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Gesundheitsvorsorge

Bei Diabetes auf die Füße achten

Professionelle Fußpflege: Ein Podologe sollte bei Diabetikern sowohl die Zehennägel schneiden als auch Hornhaut entfernen.
Anja Kersten
am Dienstag, 17.01.2023 - 10:22

Diabetes kann Gefäße und Nerven schädigen. Besonders häufig sind die Füße betroffen. Um ein diabetisches Fußsyndrom zu vermeiden, brauchen Füße von Diabetikern jeden Tag eine besondere Pflege und Aufmerksamkeit.

Ein diabetischer Fuß kann zu einer Infektion mit schweren Komplikationen führen. Warum die Füße eines Diabetikers so anfällig sind und worauf zu achten ist, darüber informiert Dr. Michaela Knestele, Chefärztin am Wundzentrum, Klinikum Kaufbeuren.

Die Füße eines Diabetikers sind empfindlich. Der erhöhte Blutzuckerspiegel führt dazu, dass die Abwehr gegen Infektionen geschwächt ist, die Durchblutung gestört und die Nerven geschädigt werden. All das hat Auswirkungen auf die Füße.

Schmerzen werden nicht wahrgenommen

Gehirn und Füße sind durch Nervenbahnen verbunden. Informationen wie Schmerz, Temperatur, Berührung aber auch Signale an die Muskeln werden so an das Gehirn geleitet. Sind die Nerven geschädigt, spürt man den Schmerz nicht, spät oder erst dann, wenn er massiv auftritt.

Den Betroffenen fehlt damit eine wichtige Warnfunktion des Körpers. Im Extremfall wird sogar ein eingetretener Reißnagel nicht bemerkt. Auch Druckstellen durch zu enge oder scheuernde Schuhe, Verletzungen beim Nägelschneiden, ein Stein im Schuh oder Fehlbelastung des Fußknochen bleiben unbemerkt.

Zu heiße Fußbäder werden ebenso wenig wahrgenommen wie Wunden, die durch weiteren Druck immer größer und tiefer werden.

Fehlstellungen verursachen Verhornungen

Nerven steuern auch die Bein- und Fußmuskulatur. Diese Muskeln sorgen dafür, dass die Gelenke nicht unnötig belastet werden. Bei Nervenschädigungen funktioniert diese Steuerung nicht mehr richtig. Die Folge sind Fehlhaltungen beim Gehen und Fehlstellungen wie Hammer- und Krallenzehen, die wiederum Verhornungen verursachen.

„Starke Verhornungen, aber auch Verhornungen an Stellen, an denen normalerweise keine Hornhaut gebildet wird, wie an den Zehengelenken oder der Außenseite des Fußes sind immer ein Zeichen, dass etwas nicht stimmt“, sagt Dr. Knestele. Sie müssten ernst genommen werden, denn Verhornungen und Fehlbelastungen könnten Druckwunden verursachen. Begünstigt würden die Verhornungen auch dadurch, dass bei Diabetes das Fettgewebe an den Füßen dünner werde. Der Körper versuche aus diesem Grund, dieses natürliche Polster durch Hornhaut zu ersetzen.

Auch Blutgefäße werden angegriffen

Bei Diabetikern sind häufig nicht nur die Nerven angegriffen, sondern auch die Blutgefäße. Damit werden das Gewebe und die Muskeln schlechter mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt, weshalb Muskeln unter Belastung schneller ermüden. Wer wegen Schmerzen in den Beinen immer wieder stehen bleiben muss, sollte an Durchblutungsstörungen denken.

Auch wenn nachts im Liegen die Beine schmerzen, die Zehen sich kalt anfühlen oder sogar blau verfärben, sind das Zeichen für eine Durchblutungsstörung. Weil infolge einer Durchblutungsstörung auch Wunden schlechter mit Blut und Nährstoffen versorgt werden, heilen diese schlechter oder gar nicht. Mit „einem Pflaster, das man auf die Wunde klebt, ist es nicht getan. Selbst kleine Wunden können bei einem Diabetiker in einer Katastrophe enden“, stellt Dr. Knestele fest. Sie müssten deshalb bereits im Frühstadium von einem Arzt behandelt werden.

Trockene und rissige Haut pflegen

Durch die Nervenstörung werden auch die Schweißdrüsen nicht mehr richtig gesteuert. Die Haut wird trocken, ist anfällig für Risse und Verletzungen.

All dies kann zum diabetischen Fußsyndrom oder kurz zum diabetischen Fuß führen. Man versteht darunter eine Wunde oder eine Zerstörung von Gewebe, deren Entstehung auf die diabetischen Folgeerkrankungen zurückzuführen ist. Laut Knestele ist davon jeder vierte Diabetiker betroffen.

Füße brauchen Platz im Schuh

Damit es erst gar nicht so weit kommt, sollten Diabetiker ihre Füße täglich kontrollieren und pflegen. Durch Abtasten und genaues Betrachten mit Hilfe eines kleinen Spiegels werden die Füße auf mögliche Wunden, Verletzungen, Verhornungen und Verhärtungen überprüft. Treten Verhornungen oder Verhärtungen auf, muss nach der Ursache der Fehlbelastung gesucht werden und diese beim Orthopäden mit Hilfe von Einlagen und entsprechenden Schuhen beseitigt werden.

Selbst wenn keine Fehlbelastung vorliegt, brauchen Diabetiker Schuhe, in denen der Fuß genügend Platz hat und nichts drückt. Wer testen will, ob die eigenen Schuhe diesen Anforderungen entsprechen, stellt seinen nackten Fuß auf ein Blatt Papier, umfährt den Fuß mit einem Stift und zeichnet im Abstand von einem halben Zentimeter zu diesem Umriss eine weitere Kontur. „In diesen Schuhen hat der Fuß optimal Platz. Alles, was enger ist, muss weg“, sagt Dr. Knestle.

Der Fuß sollte sich im Schuh nicht bewegen, die Sohle sollte möglichst flach sein und eine versteifte Sohle für ein stabiles Abrollen sorgen. Weil die Füße empfindlich sind, sollten Diabetiker auf keinen Fall barfuß laufen. Schuhe, Einlagen und Innenfutter sollten regelmäßig auf Verschleiß untersucht werden und wenn nötig ersetzt werden.

„Bevor Sie in einen Schuh schlüpfen, gewöhnen Sie sich an zu schauen, ob kein Stein oder irgendein Gegenstand drin ist, der drücken könnte“, rät die Ärztin. Die tägliche Hautpflege der Füße ist ein Muss, denn sie verhindert Schäden an der trockenen Haut infolge von Rissen und sie stabilisiert vorgeschädigte Haut.

Krankenkasse zahlt Nagelpflege beim Profi

Die Creme sollte Harnstoff enthalten, weil dieser der Haut ermöglicht, Feuchtigkeit zu speichern. Melkfett ist keine Alternative. Die Nagelpflege sollte einer Podologin, einem Podologen (medizinische Fußpfleger) überlassen werden. Dieser schneidet die Fußnägel, entfernt, wo nötig, die Hornhaut Schicht für Schicht, kontrolliert die Schuhe und passt im Bedarfsfall Zeheneinlagen an.

Die Versorgung beim Podologen wird bei Diabetes in der Regel von der Krankenkasse übernommen. Ergänzend dazu sollte ein Arzt regelmäßig die Blutzuckereinstellung, die Nervenfunktion, die Durchblutungsfunktion, Fußfehlstellungen und das Schuhwerk untersuchen. Gegebenenfalls verschreibt der Arzt spezielle Schutzschuhe für Diabetiker, die bis auf einen Eigenanteil von der Krankenkasse übernommen werden.

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