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Haustiere

Meerschweinchen: Beliebte Haustiere mit viel Pflegebedarf

Meerschweinchen-Rassen
Ilka Mittendorf, BLW
am Dienstag, 17.05.2022 - 16:30

Meerschweinchen sind beliebte Haustiere. Doch die Anschaffung der quirligen Andenbewohner will gut überlegt sein. Wir geben Tipps zu Anschaffung, Haltung und Pflege, damit Sie viel Freude mit den quiekenden Feinschmeckern haben.

Kurz- oder langhaarig, kraus oder glatt, eventuell mit Wirbeln und Krone? Oder doch mehrfarbig? Was das Haarkleid anbelangt, können Meerschweinchen durchaus mit den Menschen mithalten. Darüber hinaus: Jedes Tier sieht nicht nur anders aus, es hat auch einen anderen Charakter. Allen gemeinsam ist, dass Meerschweinchen gutmütig und gesellig sind.

Vielleicht sind diese Charaktereigenschaften ein Grund, weshalb der ursprünglich aus Südamerika stammende Vierbeiner unter den Nagern zu den beliebtesten Einsteiger-Haustieren zählt. Eva-Maria Ganslmeier, akkreditierte Züchterin von Angorameerschweinchen beim Meerschweinchenclub Bayern e. V., merkt an: „Anders als bei Hunden oder Hühnern gibt es bei Meerschweinchen jedoch keine speziellen Rassen für Anfänger.“ Allenfalls der erhöhte Pflegeaufwand bei langem oder lockigem Fell könnte ein Grund sein, sich für das beliebte Glatthaar-Meerschweinchen zu entscheiden.

Kaninchen und Meerschweinchen vertragen sich nicht

Mit einem Meerschweinchen allein ist es jedoch nicht getan. Denn für eine artgerechte Tierhaltung sollte eine kleine Gruppe, mindestens jedoch zwei Tiere, aufgenommen werden. Züchter und Tierheime kennen ihre Tiere und stellen eine geeignete Gruppe zusammen: In der Regel besteht sie aus einem kastrierten Bock und mehreren Weibchen.

Nicht zu empfehlen ist die Vergesellschaftung von Kaninchen und Meerschweinchen. Der Bundesverband Praktizierender Tierärzte rät: „Wegen der unterschiedlichen Körper- und Lautsprache verstehen sich Meerschweinchen nicht mit Kaninchen. Sie sollten also jeweils mindestens zu zweit in getrennten Käfigen leben, wenn beide Arten gehalten werden sollen.“ Der Platzbedarf steigt dabei auf mindestens 10 qm.

Meerschweinchen brauchen ausreichend Platz

Aber auch ein quirliger Trupp Meerschweinchen allein benötigt ausreichend Platz. Der Deutsche Tierschutzbund empfiehlt pro Meerschwein einen Quadratmeter Grundfläche. Neben einem Zimmergehege sorgt ein Auslauf im Garten für mehr Bewegung. Allerdings mit mindestens einer Versteckmöglichkeit pro Tier: Denn die kleinen Nager sind Fluchttiere und werden schneller zahm, wenn man ihnen diese Möglichkeit gibt.

Wer den Nagern aus den Anden eine artgerechte Haltung bieten möchte, setzt auf Außenhaltung. Zur Eingewöhnung werden die Meerschweinchen im Sommer nach draußen gesetzt. Sofern das Gehege mit Teilüberdachung und wetterfester Schutzhütte ausgestattet ist, machen auch Regen und Schnee den Tieren nichts aus. Das Außengehege muss zudem mardersicher und der umlaufende Zaun hoch genug sein, damit kein Tier darüber springen kann.

Vorsicht vor Sonne und Fallobst

Der Meerschweinchenfreunde Deutschland Bundesverband (MFD BD) gibt auf seiner Internetseite umfassende Tipps, unter anderem zu Haltung und tiergerechten Freilaufgehegen. Denn was gut gemeint ist, kann für die Meerschweinchen schnell gefährlich werden: Sonneneinstrahlung kann zu Überhitzung führen, saftiges (frisch gedüngtes) Gras führt zu Blähungen und Durchfall. Ein Gehege unter einem Obstbaum endet nicht selten tödlich, weil das Fallobst Bienen und Wespen anzieht und ein Stich lebensbedrohlich ist.

Obst wie Kirschen oder Pflaumen sind zudem unverträglich und Zwiebelgewächse wie Porree oder Schnittlauch sogar giftig. Was in den Meerschweinchennapf gelangt, muss also sorgfältig ausgesucht sein.

Meerschweinchen im Freien

Meerschweinchen essen 60 Mal pro Tag

Grünes, wohlriechendes Heu oder spezielles Pelletfutter muss immer zur Verfügung stehen. Weil der Meerschweinchenmagen ein geringes Fassungsvermögen hat, besuchen die kleinen Nager bis zu 60-mal am Tag die Futterstelle. Für eine ausgewogene Ernährung mit Nährstoffen (besonders Vitamin C) freuen sich die kleinen Nager über täglich frisches Gemüse und Leckerbissen aus dem Kräutergarten. Wer Gemüse und Kräuter auf einem (stumpfen) Gemüsespieß anbietet, sorgt für zusätzlichen Futterspaß.

Kommentiert wird so viel Aufmerksamkeit mit zufriedenem Glucksen oder Quiezen. Ein richtiges Orchester führen die Schweinchen bei der ein- bis zweimal wöchentlichen Obstgabe auf.

Der Geräuschpegel, den die Nager verursachen, kann enorm sein. Angefangen vom lauten Quiezen bei Hunger und Begrüßung bis hin zu lautstarken Streitereien untereinander.

Keine Meerschweinchen im Kinderzimmer halten

Als Standort für ein Meerschweinchengehege ist das Kinderzimmer deshalb ungeeignet. Denn auch wenn die Meerschweinchen selbst Getöse machen, Lärm durch Musik oder Geschrei mögen sie überhaupt nicht. Zudem reagieren die tag- und dämmerungsaktiven Tiere auf Hochheben und Kuscheln mit Stress. Oft schließen sie dabei die Augen und schnurren wie eine Katze, was aber tatsächlich ein Anzeichen für Angst und Unwohlsein ist.

Zwar werden Meerschweinchen vom Züchter gut auf das Zusammenleben mit Menschen vorbereitet, Kinder benötigen im Umgang mit den Meeris jedoch die Hilfe von Erwachsenen, insbesondere wenn die anfänglich scheuen Tiere Zutrauen zu ihren neuen Besitzern aufbauen sollen. Auch bei der täglichen Pflege müssen Erwachsene helfen: Kommen alle Tiere zum Fressen, wie verhalten sie sich, haben sie saubere Augen? Auf dem wöchentlichen Pflegeplan stehen wiegen, abtasten und eventuell Krallen schneiden.

Meerschweinchen kosten pro Jahr ca. 700 €

Zeigt das Meerschweinchen Krankheitssymptome, muss es zum Tierarzt – am besten mit einem Partnermeerschwein, denn der gemeinsame Besuch baut Stress ab.

Pro Jahr und Tier werden, laut deutschem Tierschutzbund, zwischen 20 bis 200 € für Tierarztbesuche fällig. Die Haltungskosten sind weitaus höher: Futter und Einstreu kosten pro Tier und Jahr rund 690 €. Bei artgerechter Haltung und einem Alter bis zu acht Jahren kommen so schnell mehrere tausend Euro zusammen. Da fallen die Anschaffungskosten mit ungefähr 200 € kaum ins Gewicht.

Züchterin Eva-Maria Ganslmeier weiß jedoch, dass nicht die Kosten das schwierigste Thema bei der Meerschweinchenhaltung sind. Vielmehr ist es die Haltung an sich: Wenn ein Meerschwein stirbt, suchen Besitzer händeringend nach einem passenden Partnertier auf Zeit, „damit das eigene Tier nicht abgegeben werden muss, aber gleichzeitig die Möglichkeit besteht, aus der Meerschweinchenhaltung irgendwann auszusteigen“, erklärt die Züchterin.

Aus diesem Grund verleiht Eva-Maria Ganslmeier ausgewählte Meerschweinchen. „Oft kommt es aber vor, dass Leute sich nicht mehr von ihren Leihschweinchen trennen wollen, weil sie die Schweinderl, die dort mehrere Jahre sind, ins Herz geschlossen haben.“

Meerschweinchen Stall Ausstattung

Weiterführende Informationen auf der "Meerschweinchenwiese"

Wer das alles akzeptiert, kann an den Tieren viel Freude haben. Für alle, die es vorab genauer wissen wollen, lohnt ein Blick auf die Internetseite von Viola Schillinger. Auf meerschweinchenwiese.de findet man umfangreiche Informationen von der Anschaffung der kleinen Nager bis zum Nachwuchs; auch detaillierte Futterlisten – vom Fertigfutter bis zum selbstgepflückten Grün von der Wiese mit Bestimmungshilfe und Hinweis auf die wichtigsten giftigen (Wiesen-)Pflanzen. Sogar ein Podcast für Meerschweinchen-Anfänger ist dabei.

Steckbrief: Das Meerschweinchen (Cavia porcellus)

  • Herkunft: ursprünglich in den Hochebenen und Buschsteppen der Anden
  • Lebensweise: Gruppe
  • Lebenserwartung: sechs bis acht Jahre
  • Größe / Gewicht: ausgewachsen etwa 25 bis 35 cm lang. Weibchen: bis 900 g, Männchen: bis 1200 g
  • Geschlechtsreife: männliche Meerschweinchen in der Regel vier bis acht Wochen; Weibchen ab drei Wochen
  • Wurfstärke: pro Jahr vier Würfe mit zwei bis drei Jungtieren
  • Haltung: optimal ist ein kastrierter Bock und mehrere Weibchen; nicht zusammen mit Kaninchen halten
  • Innenhaltung: für zwei bis vier Tiere mindestens 2 qm
  • Außenhaltung: ganzjährig möglich; ausbruchsicheres Gehege von mindestens 4 qm
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