
Das Wochenblatt hat Dr. Michael Karrer, Referatsleiter Bildung und Schulwesen in der Agrarwirtschaft am Landwirtschaftsministerium, zum Thema befragt.
Wochenblatt: Welche Angebote will das Ministerium vorlegen?
Karrer: Arbeitsgruppen, bei denen auch landwirtschaftliche Verbände und Praktiker einbezogen wurden, haben im Laufe dieses Jahres verschiedene Modelle entwickelt. Es haben sich zwei Modelle heraus kristallisiert, mit denen im Jahr 2020 ein Schulversuch starten soll. Ganz grob sehen sie so aus: Es könnte ein Modell in Vollzeit geben, vergleichbar mit dem Aufbau des Unterrichts an der Technikerschule. In der Vollzeitversion soll es ein grundständiges Jahr geben, die Differenzierung in Agrarbetriebswirt oder Techniker erfolgt dann möglicherweise erst im zweiten Jahr. Ein zweites Modell ist möglich in der bisherigen Form der Höheren Landbauschule (HLS) mit Wintersemestern und der Möglichkeit, nach der Schule heimzufahren, aber zeitlich kompakter als bisher.
Wochenblatt: Wie ist das weitere Vorgehen?
Karrer: Den Schulversuch arbeitet derzeit eine verkleinerte Arbeitsgruppe aus – mit dabei sind neben Mitarbeitern des Ministeriums Schulleiter, Lehrkräfte, junge Praktiker, Verbandsmitglieder und Mitglieder der Meisterprüfungsausschüsse sowie des Berufsbildungsausschusses. Die Gruppe erarbeitet die detaillierte Umsetzung der beiden Modelle bis Ende des Frühjahrs 2020.
Wochenblatt: Was bringt die Reform für die Studierenden?
Karrer: Besonders für Hofnachfolger wollen wir ein kompaktes Angebot liefern, das Landwirtschaftsschule mit Meister und HLS beinhaltet. Wir haben die Studierenden im Vorfeld befragt und versuchen nun, deren Anregungen und Wünsche umzusetzen – eng gekoppelt mit den Erfahrungen der Lehrkräfte, Praktiker und Verantwortlichen in der Bildung.
Wochenblatt: Kann diese Reform dazu führen, dass Schulstandorte geschlossen werden müssen?
Karrer: Oberstes Ziel ist, das Angebot an Fachschulen in der Fläche in Bayern zu halten. Es braucht aber Schulstandorte, die eine Mindestzahl an Studierenden aufweisen, auch um die zur Verfügung stehenden Lehrkräfte effizient einsetzen zu können. Ein Standort, der über Jahre hinweg Probleme hat die Mindestzahl zu erreichen, verliert mit der Zeit an Ruf.
Hintergründe der Schulreform
Die Ist-Situation ist folgende: Viele Betriebsnachfolger, für welche die Fortbildung über Landwirtschaftsschule und Höhere Landbauschule (HLS) geeignet wäre, melden sich an der Technikerschule (TS) an. Das zeigte sich besonders im Jahr 2019: An den beiden TS gab es heuer 160 Anmeldungen, an den drei HLS nur 45 Anmeldungen. An den HLS ist das ein Rückgang von 45 % zum Vorjahr. Einzelne Landwirtschaftsschulen haben verstärkt Probleme, die nötige Studierendenzahl (16) zu erreichen, um Klassen zu eröffnen.
Nach den politischen Entwicklungen, besonders in diesem Jahr, sind junge Menschen häufig entmutigt, was ihre beruflichen Zukunftsaussichten in der Landwirtschaft betrifft. Dr. Michael Karrer betont: „Als Hofnachfolger von Haupterwerbsbetrieben ist der Besuch der Landwirtschaftsschule (Meister) und der HLS der sinnvollere Weg als der Besuch der TS.
Im Übrigen zeigt sich, dass Agrarbetriebswirte (Abschluss HLS) ebenfalls sehr gute Berufschancen im Dienstleistungssektor haben.“ Ein gewisser Anteil der Studierenden betont in Umfragen, dass sie die HLS eher besuchen würden, wenn die Fortbildung zeitlich kompakter wäre – vergleichbar wie an der Technikerschule. „Deshalb muss das Ministerium entsprechende Angebote für die Studierenden anbieten“, ist Karrer überzeugt.