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Kunstgarten

Gartenreportage: Der ganze Hof ein Garten

Im Garten sitzt das Ehepaar zwischen ihren reichlichen Pflanzen. Das Bild ist überwiegend grün durch die ganzen Pflanzen. Im Hintergrund sieht man noch einen Teil einer Hütte.
Lorenz Märtl
am Montag, 13.09.2021 - 14:30

Sigrid und Josef Sand haben dem Bäckerbauernhof in Grossenried ein ganz besonders farbenprächtiges Ambiente gegeben. Dabei ergänzt sich das Ehepaar perfekt: mit einem Händchen für Natur und stimmungsvollen Sprüchen.

Zuckermais wurde in einer Badewanne mitten im Garten angebaut. Er ist schon so hoch gewachsen, dass er größer, wie die Gärtnerin ist, die daneben steht.

Auf ihre Tomaten, Zucchini, Kürbisse und Kräuter ist die 67-jährige Sigrid Sand mächtig stolz. Aber bei ihr wächst all das nicht traditionell im Bauerngarten – ihr Garten ist der ganze Hof. Rabatten gibt es nur wenige, dafür selbst gezimmerte Hochbeete und jede Menge ausgedienter landwirtschaftlicher Behältnisse wie Tröge, Kübel, Wannen und Kannen. So ist auf dem Bäckerbauernhof in Grossenried, einem Ortsteil von Bechhofen in Mittelfranken, ein farbenprächtiges und in sich stimmiges Ambiente entstanden.

Das Schild am Scheunentor „Unser Hof liefert beste Milch für Milchwerk Crailsheim-Dinkelsbühl – Qualität aus der Region“ ist mit der Ergänzung „lieferte bis 19.10.2013“ versehen. Es erinnert an die Zäsur, als noch 20 Milchkühe im Stall standen und 20 ha Acker- und Grünland bewirtschaftet wurden. Josef Sand (67) hatte den Betrieb 1980 von seinen Eltern übernommen, zusammen mit seiner Frau, einer gelernten Erzieherin, die nicht aus der Landwirtschaft kam, hier aber neben ihrem Beruf die Erfüllung fand. Weil die drei Kinder einen anderen Weg einschlugen, gaben Josef und Sigrid mit Renteneintritt den Betrieb auf, wie viele ihrer Berufskollegen.

Kunstwerke mit Sprüchen zieren den Hof

Zwei Kunstvolle Schilder: Links: Auf einem braunen Schild mit Blumen, Schmetterlingen, Sonne und Wolken verziert steht: "Wünsch mir jeder was er will - ich wünsch ihm noch einmal so viel!". Rechts: Ein Schild auf dem steht: "Pflanze deine Träume und du wirst Wunder ernten" verziert mit einem Schmetterling. Es steht im Beet.

Seit der landwirtschaftliche Betrieb Geschichte ist, hat die alte Hofstelle eine Verwandlung erlebt. Diese präsentiert sich jedes Jahr in neuen Facetten – der Natur und dem grünen Daumen der Austraglerin sei Dank. Angesichts dieser Pracht hat Josef den Spruch „Unser Leben wird fröhlicher, wenn wir farbenfroh denken“ an die Stallwand gepinselt. Die Farben Ocker und Grün haben es dem Hofherrn mit einer künstlerischen Ader angetan. Er schuf den farbigen Hintergrund, vor dem Gartlerin Sigrid das tut, was auf einem Dachziegel zu lesen ist: „Pflanze deine Träume und du wirst Wunder ernten.“

Einer der vielen Sprüche und Gedichte, die Josef beim Rundgang aus dem Gedächtnis rezitiert. So auch: „Beklage nie den Morgen, der Müh und Arbeit gibt, es ist so schön zu sorgen, für Dinge, die man liebt.“ Dass beide das lieben, was sie tun, merkt man bei jedem Schritt über den Hof. „Ein schöner Garten wischt den Staub des Alltags von der Seele“, sagt Josef und nimmt mit seiner Sigrid Platz in einer lauschigen Ecke, in die sie sich immer wieder gerne zurückziehen und ihr Umfeld genießen.

Auf Kräutersuche mit dem Fahrrad

Insektenfreundliche Pflanzen ranken sich der gelben Hauswand hoch.

Oft sind sie auch mit ihren E-Bikes rund um den Hesselberg und im fränkischen Seeland unterwegs, auf den Spuren der Natur. „Schöner geht’s nicht“, schwärmt Sigrid, in deren Fahrradkorb immer eine Schere liegt. Irgendein Kräutlein bringt sie stets mit nach Hause, wie Thymian oder Beifuß. Der hängt schon in der Scheune zum Trocknen, um im Herbst den Gansbraten zu würzen.

„Ich nehme aber nicht alles mit“, verrät sie und präsentiert zum Beweis auf ihrem Smartphone Bilder von seltenen Kräutern und Pflanzen, die sie entdeckt hat. „Wenn man mit offenen Augen unterwegs ist, sieht man immer wieder Neues“, ergänzt sie. Ihre Philosophie erklärt Sigrid mit einfachen Worten: „Ich erfreue mich an der Natur und an dem, was in ihr wächst und sich bewegt, an Pflanzen, Bienen und Schmetterlingen. An meinen Schwalben in der Scheune und am Haus – auch wenn sie Dreck machen – und am Hausrotschwanz im Stall, der schimpft, wenn ich seinen Jungen zu nahe komme.“

Es wird nur das angebaut, was schmeckt

Eine Schwarze Tomate in der Nahaufnahme. Sie hängt noch am Strauch.

Auf dem Hof sprießen Feuerbohnen in Blumenkästen, dazwischen Gurken- und Franzosenkraut. Chili und Wilde Karotte wechseln sich ab mit Holunder und Himbeeren. Brennnessel und Giersch dienen zusammen mit Schmetterlingsflieder und Lampionblumen als Nahrungsquelle für Insekten. Für Sigrid hat die scheinbare Unordnung einen Sinn und sie ist sicher, „dass die Natur das braucht.“ Josef hat auch dazu den passenden Spruch parat: „Für den fröhlichen Menschen ist jedes Unkraut eine Blume. Für den betrübten Menschen ist jede Blume ein Unkraut.“

Als „Gartenspezialistin“ sieht sie sich nicht. „Ich baue an, was mir Spaß macht und was wir gerne essen“, verrät sie. Und dafür nutzt sie jeden freien Fleck und jedes zur Verfügung stehende Behältnis. Ein besonderes Faible hat sie für Tomaten. Heuer hat sie sich für vier Sorten entschieden: ‘Gelbe Birne’, ‘Black Cherry’, ‘Ochsenherzen’ und erstmals ‘Traubentomaten’. Sie schwärmt: „Traubentomaten sind besonders aromatisch.“

Die Samen hat sie von einer Bekannten bekommen. Ansonsten verwendet sie eigene Samen, die im Frühjahr ausgesät werden. Später wird dann mit einem Flüssigdünger und selbst angesetzter Brennnessel-Beinwelljauche gedüngt. Mit den Ochsenherzen ist sie heuer nicht zufrieden, „denen war es zu kalt und zu nass.“ Auch an anderen Stöcken stellt sie heuer Kraut- und Braunfäule fest, „die ich noch nie hatte.“ Was nicht direkt vom Strauch gegessen wird, kocht oder friert sie ein, um dann im Winter als köstliche Tomatensuppe auf den Tisch zu kommen.

Kletterzucchinis, blumige Farbtupfer und Hopfen

Kletterzucchini

Weil sie als „unkomplizierter Mensch gerne Neues ausprobiert“, hat sie erstmals Kletterzucchinis gepflanzt. „Die wachsen super und ich kann fast jeden Tag ernten“, erzählt sie auf dem Weg in den hinteren Hofbereich, wo einst der Mist aus dem Milchviehstall gelagert wurde. Hier hat sich ein wahres Kürbis-Eldorado entwickelt, das Jahr für Jahr vielfältiger wird. Dass dem so ist, liegt auch am Mist der 20 Kaninchen, die auch den Speiseplan bereichern.

Für Farbtupfer im Hofgarten sorgen Fette Henne, Silphie, Nachtkerzen, Huflattich, weißer Lavendel, Phlox, weißer Steinklee, Wilde Karde, und Schokoladenblumen sowie Beinwell, Frauenmantel, Kugeldisteln, Gelber Sonnenhut und Zitronenmelisse. Das eine oder andere Kraut findet auch in der Küche Verwendung, wie beispielsweise die Blüten der Königskerze, die als Tee eine schleimlösende Wirkung haben. Im Eingangsbereich rankt üppig ein Hopfenstock um ein reich dekoriertes Fenster. Wenn die Dolden reif sind, macht Sigrid daraus Likör und Sirup. „Lauter gute Sachen“, pflichtet Josef bei, der ihre Kochkünste mit dem Selbsterzeugten schätzt, ebenso wie die Kinder und die Enkel. Zweimal in der Woche ist Enkeltag mit Valerie (8), Simona (5) und Nesthäkchen Toni (1 Jahr und acht Monate).

Zum Abschied bekräftigt Josef, der mit seiner Sigrid seit 1977 glücklich verheiratet ist, das Diplom, das er ihr zum 60. Geburtstag ausgestellt hat: „Die Sigrid ist ein Mensch, der gerne lacht und andern eine Freude macht. Stets optimistisch ist und gut und niemand etwas Böses tut. Sie ist höflich, nett und sehr charmant, besitzt Humor und auch Verstand. Kurzum ein Mensch für jede Lebenslage, für gute und für schlechte Tage. Die Sigrid ist ein Mensch, den jeder mag, das wird ihr bestätigt am heutigen Tag.“

 

Basteltipp für Holzeulen

Kreativität liegt ihr im Blut. Das zeigt Sigrid Sand an jeder Ecke in ihrem Hof-Garten, der ein lebendes und deswegen sich ständig veränderndes Gesamtkunstwerk ist. Je nach Jahreszeit entdeckt man in Fenstern und Nischen Schneemänner, Hasen, Sonnenblumen und Eulen aus Holzscheiben, gebastelt von der Hausherrin.

Auch hier kann sie auf ihren Mann Josef zählen: Wenn Sigrid sagt „Ich bräuchte ...“, dann weiß er, dass sie wieder eine Idee hat und er zur Säge greifen muss. Das macht auch ihm in Vorfreude auf das Endprodukt sichtlich Spaß.

Aus Holz eine Eule gebastelt (links). Auf einem Tisch steht eine große Blume aus Holz und viele Eulen aus Holz gebastelt (rechts).
Basteln mit Holz: Ein älterer Mann schneidet an einer Werkbank Holzscheiben von einem Ast mit einer großen Säge.

Material für eine Holzeule:

  • Holzscheiben in verschiedenen Größen, ca. 1 bis 2 cm dick,
  • je nach Ausführung der Eule eine oder zwei Scheiben für den Körper,
  • zwei Scheiben für die Augen,
  • zwei für die Flügel und zwei für die Füße,
  • Zapfen von Kiefern oder Lärchen oder Nüsse für die Nase,
  • Federn für die Ohren,
  • ein Rundholz als Ständer.

Werkzeug:

  • Akkuschrauber,
  • Heißklebepistole,
  • außerdem Flacheisen,
  • Holzschrauben,
  • Acrylstifte (weiß und schwarz) für die Augen.
Basteln mit Holz: Eine ältere Frau klebt mit einer Heißklebepistole Holzscheiben zu Figuren zusammen. Sie befindet sich in einer gut ausgestatteten Werkstatt.

Anleitung:

Die Holzscheiben für die Eule passend auswählen: Für eine große Eule eine kleinere Holzscheibe (Kopf) und eine größere Holzscheibe (Körper) auf der Rückseite mit einem kurzen Flacheisen zusammenschrauben, bei einer kleinen Eule reicht eine große Scheibe für Kopf und Körper.

Federn für die Ohren, kleinere Holzscheiben für Augen, Flügel und Füße anpassen sowie eine passende Nase für die Eule aussuchen. Die Federn lassen sich dabei am besten hinter den Holzscheiben für die Augen anbringen.

Alle Materialien mit Heißkleber auf den Scheiben befestigen, den Kleber aushärten lassen. Die Augen mit den Acrylstiften aufmalen. Damit die Eule einen guten Stand hat, zum Schluss ein Rundholz auf der Rückseite als Ständer ankleben.

 

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