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Unterricht

Landjugend setzt sich für Präsenzunterricht ein

Präsenzunterricht-Schulen-Corona: Schüler sitzen mit FFP2-Maske an ihren Schultischen und lernen.
Carmen Knorr
Carmen Knorr
am Dienstag, 30.11.2021 - 13:00

Corona: Die Bayerische Jungbauernschaft setzt sich dafür ein, dass die Schulen, auch bei hoher Inzidenz, geöffnet bleiben sollen.

In den vergangenen Wochen sind die Infektionszahlen mit dem Coronavirus deutlich gestiegen. Vor allem in Bayern gibt es viele Hotspot-Gebiet, mit einer Inzidenz über 1.000. Die Situation in Krankenhäusern ist kritisch und die Politik erlässt regelmäßig neue Einschränkungen zur Eindämmung des Infektionsgeschehens.

Die Bayerische Jungbauernschaft wendet sich nun mit einem öffentlichen Brief an die Politik: „Der Infektionsschutz hat eine sehr hohe Priorität, jedoch müsse mit Augenmaß und mit Blick auf mögliche Langzeitfolgen eines Lockdowns gehandelt werden. Unsere Kinder sind unsere Zukunft und nun sind die Erwachsenen dran, Verantwortung für sie zu übernehmen und ihnen wieder eine unbeschwerte Kindheit und Jugend zu ermöglichen.“

Mit strengen Hygienemaßnahme kann der Schulunterricht klappen

Hintergrund sei, dass auch in den Schulen die Nervosität und Angst vor erneuten Schließungen steige. Die Bayerische Jungbauernschaft befürchtet, „dass die Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen erneut vernachlässigt werden“. Der Jugendverband erhebt damit seine Stimme für die vielen Schülerinnen und Schüler sowie Studierenden und fordert die Aufrechterhaltung des Präsenzunterrichts und der Präsenzlehre. „Auch die Möglichkeit guter Wechselunterrichtkonzepte sollte nicht ausgeschlossen werden“, schreiben sie in ihrer Stellungnahme.

Bei einem Präsenzunterricht gäbe es viele Maßnahmen, das Infektionsgeschehen in den Griff zu bekommen. Aus Sicht der BJB wären das beispielsweise tägliche Selbsttests aller Schülerinnen und Schüler (auch Geimpfte und Genesene). Zudem sollten Masken im Unterricht getragen werden, um die Weiterführung des Präsenzunterrichts zu ermöglichen.

Mediziner sprechen sich gegen Schulschließungen aus

Mit ihrer Forderung sind sie nicht allein. So schildern sie in ihrer Stellungnahme, dass auch der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ), Jörg Dötsch, in der „Rheinischen Post“ dafür plädiert, den Schulbetrieb während der vierten Welle aufrechtzuerhalten.

Auch der Bundessprecher des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ), Jakob Maske, sei laut BJB der Ansicht, dass erst alle anderen Infektionsschutzmaßnahmen ausgeschöpft werden müssen, bevor es zu erneuten Schulschließungen kommen dürfe. Er erklärte, dass Schul- und Kitaschließungen vor allem dem Schutz ungeimpfter Erwachsener diene.

Begründung der BJB für Präsenzunterricht an Schulen

Die BJB betont in ihrer Stellungnahme folgende Gründe für die Aufrechterhaltung des Präsenzunterrichts:

  1. Schule sei die letzte Normalität in der aktuellen Situation: Aufgrund der hohen Infektionszahlen wurden auch wieder mehr Freizeitaktivitäten eingeschränkt und insbesondere auch die Vereinsarbeit komme durch neue Regelungen zum Erliegen. Ohne den Schulbesuch würde zusätzlich wieder ein wesentlicher Teil des Alltags durcheinandergeraten und Kinder und Jugendliche würden so ihren wichtigen strukturierten Tagesablauf verlieren.
  2. Kinder und Jugendliche hätten lange genug auf viel verzichtet, um Erwachsene mit höheren Risiken zu schützen: Seit März 2020 hätten Schülerinnen und Schüler sowie Studierende monatelangen Distanzunterricht ertragen, der vor allem zu Beginn wenig effizient gestaltet gewesen wäre. Zwar sei die Qualität des Homeschoolings gestiegen, jedoch sei es insbesondere für jüngere und schwächere Kinder weiterhin eine große Herausforderung, sich den Schulstoff selbst anzueignen. Vor allem die räumliche Trennung zwischen Lernort und Freizeit wäre in Zeiten des Homeschoolings oft nicht möglich. Durch das erschwerte Schuljahr 2020/2021 wurden laut BJB oft ganze Schullaufbahnen unterbrochen und Jahrgänge wiederholt. Der tatsächliche Lernrückstand könne zum aktuellen Zeitpunkt meist noch nicht richtig erfasst werden.
  3. Viele Familien seien schon lange an ihrer Belastungsgrenze angelangt: Gerade für berufstätige Eltern wäre die Vereinbarkeit von Homeschooling und Beruf oft kaum machbar. Selbst wenn die Eltern ebenfalls im Homeoffice seien, führten Arbeit und Kinderbetreuung zu einem hohen Belastungsgrad. "Diese Situation belastet viele Familien unzumutbar stark", schreibt die BJB.
  4. Die Folgen des Homeschoolings seien enorm und in ihre Auswirkungen noch nicht endgültig absehbar: Aufgrund der Lockdown-Maßnahmen sei es bereits jetzt zu einer immensen Zunahme von psychiatrischen Erkrankungen, Adipositas oder auch Spielsucht gekommen. Vielen Kindern und Jugendlichen hätten während der ersten beiden Distanzphasen soziale Kontakte erheblich gefehlt. „Schule lebt von Interaktion und Austausch“, schreibt die BJB, es gehe nicht nur um den Erwerb von Fachkompetenz. Zudem würde die soziale Schere weiter auseinandergehen: Sozial schwächere Schülerinnen und Schüler würden durch den digitalisierten Distanzunterricht verstärkt benachteiligt werden. Laut BJB gäbe es gerade in diesen Haushalten keine, beziehungsweise keine geeigneten digitalen Endgeräte für einen ordentlichen Videounterricht. Zudem würde es dort häufig an Unterstützung durch die Erziehungsberechtigten mangeln. Auch die teilweise schlechte Netzanbindung im ländlichen Raum, würde den Distanzunterricht erschweren. 

Schulpflicht und Recht auf Bildung

Abschließend betont die Bayerischer Jungbauernschaft in ihrer Stellungnahme zum Thema Schulschließungen: „In Deutschland herrscht nicht nur eine Schulpflicht, sondern es besteht auch das Recht auf Bildung“. Dies sei Teil der Menschenrechte und im Art. 14 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union festgeschrieben. Die BJB stellt in Frage, ob dieses Recht auf Bildung im Rahmen des Distanzunterrichts flächendeckend gewährleistet werden könne.

Mit Material von BJB
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