die damals nach Hause geholt, weil sie generell einfacher zu handhaben sind und er meinte, dass sie weniger gefährlich für mich als Kind seien. Vorher hatten wir verschiedene Rassen, unter anderem Galloway und schottische Hochlandrinder. Hinzu kommt, dass wir die Kühe überwiegend für den Eigenverbrauch halten, da war auch die Fleischmenge ein Kriterium.

„Beim Training geht es hauptsächlich darum, Zeit miteinander zu verbringen.“, sagt Lisa Marie Schüßler.
Lernen die kleinen Kühe schneller als die großen Kühe?
Da habe ich keinen Vergleich. Ich weiß aber von anderen Leuten, die auch Kühe trainieren, dass es mit den Großen genauso funktioniert. Der Vorteil bei den kleinen Kühen ist, dass sie – ähnlich wie eine Ziege – viel wendiger und handlicher sind.
Machst Du auch Auftritte in der Öffentlichkeit?
Ja, ich durfte zum Beispiel schon bei der Open Air Messe Equitana in Mannheim dabei sein, ein Festival des Pferdesports. Ansonsten auch schon bei der Cavallo Academy oder regionalen Reitturnieren. Dieses Jahr darf ich auch noch auf der Reitsportmesse Rhein-Main auftreten.
Was sagen andere Landwirte oder Züchter zu Deinem Hobby?
Es gibt viele Bauern, die das Ganze belächeln. Weil sie sagen, eine Kuh ist nicht zum Spielen da. Am meisten Einfluss hat es meiner Beobachtung nach aber positiv auf die Leute, die gar nichts mit Kühen oder Landwirtschaft zu tun haben. Zum Beispiel Eltern, die uns mit ihren Kindern beim Spazierengehen sehen. Die sind dann auch neugierig, kommen zu mir und stellen Fragen – über mich, aber auch über die Landwirtschaft, über das Fleisch, über die Milch und so weiter.
Wie gehst Du damit um, wenn Du negative Rückmeldung bekommst?
Es gibt viele Leute, die sagen: „Wieso quälst Du die Kuh, wenn Du mit ihr spazieren gehst, lass sie doch einfach auf der Weide stehen!“ Ich würde das aber nicht mit der Kuh machen, wenn sie keinen Spaß daran hätte. Ansonsten würde sie ja auch nicht mitgehen. Andere sagen aber auch, „Die Kuh ist zum Essen da, such dir was anderes zum Spielen!“ Aber das sind für mich keine ernst zu nehmenden Kommentare. Da stehe ich drüber.
Zum Glück bekomme ich aber mittlerweile hauptsächlich nur noch positive Rückmeldungen. Als ich mit den Rindern angefangen habe, hat sich auch mein kompletter Freundeskreis geändert. Leider war ihre Meinung zu meinem Hobby sehr negativ, somit war ich anfangs nur das Negative gewohnt. Ich war dann eher überrascht, wie viel positives Feedback ich im Internet von fremden Menschen bekommen habe.
Seit Kurzem züchtest Du auch Hasen. Wie kam es dazu?
Damit habe ich erst dieses Jahr angefangen. Ich habe bisher einmal unsere Häsin decken lassen. Und bin sozusagen gerade in einer Art Probelauf: Denn zum Züchten gehört auch das Schlachten dazu. Bisher habe ich das noch nicht gemacht, also will ich schauen, ob ich das kann, psychisch und so. Wenn ja, werde ich weiter machen und es professionell und richtig machen.
Das Schlachten gehört für Dich also zum Züchten dazu?
Ja, klar. Ich bin damit aufgewachsen, dass das dazugehört und es ist vollkommen normal. Ich bin auch der Meinung, wenn man Fleisch essen will, dann darf man da auch nicht wegsehen, wenn es um das Thema geht. Da darf man nicht sagen: „Oh nee, ich will das nicht sehen“ oder „Ich finde das so schlimm“. Weil dann braucht man Fleisch auch nicht essen.
Ihr esst dann auch nur das Fleisch, das ihr selbst am Hof produziert?
Hauptsächlich ja. Mein Papa ist eigentlich gelernter Metzger, der macht das aber jetzt nur noch hobbymäßig daheim. Wir machen aber beispielsweise auch selbst Wurst, da braucht man auch immer einen gewissen Schweinefleischanteil, aber Schweine haben wir nicht. Das kaufen wir dann dazu, aber auch ausschließlich regional.