Den Schlangenkaktus, der heute als grüner Wasserfall meterlang den Balkon herab rankt, hat Maria Eberl vor etwa 30 Jahren als Steckling bekommen. Damals als Dankeschön für zwei junge Katzen. Vor einigen Jahren wurde sie von einer Frau aus Hinterriss im Karwendelgebirge dann selbst um einen Steckling des Kaktus gebeten – als Dank dafür brachte die Frau ihr Karwendelsteine vorbei. Diese rahmen heute stilecht ein Arrangement aus Alpenveilchen und Gebirgsenzian im Garten.
Solche Geschichten hat die Austraglerin zu vielen ihrer Pflanzen parat: zwei Olivenbäumchen, die im Dunkel der Nacht von einem Unbekannten im Garten abgestellt wurden, eine kränkelnde Hortensie, die Freunde vorbeigebracht haben, ein Apfelbaum im Kübel, der auf dem Balkon ihres Sohnes zu groß geworden war... „Ich bekomme häufig Pflanzen geschenkt, mit denen andere nicht mehr zurechtkommen. Mir geht dann das Herz auf, wenn sie unter meiner Pflege wieder blühen und gedeihen“, freut sich die 73-Jährige und streicht liebevoll über die Blätter des Apfelbäumchens.
Maria Eberl gibt im Video Tipps zur Stecklingsvermehrung:
Die Blütenpracht sieht man schon von Weitem
Ihr Garten liegt in Piesenkam, im oberbayerischen Landkreis Miesbach. Er bildet einen irrsinnig farbenprächtigen Rahmen um das alte Bauernhaus, das direkt an einer Durchgangsstraße in der Ortschaft liegt. So springen einem die leuchtenden Rabatten schon beim Vorbeifahren unmittelbar ins Auge. Es besteht kein Zweifel: Hier lebt jemand, der Blüten liebt.
So richtig durfte der Garten aber erst aufblühen, seit Maria und ihr Mann Sepp die Landwirtschaft vor 25 Jahren aufgegeben haben. Die Milchviehhaltung mitten im Ort war für das Ehepaar einfach nicht mehr praktikabel. Deshalb konnte die ehemalige Bäuerin die Fläche vor dem Haus Richtung Straße – früher gekiest für die landwirtschaftliche Nutzung – endlich zu einem prächtigen Blumenbeet umgestalten. An anderer Stelle war ein Garten nicht möglich, da das Grundstück hinter dem Haus abschüssig ist.

Grüner Wasserfall: Der Schlangenkaktus (l.) ist 30 Jahre alt und rankt heute vom Balkon herab. Die Gartlerin hat ihn als Steckling bekommen. Ein Arrangement aus Topfpflanzen (r.) entfaltet seine volle Wirkung auf einem alten Holzstamm.
Farbenfrohe Blütenpracht
An der Längs- und Breitseite des Hauses zeigen sich heute in den Rabatten allerlei Sommerblumen in ihrer ganzen Pracht. Eberl betont: „Es blüht bei mir sehr bunt, auch wegen der ganzen geschenkten Pflanzen – genau das mag ich!“ Und so leuchtet das Violett der Phloxblüten in farbenfroher Harmonie neben orangen Tagetes, cremefarbenen Dahlien oder rotem Blumenrohr. Weiße Blüten, wie die der Rispenhortensie, setzt die Gartlerin gerne zur optischen Auflockerung ein. Sogar die knapp bemessene Rasenfläche will ihren Teil zum Blütenmeer beisteuern; in ihr sind Wegwarten von selbst aufgegangen. „Die lasse ich natürlich stehen wegen ihrer tollen blauen Blüten“, schwärmt Eberl und schmunzelt. „Ich jäte sowieso nichts, was auch nur im Ansatz nach Blüte ausschaut.“
Üppige Blüten spendieren auch die Geranien auf dem Balkon und die vielen Kübelpflanzen: Engelstrompeten, Oleander, Bleiwurz, Rosengeranien, Malven und eine Gewürzrinde wetteifern mit ihren Blüten um Aufmerksamkeit. Dass dieses Blütenmeer viel Arbeit macht, bestreitet die Austraglerin nicht. Sie gießt alle ihre Lieblinge per Hand mit Regenwasser, ausgerüstet mit zwei Gießkannen – eine mit 5 l, eine mit 8 l Fassungsvermögen. Da sei sie ganz schön beschäftigt, räumt sie ein, aber sie wolle alle ihre Pflanzen sowieso einmal pro Tag sehen. „Andere Leute gehen spazieren, ich gehe Blumengießen – da kommt bei mir auch einiges an Wegstrecke zusammen“, scherzt Eberl. „Für mich ist das keine Arbeit, sondern ich hab’ Freude daran!“

Blütenmeer: Viele Blütenfarben stehen im Garten von Maria Eberl wie selbstverständlich nebeneinander. Die Fläche vor dem Haus war früher für die landwirtschaftliche Nutzung gekiest. Die Austraglerin hat viel Kies abgetragen und die Fläche zum blühen gebracht.
Überwintern spart Geld

Ohne diese Leidenschaft, die keine Stunden zählt, wäre der Garten in dieser Pracht nicht möglich: Viele ihrer großen Kübelpflanzen darf die Austraglerin in einer nahegelegenen Gärtnerei in einem ungenutzten Gewächshaus überwintern. Dort arbeitet ihr Mann, seit sie die Landwirtschaft aufgegeben haben. „Das gefällt den Pflanzen so gut dort, deshalb darf mein Mann noch lange nicht in Rente gehen“, lacht die Gartlerin. Die besonders großen Pflanzen werden mit dem Frontlader im späten Herbst hin transportiert, kleinere reisen mit dem Auto. Im Winter kontrolliert sie regelmäßig auf Schädlinge.
Im Frühjahr, wenn die Pflanzen ausgewintert werden, dauert es etwa eine Woche, bis jedes Gewächs wieder an Ort und Stelle im Garten steht, jedes Jahr in etwas anderer Anordnung. Diesen Aufwand sieht Eberl als Gewinn: „Durch das Überwintern spare ich mir richtig viel Geld. Sonst müsste ich mir jedes Jahr neue Blumen kaufen.“ Außerdem seien die großen Blumenstöcke eine wahre Pracht – neue Pflanzen könnten da gar nicht mithalten, betont sie. Dabei betrachtet sie liebevoll eine Geranie, die schon beinahe 20 Jahre alt ist.
Stecklinge sorgen für Blütennachschub und Geschenke
Immer wieder kommt es vor, dass bei solchen Umzugsarbeiten Teile der Pflanzen abbrechen. Kein Problem für Eberl, diese werden einfach zu Stecklingen umfunktioniert und ergänzen ihre „Stecklingsproduktion“ im Herbst (siehe unten). Neben der Überwinterung ist durch diese Maßnahme zudem reichlich Blütennachschub im nächsten Jahr garantiert.
Außerdem ist es der Gartlerin wichtig, immer ein paar extra Pflanzen parat zu haben: Denn auch sie selbst teilt gerne, wenn sie von Freunden, Bekannten oder sogar von Leuten auf der Durchreise nach einem Steckling ihrer blühenden Lieblinge gefragt wird.

Stilsicher: Die geschenkten Steine aus dem Karwendelgebirge hat Maria Eberl für einen Steckling des Kaktus bekommen. Sie rahmen Edelweiß und Gebirgsenzian.
Tipps der Austraglerin
Maria Eberl gibt gerne Erfahrungen aus ihrem Garten an Leserinnen weiter:
Herbstbepflanzung für Kübel

Im Herbst kombiniert die Gartlerin Efeu mit Purpurglöckchen und Gräsern in Kübeln.
Neues lernen und anwenden
Wenn Eberl Informationen über neue Pflanzen braucht, bittet sie Freunde oder Verwandte, im Internet zu recherchieren und lässt sich die Informationen ausdrucken. Tritt ein Problem im Garten auf, holt sie sich in der Gärtnerei Rat: Als ihre Geranien einmal plötzlich kein Wasser mehr aufgenommen haben, wurde ein Befall mit dem Dickmaulrüssler vermutet. Sie hat sich Nematoden zur Schädlingsabwehr bestellt, diese dem Gießwasser beigefügt und das Problem war gelöst. Sie räumt aber auch freimütig ein, dass sie für manche Pflanzen einfach kein Händchen hat: „Rosen werden bei mir gar nicht schön. Ich vermute es liegt daran, dass ich es einfach nicht übers Herz bringe, sie immer wieder stark zurückzuschneiden.“
Salat in Töpfen anbauen

Im Garten bleibt für Gemüse wenig Platz. Nur im Innenhof wachsen in Kübeln und Töpfen Salate, Tomaten und Kohlrabi. Die Austraglerin schwärmt von den Salaten im Topf: „Da wächst er gut, die Schnecken kommen nicht ran und ich kann ihn als Geschenk mitbringen.“ Und: Die Beschenkten können ernten, wann es ihnen passt.
Stecklingsvermehrung

Eberl vermehrt viele ihrer Pflanzen über Stecklinge. Sie stellt die Stecklinge nicht in Wasser, sondern pflanzt sie sofort in Gartenerde ein. Wenn im Frühling oder im Laufe des Sommers Pflanzenteile abbrechen, steckt sie auch diese schon in Erde. Die Kernzeit der Stecklingsvermehrung ist bei ihr aber in der ersten Septemberhälfte. „Dann wachsen die Fechser vor dem Winter noch gut an“, erklärt sie.