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Strahlenbelastung von Lebensmitteln

Was Sie beim Genuss von Waldpilzen in Bayern beachten sollten

Waldpilze-Bayern-Radioaktivität: Ein Körbchen liegt auf dem Waldboden, darin sind viele Waldpilze gesammelt. Jemand sitzt mit Wanderschuhen und Jeans breitbeinig davor.
Carmen Knorr
Carmen Knorr
am Dienstag, 29.08.2023 - 09:58

Schwammerl in Bayern sind noch immer radioaktiv belastet. Was Pilzsammler zum Start der Pilzsaison beachten sollten.

Langsam beginnt die Schwammerlzeit in Bayern. Damit die Waldpilze gut wachsen können braucht es eine Mischung aus Sonne und Regen – die Wetterbedingungen aktuell sind also ideal. Doch wie sieht es mit der Strahlenbelastung von Bayerns Waldpilzen aus. Kann man sie bedenkenlos essen oder droht Gefahr? Wir haben die wichtigsten Tipps und Fakten zusammengefasst.

Waldboden in Südbayern immer noch stark radioaktiv belastet

Der Grund für die Strahlenbelastung von Waldpilzen ist die Reaktorkatastrophe im ukrainischen Atomkraftwerk Tschernobyl, vom 26. April 1986. Dabei wurden große Mengen radioaktives Caesium-137 (Cs-137) freigesetzt, das sich in Deutschland vor allem über Südbayern verbreitete. Niederschläge und starker Ostwind haben die radioaktive Wolke nach Bayern gebracht.

Während das Caesium-137 auf landwirtschaftlichen Flächen bereits in tiefere Bodenschichten ausgewaschen wurde oder an Minerale gebunden ist, hält es sich im Wald länger und wird vom weit verflochtenen Myzel einiger Pilzsorten stark aufgenommen, erklärt Hauke Doerk, Referent für Radioaktivität des Umweltinstituts München in einer Pressemitteilung. Am meisten seien auch heute noch, nach 37 Jahren, die Waldböden im Bayerischen Wald, Münchner Umland und südbayerischen Alpenraum betroffen.

Diese Waldpilze sind in Bayern enorm mit radioaktivem Caesium belastet

Auch das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) warnt davor, dass in besonders stark kontaminierten Regionen vor allem Speisepilze immer noch Strahlen-belastet sind, wie Proben beweisen. So haben einige Pilze im Testzeitraum 2019 bis 2022 immer noch über tausend Becquerel (Bq) von Radiocaesium, pro Kilogramm aufweisen. Betroffen seien vor allem Gebiete im Bayerischen Wald, im Donaumoos nahe Ingolstadt sowie Regionen in den Alpen rund um Mittenwald und im Berchtesgadener Land, teilte das Bundesamt  am Montag mit. Zudem sind laut BfS und Umweltinstitut manche Pilze stärker belastet als andere. Besonders hohe Werte weisen folgende Pilzsorten auf:

  • Semmelstoppelpilz,
  • Rotbraunen Semmelstoppelpilz,
  • verschiedene Schnecklingsarten,
  • Gelbstieliger Trompetenpfifferling,
  • Gemeiner Rotfußröhrling, Maronenröhrling,
  • Mohrenkopfmilchling, Ockertäubling,
  • Rotbrauner Scheidenstreifling,
  • Seidiger Ritterling,
  • Violetter Lacktrichterling,
  • Ziegenlippe.

Wie das Umweltinstitut mitteilt, seien die beliebten Steinpilze und Pfifferlinge zwar ebenfalls belastet, weisen aber weniger Radioaktivität auf.

Verzehr von Waldpilzen: So wenig Radioaktivität wie möglich aufnehmen!

Expertinnen und Experten haben laut Umweltinstitut für den Verzehr von Pilzen folgende Richtwerte zusammengestellt: Dabei sollten Erwachsene höchsten 30 bis 50 Bq/kg Cäsium-Gesamtaktivität mit der Nahrung aufnehmen und Kinder, Schwangere und Stillende höchstens 10 bis 20 Bq/kg. Wie das Institut weiter erklärt, gebe es aber keine generelle Grenze, unter der Radioaktivität ungefährlich wäre. Deshalb gelte das Minimierungsgebot: „So wenig Radioaktivität wie möglich aufnehmen!“ Hauke Doerk sagt zudem: „Solange jemand nicht Waldpilze nicht in riesigen Mengen isst, dürfte die zusätzliche Strahlendosis innerhalb der Schwankungsbreite der natürlichen Strahlenbelastung liegen.“

Für den Verkauf von Pilzen gibt es Deutschland aber die Regelung, dass Pilze, deren Cs-137-Gehalt 600 Bq pro kg Frischmasse überschreitet, nicht verkauft werden dürfen. Für den Eigenbedarf gilt dieser Grenzwert allerdings nicht. Das BfS rät daher dazu, sich über den Cs-137-Gehalt von wild wachsenden Pilzen in seiner Region zu informieren. Anlaufstellen sind dabei das Bundesamt für Strahlenschutz, dieses veröffentlicht jährlich einen Bericht zur aktuellen Kontaminationslage.

Hier können Sie Pilze kostenlos auf Radioaktivität testen

Und auch das Umweltinstitut München hilft, etwa mit einer interaktiven Deutschlandkarte, auf der man Messwerte der letzten Jahre aus Probenentnahmen in seiner Region nachlesen kann oder mit einem kostenlosen Mess-Service.

Getestet werden können Pilze, Waldbeeren und Wildfleisch. Dafür können Privatpersonen von August bis Oktober ihre Proben an das Institut schicken. Für eine Messung werden mindestens 150 bis 250 Gramm pro Pilz-, Beeren- oder Wildfleischsorte benötigt. Die Proben müssen sortenrein sein, also keine Pilzsorten vermischt einsenden, und sollen möglichst mit den genauen Angaben über Herkunft und Funddatum beschriftet sein. Dazu hilft ein Probenblatt, das kostenlos auf der Webseite des Umweltinstituts München heruntergeladen und ausgedruckt werden kann. Die Proben können entweder zu den Öffnungszeiten des Instituts abgegeben werden oder feuchtigkeitsdicht verpackt, per Post eingeschickt werden. Die Ergebnisse werden dann per E-Mail mitgeteilt.

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