
Ob Anzuchterde für Jungpflanzen, Substrate für Balkonblumen, Kübelpflanzen oder Topfpflanzen: Diese Erden gehören zur Grundausstattung eines jeden Gartlers. Die bisher gern genutzten und bewährten Substrate stehen aber auf dem Prüfstand, denn: ihr Hauptbestandteil ist Torf.
Dieses pflanzliche Material entsteht in Mooren durch sehr langsame Zersetzung und unter speziellen Bedingungen. In Substraten wurde und wird Torf gerne genutzt, denn durch seine spezielle, fasrige Struktur kann er hervorragend Wasser speichern und an die Pflanze weitergeben. Er ist leicht und günstig, außerdem zersetzt er sich nur sehr langsam und ist frei von Krankheitserregern oder Schädlingen.
Unter der Nutzung des Torfes leidet aber die Umwelt: Für den Abbau von Torf werden die Moore entwässert und zerstört. Die größten Abbaugebiete von Torf liegen im Baltikum, in Deutschland wird er vorwiegend in Niedersachsens Mooren abgebaut. Um die Moore zu schützen ist es sinnvoll, torfreduzierte oder torffreie Produkte zu kaufen.
Ohne Torf: Schritt für Schritt herantasten
Wer schon mal ein solches Substrat benutzt hat, weiß: Es gärtnert sich ungewohnt damit. Das liegt daran, dass torfreduzierte und torffreie Produkte immer eine Mischung aus verschiedenen Komponenten sind, beispielsweise Holzfasern, Kompost oder Rindenhumus. „Es gibt leider keinen Stoff, der Torf eins zu eins ersetzen kann“, erklärt Thomas Schneider. Er ist Gärtnermeister im Bereich Zierpflanzen an der Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau Veitshöchheim (LWG).
Der Experte betont: „Folgendes darf man nicht erwarten: Man steigt von einer Saison auf die nächste auf ein torffreies Substrat um und alles klappt wie bisher.“ Er empfiehlt, sich heranzutasten und erst torfreduziertes Substrat zu nutzen, bevor man sich an der torffreien Variante probiert. Damit man auch mit diesen ungewohnten Substraten Erfolge hat, ist es wichtig, die eigene gärtnerische Erfahrung an sie anzupassen. Man muss diese Substrate öfter kontrollieren und das eigene Gießverhalten ändern.
Damit der Umstieg für Gartler leichter ist, erklärt Schneider, worauf man bei torfreduzierten und torffreien Substraten achten sollte:
1. Aussaatsubstrat

Aussaatsubstrat nutzt man für die Aussaat und die Vermehrung von Stecklingen. Eine feine Struktur ist wichtig, damit die Wurzeln der Jungpflanzen einen guten Bodenschluss haben. Ein niedriger Salzgehalt (max. 1 g/l) und wenige Nährstoffe garantieren, dass die Wurzeln keine „Verbrennungen“ bekommen. Der pH-Wert sollte bei 5,5 – 6,0 liegen.
„Ein häufiges Problem bei torfreduzierter oder torffreier Anzuchterde ist, dass die Erde Wasser manchmal fast zu gut hält“, betont der Experte. Man muss aufpassen, dass die Aussaaten nicht vernässen.
Ist das Substrat beim Kauf dagegen sehr trocken, hilft folgendes Vorgehen: Erde mit etwas Wasser in ein Gefäß geben und einige Stunden oder sogar bis zu einem Tag stehen lassen, damit die Erde eine Grundfeuchte annimmt. Immer wieder umrühren. Dann kann man das Substrat gut weiter verarbeiten.
Wichtig ist auch, dass man beim Kauf – besonders von torffreier Erde – den Salzgehalt prüft. Schneider erklärt: „Hier wird häufig Kompost als Ersatzstoff für Torf genutzt, der hohe Mengen an Kalium enthalten kann. Das schadet den Jungpflanzen!“ Besonders bei torffreien Aussaaterden in Bioqualität, die organisch aufgedüngt sind, können sich vermehrt Trauermücken ansiedeln. Dagegen geht man mit Gelbtafeln vor.
2. Topfsubstrat oder Balkonpflanzenerde
Topfsubstrat oder Balkonpflanzenerde eignet sich für alle Pflanzen, die kürzer als ein Jahr kultiviert werden. Dazu zählen nicht nur Balkonblumen und einjährige Kübelpflanzen: „Tomaten, die man im Kübel kultiviert, wachsen hervorragend in guter Balkonpflanzenerde“, so der Experte. Schließlich seien viele Balkonpflanzen genauso wie Tomaten Starkzehrer. Das Substrat sollte eine mittlere Struktur, einen Salzgehalt bis 2,5 g/l und einen pH-Wert von 5,5 – 6,0 aufweisen.
Eine Besonderheit bei torfreduzierten und torffreien Substraten in diesem Segment ist, dass sich ihre Bestandteile mit der Zeit entmischen; vor allem, wenn man von oben gießt. Feine Bestandteile werden dabei nach unten gespült, grobe Teile lagern sich oben an – es entstehen zwei Schichten. Dies ist wichtig zu wissen, weil man sein Gießverhalten daran anpassen muss: Die obere, grobe Schicht erscheint immer trocken, obwohl das Feinmaterial im unteren Drittel des Topfes oft noch ausreichend Wasser hält.
„In diesem Fall wäre es fatal, die Pflanze einfach zu gießen, dann entsteht Staunässe“, so Schneider. Besser: Den Topf oder Kübel vor dem Gießen mit der Fingerprobe auf Feuchtigkeit kontrollieren oder das Gefäß probehalber etwas anheben.
Wer seinen Balkon mit Petunien schmückt und torfreduziertes oder torffreies Substrat nutzen will, sollte wissen, dass Petunien Substrate mit einem niedrigeren pH-Wert um 5,5 brauchen, damit sie Eisen aufnehmen können. Torffreie und torfreduzierte Erden haben oft einen etwas höheren pH-Wert. Gießt man zudem mit sehr hartem Wasser, sollte man eisenhaltigen Zitruspflanzendünger nutzen.
3. Kübelpflanzensubstrat
Kübelpflanzensubstrat nutzt man für alle Pflanzen, die länger als ein Jahr in einem Topf wachsen. Es eignet sich nicht nur für jegliche Kübelpflanzen, sondern auch für Topfpflanzen für den Innenraum oder Obststräucher wie Heidelbeeren, die man im Kübel kultiviert. Das Substrat weist optimalerweise eine grobe Struktur auf, hat einen Salzgehalt von 1,5 – 2,5 g/l und einen pH-Wert um 5,3.
„Meiner Meinung nach gibt es leider noch keine optimale torffreie Alternative auf dem Markt“, betont der Experte. Er hofft aber, dass sich dies bald ändert. Das Problem von torffreien Kübelpflanzensubstraten ist, dass sie sich recht schnell zersetzen, stark verdichten und somit ihre gute Luftführung verlieren. „Aber auch normale Kübelpflanzensubstrate sind automatisch torfreduziert, da sie einen 30%igen Anteil an mineralischen Bestandteilen enthalten wie Lava oder gebrochenem Blähton oder Bims“, erklärt Schneider.