Gezielt steuert die Biene eine der vielen weißen Einzelblüten des Zierlauchs an. Als sie landet, wippt die ganze Blütenkugel leicht unter ihrem Gewicht. Emsig fliegt sie von Blüte zu Blüte, sammelt Nektar und Pollen. Und sie ist nicht allein: In summenden Wolken schwirren unzählige Insekten um die violetten und weißen Kugeln des Zierlauchs, die auf dünnen Stielen weit über dem Boden schweben.
Schon als Kind wollte Klaus Scheder Gärtner werden

Der Garten von Klaus und Sarah Scheder ist ein Paradies für Insekten, und für Menschen. Doch das war nicht immer so: Der Garten liegt im unterfränkischen Lülsfeld, versteckt hinter der ehemaligen Hofstelle. Mit auf dem Hof leben die Söhne Fabian und Samuel sowie Oma Monika. Früher, als der Hof noch landwirtschaftlich genutzt wurde, waren die 1200 m² ein reiner Nutzgarten mit alten Bäumen, Büschen und viel Wiese. Die Fläche diente als Einfahrtsweg des Traktors zur Scheune.
Vor etwa 10 Jahren begann Klaus, den Garten Stück für Stück anzulegen. Denn die Gestaltung des Gartens liegt bei den Scheders in Männerhand: Schon als kleiner Junge war Klaus fasziniert von Pflanzen. Er war gerne mit seinem Vater auf den Feldern, daheim gartelte er mit Mama und Oma, hatte sogar sein eigenes Beet. Die Leidenschaft für Pflanzen blieb. Deshalb entschied sich der 36-Jährige für das Studium Landschaftsbau und Management in Weihenstephan, heute arbeitet er als Landschaftsgärtner.
Harmonie im Garten mit Pflanzeninseln schaffen
In kleinen und großen Bögen schlängeln sich die Wege durch den Garten, flankiert von Storchschnabel, Wollziest oder Katzenminze. Sie führen vorbei an einer großen Pergola. Aber auch an neu gepflanzten Kugeltrompetenbäumen, an alten Holundersträuchern, einer prächtigen Kirsche und einem stattlichen Walnussbaum. Um manche Bäume sind Sträucher gruppiert. So entstehen grüne Pflanzinseln, die dem Garten Struktur geben. Gleichzeitig machen sie neugierig: Sie verbergen, wie es hinter der nächsten Ecke weitergeht.
Die harmonische Wirkung des Gartens ist Klaus wichtig, genauso, dass sich seine Familie darin wohlfühlt. Gleichzeitig ist für den Landschaftsgärtner in den letzten Jahren das Thema Artenvielfalt stark in den Fokus gerückt. Beruflich wie privat. Er wollte, dass der Garten nicht nur für die Familie lebenswert ist, sondern auch für andere Lebewesen.
Grüne Oase in Unterfranken: Der naturnahe Garten von Klaus und Sarah
Insekten gezielt in den Garten einladen und kennenlernen

Ehrlich gibt er zu, dass er früher keine Ahnung von Insekten hatte. Klaus meint lachend: „Ich dachte: Da fliegt halt eine Biene rum.“ Dann hat er sich nach und nach Pflanzen in den Garten geholt, die Insekten als Nahrungsquelle dienen. Und so hat er verschiedene Wildbienen, Schmetterlinge, Hummeln, Wespen und viele mehr kennengelernt, lernt immer noch. Er nimmt sich Zeit dafür, beobachtet gerne.
Besondere Freude machen ihm Pflanzen, die bestimmte Insekten anlocken. Wie der Blasenstrauch, der die Schwarzblaue Holzbiene anzieht. Oder der Faulbaum, der neben dem Kreuzdorn die einzige Brutpflanze für den Zitronenfalter ist. „Das Schöne ist, wenn man dann sieht, dass die Insekten kommen. Da wird die eigene Arbeit belohnt“, erzählt er begeistert.
Ästhetik und Nutzen im Naturgarten von Klaus Scheder vereint

Der alte Baumstumpf steht wie ein Kunstwerk der Natur im Blumenbeet. Wer genauer hinschaut, entdeckt sie: Viele kleine Löcher – die Brutgänge von Wildbienen. Nebenan steht der vertrocknete Stängel einer Königskerze. Mitten zwischen den lilablauen Blüten der Nachtviolen. Oben ist er flach abgeschnitten. In der Mitte des markigen Materials ist ein Loch, aus dem just eine winzige Wildbiene kriecht. „Das hab ich ja noch gar nicht gesehen“, freut sich Klaus, seine Augen blitzen auf.
Er vermischt im Garten gerne Ästhetik mit für Insekten nützlichen Elementen. So wie die kleinen Zäunen aus Brombeerranken, die eine Wildblumenwiese am Rande des Grundstückes einrahmen. Die Familie hat die Ranken im Wald gesammelt, auch wenn Sarah anfangs skeptisch war: „Ich hab das nicht geglaubt, dass das alles funktioniert“, meint sie. „Aber die Zäune haben schön ausgesehen und jetzt sieht man es ja selbst – sie werden wirklich angenommen.“ In fast jeder der Ruten ist ein Loch. Damit sie von den Insekten bewohnt werden, ist laut Klaus wichtig, dass sie senkrecht stehen.
Käferkeller, wilde Ecke und Sandarium

Ein großer Haufen Totholz liegt am hinteren Ende des Grundstückes. Unten lagern dickere Stämme, nach oben werden sie immer dünner. Ihn rahmen Brennnesseln, Löwenzahn und Wildgräser ein. Beschattet wird er von einem alten Walnussbaum, dem der Efeu einen grünen Stamm gemalt hat. Klaus hebt ein paar dünne Zweige auf, bricht sie und legt sie oben auf den Haufen. „Das ist der Käferkeller in meiner wilden Ecke“, erzählt er.
Damit sich die Engerlinge von Hirschkäfer, Rosenkäfer und Co. gut entwickeln können, brauchen sie ungestörte Areale mit abgestorbenem Material. Für den Käferkeller hat er eine Grube ausgehoben und sie mit Rindenstücken, Waldlaub und kleinen Zweigen gefüllt. Darüber wurden Äste gestapelt. Ein Paradies für Insekten. Genauso wie das Sandarium – eine andere Fläche im Garten, die er mit ungewaschenem Sand in der Sonne für bodenbrütende Insekten angelegt hat.
Mit Führungen will Klaus Scheder andere Menschen motivieren
„Mit jedem Quadratmeter, den man im Garten für Insekten umgestaltet, ist viel gewonnen“, ist Klaus überzeugt. Deshalb will er auch andere Menschen motivieren, mehr Biodiversität in ihren Gärten zu schaffen. Dafür bietet er Führungen an. Er versucht die Menschen zu begeistern und ihnen zu zeigen, dass ein ästhetischer Garten sehr wohl auch attraktiv für Insekten sein kann. Er betont: „Wenn jeder etwas macht und man das auf alle Gärten überträgt, dann kommt richtig was zusammen.“